Wirtschaftliche und planerische Aspekte, die es zu beachten gilt

Regenwassermanagement


Gerade vermehrte Unwetter und ihre Wassermassen stellen die Verantwortlichen ­
bei Planung, Dimensionierung und Ausführung neuer Gebäude und des Regenwassermanagements vor Probleme. Es müssen nicht Normen und Anerkannte Regeln der Technik beachtet und ggf. weiterentwickelt, auch die jeweils neuesten Sicherheits­standards müssen eingehalten werden. Nicht zu vergessen sind die für eine solche ­Anlage geltenden Wartungsintervalle.

Das Wetter war immer schon Gesprächsthema Nummer eins. Meistens hat man zwar keinen Grund, aber doch zumindest einen Anlass, auf das Wetter zu schimpfen und es werden sich in der Regel in der Sache auch schnell alle einig; bis auf wenige Wochen im Jahr – in denen es einigen dann aber auch schon wieder zu heiß ist...

In jüngster Vergangenheit mischt sich immer wieder eine noch recht neue Frage ins Gespräch, „Ist das noch Wetter oder schon Klima?“ Eine gewisse Verunsicherung macht sich breit, ob extreme Wetterereignisse, die es notabene schon immer gegeben hat, durch den Klimawandel verursacht wurden oder noch ‚normal‘ zu erklären sind. Aus der Beantwortung dieser Frage können sich Konsequenzen ergeben, denn wenn sich das Klima, und damit auch das Wetter, mittelfristig deutlich verändern, müssen wir gegebenenfalls entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen, auch baulicher Art. Und beim Bauen ergibt sich ein weiteres Problem: Da ein heute projektiertes Gebäude vielleicht für hundert Jahre stehen wird, muss es nicht nur den heutigen Anforderungen genügen, sondern möglichst außerdem die Herausforderungen bewältigen, mit welchen in hundert Jahren zu rechnen sein wird. Das wiederum bedeutet, dass sich Normen und anerkannte Regeln der Technik ebenfalls entwickeln und neue Sicherheitsstandards formuliert werden müssen. Außerdem wird es Zeit, die öffentliche Diskussion ein wenig zu moderieren und mehr auf die Wissenschaft zu hören, als auf Talkshow-Gäste.

Dr. Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes, formuliert es so: „Wir erleben in den letzten Jahren eine Häufung klimatologischer Rekorde, die sich in der Summe nur mit dem Klimawandel erklären lassen. Mit diesen Rekorden nehmen aber auch Extremereignisse zu, welche direkt oder indirekt uns alle betreffen.  Für die Zukunft erwarten wir eine weitere Zunahme solcher Extremereignisse.“ Und auch die Versicherungsgesellschaften fordern einen Ausbau der Entwässerungs-Infrastruktur, denn Überflutungen und Hochwasser sind für sie längst die teuersten Naturkatastrophen.

 

Retention bedeutet Zeitgewinn

Die Erforschung des Klimawandels hat eben erst begonnen und nicht jeder heiße, trockene Sommer lässt sich ihm zuschreiben. Tatsache ist jedoch, dass die durchschnittliche globale Erwärmung der Luft dafür sorgt, dass diese mehr Wasser aufnehmen kann, das dann in besonders großer Menge abregnen und so vermehrt für Überflutungen sorgen kann. Dabei wird die Niederschlagsmenge nach Expertenmeinung über das Jahr gesehen nicht nennenswert zunehmen, sehr wohl aber die Intensität lokaler Wetterereignisse. Hierzulande wird sich ein weiterer Aspekt auswirken: Früher fielen riesige Mengen winterlicher Niederschläge im Alpenraum meist in Form von Schnee an, der dann zunächst liegenblieb und im Frühjahr als Schmelzwasser allmählich in die Flüsse gelangte. Eine Erwärmung des Klimas löst diesen natürlichen Zwischenspeicher langsam auf, die zeitliche Entzerrung entfällt und die Niederschlagsmengen müssen spontan bewältigt werden.

Dieses Beispiel zeigt einen der wichtigsten Aspekte des Regenwassermanagements auf, die Retention, also das Zurückhalten. Denn die Probleme bereiten nicht die „Wassermassen“ an sich, die sich auch, wie oben erläutert, nicht oder kaum vergrößern werden, sondern die kurzen Zeiträume, in welchen diese auf relativ kleine Flächen einwirken. Während das Problem „Sturzflut“ also durch das Zusammenwirken der Faktoren Wassermenge, Fläche und Zeit entsteht, haben wir, zumindest im städtischen Raum, lediglich Einfluss auf den Faktor Zeit.

Große Mengen anfallenden Niederschlages treffen in der Stadt auf nicht versickerungsfähige Flächen wie Dächer, Straßen, Plätze usw. und müssen über die Kanalisation abgeführt werden. Je höher der Grad der Versiegelung und je größer die in Rede stehenden Flächen, desto anfälliger ist dieses System bei extremen Wetterereignissen, denn dann kommt es bei Überlastungen zu den befürchteten Überflutungen, die großen wirtschaftlichen Schaden anrichten.

Aus diesem Grund ist jede technische Maßnahme begrüßenswert, die das Niederschlagswasser so lange zurückhält bis die Kanalisation den ersten Schwall abgearbeitet hat. Die Inhaber von Immobilien und die Betreiber von Gebäuden können sich also nicht mehr damit zufriedengeben, lediglich ihre Gebäude technisch richtig zu entwässern; beim Versagen der Kanalisation nehmen möglicherweise alle angebundenen Gebäude Schaden.

 

Versickerung vor Ort

Ein gutes Regenwassermanagement orientiert sich möglichst nah an den Vorbildern der Natur. Das heißt, dass anfallende Niederschläge am besten zu einem erheblichen Teil vor Ort versickern und verdunsten, und so dem natürlichen Wasserkreislauf erneut zur Verfügung stehen. Mischsysteme, bei denen Regen- und Schmutzwasser gemeinsam abgeleitet werden, wodurch sich die zu reinigende Wassermenge in der Folge deutlich erhöht, sind recht aufwendig und teuer, weshalb Trennsysteme prinzipiell vorzuziehen sind.

Europaweit soll die Wasserrahmenrichtlinie dafür sorgen, dass der Gewässerschutz in alle technischen Überlegungen mit einbezogen wird, und es verwundert Fachleute nicht, dass häufig die ökologische Lösung auch eine ökonomische ist. Auf Bundesebene gilt das Wasserhaushaltsgesetz in seiner Fassung aus dem Jahre 2010. Dieses schreibt beispielsweise bei Neubesiedelung die Versickerung vor Ort vor, sofern die Bodenbeschaffenheit dies zulässt. Der sogenannte Durchlässigkeitsbeiwert, kf, beschreibt die Versickerungsfähigkeit eines Bodens gemäß DIN 18130-1 und liegt für Böden, über die Niederschlagswasser vollständig versickert werden kann, bei 10- 3 m/s bis 10-6 m/s.

Idealerweise sollte nur dann eine Ableitung in Erwägung gezogen werden, sofern die natürliche Versickerung und Verdunstung vor Ort nicht ausreichen. In dichter bebauten Gebieten empfiehlt sich die Retention des Regenwassers mit Hilfe sogenannter Rigolen aus den oben genannten Gründen.

Wasserreinigung und Wartungsintervalle

Während auf dem Land anfallendes Niederschlagswasser in der Regel ungereinigt versickern kann, sieht die Sache in der Stadt oder im Industriegebiet möglicherweise ganz anders aus. Verschmutzungen, Gummiabrieb, Stäube und Ablagerungen werden vom Regenwasser aufgenommen und belasten dieses. Vor der Versickerung ist deshalb eine Reinigung unerlässlich. Bewährt haben sich hierzu Rohranlagen, in welche das Wasser durch einen Startschacht eintritt, der gleichzeitig als Schlammfang dient. Grobe Schmutzpartikel sinken hier ab und werden vom Wasser abgeschieden. Das Wasser fließt anschließend weiter durch ein Rohr, welches mit leichtem Gefälle gegen die Fließrichtung verlegt wird. Dabei sinken auch feine Verunreinigungen nach unten ab. Damit diese nicht wieder aufgewirbelt werden und das Wasser erneut verschmutzen, befindet sich im unteren Teil des Rohres ein sogenannter Strömungstrenner, der das unter ihm befindliche Wasser bis zum Stillstand beruhigt und Sedimente sicher verwahrt. Müssen auch Stoffe abgeschieden werden, die leichter als Wasser sind, kann analog zum unteren ein oberer Strömungstrenner eingesetzt werden. Dieser separiert die abgeschiedenen Leichtflüssigkeiten, worauf sie im Zielschacht in einem Depot verbleiben. Eine Tauchwand im Endschacht sorgt für zusätzliche Sicherheit, denn sie lässt lediglich das in­zwischen gereinigte Wasser passieren.

Eine andere Variante, die insbesondere bei sehr geringem Raumangebot ihren Einsatz findet, weist anstelle des beschriebenen oberen Strömungstrenners eine spezielle Substratfiltereinheit auf, welche ebenfalls im Zielschacht montiert ist. Da die gelösten Schadstoffe auch bei dieser technischen Lösung in der oben beschriebenen Sedimentationsstrecke aufgefangen werden, ist ein Verstopfen der Filtereinheit ausgeschlossen. Bei entsprechender Planung, Dimensionierung und Ausführung sind für eine solche Anlage Wartungsintervalle von bis zu vier Jahren ­realistisch, was nicht zuletzt unter wirtschaftlichen Aspekten von großem Interesse sein dürfte.

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