Bosch-Gruppe: Neue Wachstumsfelder
Die Bosch-Gruppe rechnet mit einem verlangsamten weltweiten Wirtschaftswachstum. Vor diesem Hintergrund erwartet das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen in diesem Jahr ein Umsatzplus von 3 bis 5 %. Dies gab Franz Fehrenbach, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, bei der Bilanz-Pressekonferenz in der Unternehmenszentrale bei Stuttgart bekannt. „Die wirtschaftlichen Unsicherheiten bleiben hoch, auch wenn sich die Schuldenkrise in der Eurozone etwas entspannt hat“, so Fehrenbach. Im ersten Quartal 2012 stieg der Umsatz trotz der Abkühlung der Weltkonjunktur und der schwierigen Entwicklung in einer Reihe von europäischen Märkten gegenüber dem Vorjahreswert um rund 5%. Das größte prozentuale Wachstum erzielte der Bereich Industrietechnik, gefolgt von der Kraftfahrzeugtechnik. Eher verhalten entwickelte sich der Unternehmensbereich Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik.
Das Ergebnis vor Steuern will Bosch im laufenden Geschäftsjahr mit innovativen Produkten, Kostenfortschritten sowie einer geringeren Belastung durch Sondereffekte wieder verbessern. „Allerdings wird es angesichts der anhaltend hohen Rohstoffpreise und weiterer Vorleistungen in neue Geschäftsfelder schwierig sein, unseren Zielkorridor von sieben bis acht Prozent bereits 2012 wieder zu erreichen“, sagte Fehrenbach.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2011 ist Bosch trotz einer schwächeren Weltkonjunktur stärker gewachsen als erwartet: Der Umsatz stieg um 9 % auf 51,5 Mrd. € Das Ergebnis vor Steuern erreichte 2,6 Mrd. €, nach 3,5 Mrd. € im Vorjahr. Damit blieb die Umsatzrendite mit 5,1 % unterhalb des Zielkorridors. Als Gründe hierfür nannte Bosch bereits im Januar bei der Vorstellung der vorläufigen Zahlen zusätzliche Belastungen durch erhöhte Rohstoffpreise und Wechselkurseffekte. Hinzu kamen erhebliche Vorleistungen für Zukunftsfelder wie die Elektromobilität oder erneuerbare Energien sowie eine Sonderabschreibung von 560 Mio. € im Geschäftsbereich Solar Energy.
Industrietechnik stark gewachsen – Schwierige Lage in der Photovoltaik
Der Unternehmensbereich Industrietechnik ist 2011 um 21,0 % auf 8,0 Mrd. € am stärksten gewachsen. Ein überdurchschnittliches Plus verzeichnete hierbei der Geschäftsbereich Drive and Control Technology. Auch Packaging Technology entwickelte sich positiv. Bei Solar Energy hingegen war die Entwicklung der Ergebniszahlen unbefriedigend. Trotz einer Absatzsteigerung bei Zellen und Modulen um mehr als 10 % ging der Umsatz deutlich zurück. Grund ist der massive Preisverfall im Photovoltaik-Markt von bis zu 40 %, den Bosch, wie die Branche, auf der Kostenseite nicht auffangen konnte.
Aufgrund der derzeit schwierigen Lage in der Photovoltaik und der damit verbundenen Sonderabschreibung schloss der Unternehmensbereich Industrietechnik mit einem negativen EBIT von 364 Mio. €. „Wir arbeiten in der Photovoltaik daran, unsere Herstellkosten im kristallinen Segment deutlich zu senken, und setzen auf innovative Technologien sowie optimierte Fertigungsprozesse“, sagte Fehrenbach. Bosch strebe wie bei allen Geschäften eine dauerhafte Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit an.
Dynamische Entwicklung auf stabiler Basis der Kerngeschäfte
Vor dem Hintergrund der guten regionalen und sektoralen Entwicklung 2011 sieht Fehrenbach die Strategie des Unternehmens bestätigt: „Bosch ist ein langfristig orientiertes Unternehmen. Mit unseren drei strategischen Stoßrichtungen – einer breiten internationalen Aufstellung, der fokussierten Diversifizierung und unserer hohen Innovationskraft – haben wir auch weiterhin gute Zukunftschancen.“ Zudem entfalte sich die Dynamik von Bosch auf stabiler Basis starker Kerngeschäfte, sagte Fehrenbach.
Steigendes Weltmarktvolumen für Energiedienstleistungen erwartet
Neben dem bisherigen Kerngeschäft sieht Fehrenbach in der Energieeffizienz zusätzliche Chancen: Die 2011 gegründete Tochtergesellschaft „Bosch Energy and Building Solutions“ ist spezialisiert auf Dienstleistungen zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden gewerblicher Kunden. Dazu zählen beispielsweise Industriebetriebe, Krankenhäuser oder Betreiber von Wohnanlagen. „Durch die Dienstleistungen von Bosch Energy and Building Solutions können in bestehenden Gebäuden durchschnittlich 20 % Energie eingespart werden“, so Fehrenbach. Dies kann unter anderem durch die Kombination aus individuellen Energiekonzepten, Dienstleistungen und dem Einsatz moderner Techniken wie der Kraft-Wärme-Kopplung erreicht werden. Zum Service gehört auch eine energietechnische Managementplattform, die die gesamten Energieströme eines Gebäudes überwachen und steuern soll. Das weltweite Marktvolumen für solche Energiedienstleistungen wird nach Unternehmensschätzungen jährlich um 12 % wachsen auf bis zu 40 Mrd. € im Jahr 2020.
Investitionen in die Zukunft weiterhin über sieben Milliarden Euro
Die Investitionen der Bosch-Gruppe bleiben 2012 auf hohem Niveau: Mehr als 4 Mrd. € will Bosch wieder für Forschung und Entwicklung ausgeben sowie mehr als 3 Mrd. € für Sachanlagen. Ende 2012 werden voraussichtlich 43.000 Forscher und Entwickler bei Bosch beschäftigt sein. Das sind rund 4500 mehr als zu Beginn des Jahres. Davon ist bereits heute jeder vierte in der Softwareentwicklung tätig. Diesen Bereich stärkt Bosch konsequent, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die sich zum Beispiel aus den Möglichkeiten des Web 3.0, dem Internet der Dinge und Dienste, ergeben.
„Software ist bisher in der Regel in unsere Hardware eingebettet. Im Internet der Dinge und Dienste werden technische Geräte jedoch über IP-Schnittstellen selbst mit ihrer Umwelt kommunizieren“, sagte Dr. Volkmar Denner, Bosch-Geschäftsführer für Forschung und Entwicklung und vom 1. Juli 2012 an Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung. „Technisch setzt dies die Internetfähigkeit unserer Produkte voraus. Dafür schaffen wir bereits die erforderlichen Voraussetzungen.“ Eine wesentliche Rolle spiele hierbei das Bosch-eigene Software- und Systemhaus, das in den kommenden Jahren weiter ausgebaut wird. Bis zum Jahr 2015 soll dort die Mitarbeiterzahl von derzeit 450 auf 1000 steigen.