Droht bei Rauchschutzdruckanlagen im Bestand „Gefahr im Verzug“?

Betriebssicherheit: Brandschutz in Hochhäusern

Per Definition gilt in Deutschland ein Gebäude als Hochhaus, bei dem vorrangig Aufenthaltsräume mehr als 22 Meter über der festgelegten Geländeoberfläche liegen. Viele davon wurden vor den 2000er-Jahren errichtet und genügen daher nicht mehr den heute gültigen Anforderungen an den Brandschutz. Das Immobilienberatungs- und Planungsbüro Canzler, ein Unternehmen der Socotec Gruppe, rät bei jeder Sanierung im Bestand dringend dazu, Rauchschutzdruckanlagen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Betriebssicherheit zu überprüfen.  
Schreckensmeldungen wie diese lassen aufhorchen: Ende August dieses Jahres hatte ein Großbrand das 20-stöckige Wohnhaus Torre dei Moro in Mailand verwüstet. Das Feuer war in den oberen Etagen des Gebäudes ausgebrochen und hatte sich bis nach unten durchgefressen. Von 70 Familien haben 20 Personen leichte Rauchgasverletzungen erlitten. Tote waren glücklicherweise nicht zu beklagen.
 
RDAs sichern Fluchtwege im Brandfall
Im Brandfall erfüllen das Sicherheitstreppenhaus und der Feuerwehraufzug in Hochhäusern gemeinsam mit der Rauchschutzdruckanlage (RDA) entscheidende und unerlässliche Sicherheitsfunktionen. Sie zielen darauf ab, eine sichere Evakuierung von Mensch und Tier aus dem Gebäude heraus zu ermöglichen und den Löschangriff der Feuerwehr zu unterstützen. Denn die Einsatzmöglichkeiten der Feuerwehr bei Nutzflächen oberhalb der Grenze der Anleiterbarkeit durch Drehleitern sowie Hubrettungsfahrzeuge sind begrenzt. Deshalb spielen hier RDAs eine wichtige Rolle: Sie fluten im Brandfall mit geregeltem Überdruck die Treppenhäuser und Fluchtwege, um Rauchverschleppungen zu verhindern. Die Luft muss auch bei geöffneten Türen zu dem Brandgeschoss sogar unter ungünstigen klimatischen Bedingungen entgegen der Fluchtrichtung strömen. Nur so lässt sich Rauch an seinem Entstehungsort zurückhalten und Fluchtwege können gegen Rauch gesichert werden.
 
Rauchschutzdruckanlagen im Bestand Vor allem bei Hochhäusern, die vor den 2000er-Jahren errichtet wurden, lassen sich Besonderheiten ableiten, da sich die Regelwerke für RDAs und die Hochhaus-Richtlinien im Vergleich von heute zu damals erheblich unterscheiden. Deshalb ist die Bestandssituation danach zu bewerten, ob Schutzziele eingehalten werden oder Kompensationsmaßnahmen greifen. „Soweit keine plausiblen Kompensationsmaßnahmen oder anderweitige Nachweise über die Wirksamkeit und Betriebssicherheit durch Prüfsachverständige bescheinigt wurden, liegt bei solchen Rauchschutzdruckanlagen ‚Gefahr im Verzug‘ vor. Dann besteht zwingend Handlungsbedarf“, erklärt Alexander Hazenbiller, Projektleiter für die Technische Ausrüstung und Brandschutzplanung bei Canzler. „Da Betreiber und Immobilieneigentümer für den rechtssicheren Betrieb eines Hochhauses haften, sollten sie zur eigenen Absicherung eine Gefährdungsanalyse erstellen lassen.“
 
Ertüchtigung erfordert individuelle Lösung
Bei einer Überprüfung von Bestands-RDAs sind wertneutral alle Bauteile und Funktionen auf den Prüfstand zu stellen. Dazu zählen insbesondere die mechanischen technischen Anlagen, die Gebäudeautomation und die Stromversorgung sowie die baulichen Gegebenheiten. „Bei bestehenden Hochhäusern und ähnlichen Gebäuden gilt es, gewerkeübergreifend abzustimmen, wie aktuelle Gesetze, Normen, Richtlinien und der Stand der Technik zur Anwendung kommen sollen“, sagt der Qualitätsmanager für den Anlagentechnischen Brandschutz.  
Die Ertüchtigung von Bestands-RDAs ist grundsätzlich möglich. Dabei sind Lösungen individuell und objektspezifisch gemeinsam mit der Statik, der Bauaufsicht und der Feuerwehr zu erarbeiten. Dann wird festgelegt, ob es ausreichend sein wird, Teile aus dem System zu ertüchtigen, oder ob eine ganzheitliche Sanierung vorzunehmen ist.  

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