Volatilität, Nachhaltigkeit, Preisentwicklung
Die Anzeichen mehren sich, dass nun auch der Facility-Management-Markt die Corona-Zeit hinter sich gelassen hat. In vielerlei Hinsicht haben sich die Hinweise aus dem Jahr 2020 verdichtet, dass die Welt „danach“ eine andere ist als bis März 2020. Was für viele Marktbeobachter ein Bauchgefühl ist, lässt sich auch in Zahlen, Daten und Fakten ausdrücken.
Dieser Aufgabe stellen sich die Analysten von Lünendonk & Hossenfelder seit nunmehr 20 Jahren. 2004 erschien die erste Lünendonk-Studie zum Facility-Management-Markt, die damals bereits ein Ranking der nach Umsatz führenden Dienstleister enthielt. Auch wenn vielfach andere Dienstleister mit anderen Kundenbedürfnissen den Markt prägen, so lassen sich aus dieser Langzeitbeobachtung doch Entwicklungen und Trends ablesen, die helfen, die Nach-Corona-Welt einzuordnen.
Was aber sind die wesentlichen Merkmale, die die Zeit nach der Zäsur prägen?
Eine deutlich höhere Volatilität fordert Immobilienbetreiber und Dienstleister heraus: Externe Einflüsse wirken in kurzen Intervallen und erfordern eine Anpassung der Leistungen.
Die Büroarbeitswelt ist dauerhaft flexibler und kleinteiliger. Das führt dazu, dass andere Services benötigt werden, anderes Servicepersonal, eine andere Servicesteuerung und andere Abrechnungsmodelle.
Nachhaltigkeit (inkl. CSR und ESG) ist durch Regulierung und die Preisentwicklung vom „Nice-to-have“ zum „Must-have“ geworden und verändert die Rolle des Facility Managements innerhalb der Unternehmen. Gleichzeitig wirken der Transformationsbedarf und die regulatorischen Anforderungen als Katalysatoren für die Digitalisierung des Facility Managements.
Das Herausbilden großer Multidienstleister mit einer hohen Service-, Flächen- und Branchenabdeckung hat weiter an Fahrt aufgenommen.
Andere zu beobachtende große Herausforderungen wie die erhöhte Fluktuation oder der an vielen Stellen zu spürende Personalmangel wirken vielfältig auf die oben genannten marktspezifischen Entwicklungen ein. Auch das gerade wieder angestiegene Zinsniveau wird mittelbar einen spürbaren Einfluss auf die Branche haben: Der Neubau wird zumindest zeitweise in deutlich geringerem Ausmaß stattfinden als der Um- und Ausbau bestehender Flächen. Für Start-ups, die den wirtschaftlichen Druck auf rentable Geschäftsmodelle erhöhen und zu vermehrten Insolvenzen und Übernahmen (auch aufgrund von niedrigeren Kaufpreisen) führen werden, steht weniger Risikokapital bereit.
Höhere Volatilität
Lünendonk befragt jedes Jahr rund 65 Facility-Service-Unternehmen zu ihrer Marktwahrnehmung. Darunter sind nicht nur die führenden 25, die alljährlich im Ranking aufgeführt werden, sondern auch mittelständische und kleinere Unternehmen, deren Perspektive für ein rundes Marktbild ebenfalls wichtig ist. Drei Viertel stimmen der These zu, dass das Marktumfeld deutlich volatiler geworden ist. Wie reagieren sie und die Kunden darauf?
Zum einen werden flexiblere Verträge vereinbart, die das Ändern von zu erbringenden Leistungen leichter ermöglichen, zum anderen ist der entscheidende Aspekt der Umgang mit der Vergütung. Während eine Mehrzahl der Dienstleister berichtet, dass Immobilienbetreiber vermehrt nach Festpreisen fragen, geben drei Viertel der befragten Unternehmen an, Preisgleitklauseln in Verträgen zu vereinbaren, und 68 % koppeln Stundensätze an tarifliche Lohnvereinbarungen. Von den neu abgeschlossenen Verträgen enthalten im Mittel 75 % eine solche Preisgleitklausel, bei den Vertragsverlängerungen sind es 65 %. Zudem hat eine Mehrheit regelmäßige Vertrags-Reviews mit den Kunden vereinbart, um auch während der in der Regel mehrjährigen Vertragslaufzeit auf neue inhaltliche Anforderungen reagieren und gegebenenfalls auch die Vergütung anpassen zu können. 96 % der Unternehmen haben zudem als Reaktion auf die Inflation im Jahr 2022 ihre Preise angehoben – im Durchschnitt um 21 %.
Neue Büroarbeitswelt
Die „neue“ Büroarbeitswelt zeichnet sich bekanntlich durch mehr Flexibilität, eine weniger planbare Auslastung der Mietflächen mit Spitzennutzung von Dienstag bis Donnerstag, mehr Kollaborationsflächen und weniger Einzelarbeitsplätze aus. Viele Unternehmen mieten Flächen ab und halten weniger Arbeitsplätze vor, die von unterschiedlicheren Menschen genutzt werden. Konferenzservices und die Reinigung vorhandener Flächen werden wichtiger, ebenso wie der Service der Ausstattung. Um dies auch zukünftig effizient abbilden und steuern zu können, gewinnen Buchungssysteme sowie der Einbau von Sensorik und der dazugehörigen Softwaresysteme deutlich an Bedeutung. All dies erleichtert dem Catering den Einkauf, die Vorbereitung von Speisen und die Lieferung und hilft, Servicezeiten zu planen und den Flächenbedarf für das Facility- und Real Estate Management kontinuierlich anzupassen. Für die Facility-Service-Unternehmen bedeutet dies mehr Flexibilität des Personals – die dringend erforderlich ist – und mehr Service pro Fläche als zuvor. Dies lässt sich auch an den Umsatzzahlen der Unternehmen ablesen, die weiter ansteigen respektive sich wieder erholen. Auch wenn das sogenannte Contract Catering voraussichtlich dauerhaft nicht die Bedeutung aus der Zeit vor Corona erreichen wird, haben sich die Umsätze der Unternehmen wieder erholt.
Nachhaltigkeit
Große Teile der deutschen gewerblichen Immobilienbetreiber befassen sich derzeit mit der Nachhaltigkeit ihrer Immobilien. Bei den Facility-Service-Unternehmen kommt dies erst jetzt und sukzessive in Nachfrage und Beauftragung von Leistungen an. Dies ist eine übliche Beobachtung, die sich mit vergangenen Trends (wie z. B. der Digitalisierung) deckt. Momentan befassen sich viele Betreiber mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und leiten daraus Maßnahmen für bauliche Veränderungen und Services ab, die dann voraussichtlich in den kommenden zwei bis drei Jahren in die Verträge implementiert werden.
Die Facility-Service-Unternehmen bewerten diesen deutlich gestiegenen Stellenwert als eine positive Entwicklung in der Branche und berichten, dass jeder vierte Kunde bereits aktiv ESG-relevante Services nachfragt. Zugleich ist die Mehrheit der befragten Unternehmen der Überzeugung, einen klaren Wettbewerbsvorteil zu haben, wenn das eigene Unternehmen durch Konzepte, Vorschläge und Reporting-Unterstützung den Bedarf der Immobilienbetreiber decken kann. Einen besonders großen Beitrag leisten die Facility-Service-Unternehmen durch die Umsetzung konkreter Maßnahmen und durch das Bereitstellen der benötigten Daten für die ESG-Berichte und die Testierung der Wirtschaftsprüfer, aber auch durch Beratung aus dem Betrieb heraus.
Gerade die Berichterstattung wird dauerhaft zu einem Digitalisierungsschub führen, um diese regulatorischen Anforderungen abzubilden. Das zeigt auch der gerade veröffentlichte CAFM-Trendreport, den gefma und Lünendonk gemeinsam erstellt und veröffentlicht haben.
Multidienstleister
In der Schweiz prägen große Multidienstleister das Marktbild. In Deutschland war die Marktstruktur bisher kleinteiliger. Nicht nur der Zusammenschluss von Apleona und Gegenbauer ist ein Indiz, dass die Nachfrage nach Multidienstleistungen weiterhin hoch ist. Dussmann setzt das Wachstum nicht zuletzt durch den Ausbau seiner technischen Sparte fort, aber auch die Wisag Facility Service erreicht inzwischen mit einem breiten Dienstleistungsportfolio innerhalb der Facility Services einen Umsatz von knapp 1,4 Mrd. €. Andere Unternehmen wie zum Beispiel Spie wachsen indes mit einem klaren Fokus auf der in diesem Fall technischen Säule des Facility Managements und der Vertiefung der Servicekompetenz in einzelnen Feldern. Was zunächst nach einer gegenläufigen Tendenz aussieht, ist eine Erweiterung der Leistungen, die von Serviceunternehmen erbracht werden und zu einer Verbreiterung des Marktes führen.
Ausblick
Der Facility-Service-Markt geht in vielerlei Hinsicht verändert und gestärkt aus der Corona-Zeit hervor. Die Unternehmen zeigen, dass sie sich an die veränderten Bedürfnisse im Markt anpassen, und haben dies in ihre Strategie implementiert. Der Markt wächst trotz einer teilweisen Reduzierung von Flächen bei Büroimmobilien aufgrund der Nachfrage nach Unterstützung bei der ESG-Transformation und der Digitalisierung des Immobilienbetriebs. Für 2022 hat Lünendonk & Hossenfelder das Marktvolumen mit 59,0 Mrd. € berechnet – ein Wachstum von 7,4 % gegenüber dem Vorjahr, das nicht nur auf Preiseffekte zurückzuführen ist. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Beschäftigten unter den Studienteilnehmern um 1,6 %.