Neues Whitepaper „Ausschreibungen im Facility Management unter New Work“ beleuchtet Veränderungen

Megatrends verändern das Facility Management

In Zusammenarbeit mit der Sasse AG hat die Lünendonk & Hossenfelder GmbH ein neues Whitepaper veröffentlicht. Unter dem Titel „Ausschreibungen im Facility Management unter New Work“ werden die Herausforderungen, Strategien und aktuelle Modelle bei der Vergabe von FM-Dienstleistungen genauer untersucht und bewertet.

Die Veränderungen der Arbeitswelt und unserer Gesellschaft haben einen wesentlichen Einfluss auf die Bewirtschaftung von Gewerbeimmobilien. Der demografische Wandel hat zu einem nahezu alle Branchen ergreifenden Personal- und Fachkräftemangel geführt. Ein verändertes Nutzerverhalten erfordert breitere Angebote und innovative Services. Nachhaltigkeit ist inzwischen bei vielen Entscheidungen zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist der Kostendruck hoch. Die Rahmenbedingungen verändern sich: Nicht nur gesamtgesellschaftlich ist ein Wandel zu beobachten, sondern auch in der Gebäudebewirtschaftung: Stetig steigende Anforderungen wie etwa moderne New Work-Konzepte, komplexere Gebäudetechnik und Zusatzangebote wie Ladeinfrastruktur für Elektromobilität fordern das Facility Management heraus und bringen etablierte Serviceportfolios an ihre Leistungsgrenze. Auf der anderen Seite sinkt die Planbarkeit deutlich: Sowohl kurzfristig als auch langfristig schwanken die Auslastung und die Nutzung von Arbeitsplätzen.

„Work from anywhere“ bedeutet, dass an manchen Tagen Büros nahezu leer sind, an anderen Tagen jedoch kaum ein freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Post-Corona-Arbeitswelt verbindet die Vorteile von Homeoffice und Third-Place-Arbeit mit kooperativen und kreativen Tätigkeiten in Präsenz. In Zeiten des ‚War for Talents‘ stößt eine Betriebsanweisung über die Anwesenheit in den Unternehmensimmobilien oft an Grenzen Um Kreativität und Austausch zu erhalten, sind die Immobilienbetreiber daher gut beraten, attraktive Arbeitsumgebungen bereitzustellen, die die Mitarbeitenden anregen, ins Büro zu gehen. Die Veränderungen betreffen nicht nur Bürogebäude. Mit dem boomenden Online-Handel verliert der stationäre Handel Kundschaft. Um diesem Trend entgegenzuwirken, passen Betreiber ihr Ladenkonzept an, um den Kundinnen und Kunden ein neues Einkaufserlebnis im Laden zu schaffen. Gleiches gilt für Verkehrsgebäude wie Bahnhöfe oder Flughäfen. Langfristig verringern externe Schocks wie die Corona-Pandemie, explodierende Energiepreise oder die Nachhaltigkeitsregulierung die Planungssicherheit der gesamten Wirtschaft und demnach auch von Facility- und Real-Estate-Management-Unternehmen. All diese Entwicklungen stärken insgesamt den Wertbeitrag und die strategische Positionierung des Facility Managements, denn es hilft den Unternehmen, Komplexität zu reduzieren, sich auf das eigene Kerngeschäft zu konzentrieren und Effizienz durch bedarfsorientierte Services bereitzustellen.

Die angebotsbegrenzenden Faktoren wie der Personalmangel betreffen dabei nicht nur den Dienstleister, sondern auch die Betreiber und begünstigen neue Servicemodelle, die das vorhandene Personal effektiver und flexibler einsetzen. In der Realität sind starre, verrichtungsorientierte Leistungsverzeichnisse üblich, die jedoch nicht die notwendige Flexibilität und Kosteneffizienz für die neue dynamische Arbeitswelt bieten. Denn es gilt noch immer das Prinzip, dass die nicht benötigte und zu bewirtschaftende Fläche die günstigste Fläche ist.

 

Personalmangel

Die demografische Entwicklung und die strukturell belastbare Konjunktur sind nicht nur, aber insbesondere für Facility-Service-Unternehmen eine zentrale Herausforderung. Die aktuellen Ergebnisse des Lünendonk-Konjunkturindex Facility Service zeigen, dass selbst in Zeiten unsicherer Wirtschaftslage und erhöhter Inflation der Personalmangel die mit Abstand als am größten wahrgenommene Herausforderung ist. Viele Dienstleister sind schon heute nicht mehr in der Lage, aus Personalmangel an allen Vergabeverfahren teilzunehmen und alle möglichen Aufträge anzunehmen. Das hat zur Folge, dass Dienstleister sich zu einem gewissen Grad Aufträge aussuchen und an besonders wenig attraktiven Ausschreibungen nicht teilnehmen. Das gilt nicht mehr nur für hoch qualifiziertes technisches Personal und Objektleitungen, sondern inzwischen auch in weiten Teilen für infrastrukturelle Services und auch für Helfertätigkeiten. Der Mangel an Personal und Fachkräften, insbesondere in technischen Berufen, stellt Facility Management und Dienstleister vor Herausforderungen. Die Konsequenzen sind vielfältig:

Rekrutierungskosten und -aufwand steigen erheblich

Ausfallrisiken sind aufgrund von Krankheiten und Kündigungen hoch

Qualifikationsniveaus sind unterschiedlich

Diese Herausforderungen erfordern verschiedene Maßnahmen wie ein attraktives Aufgabenfeld, angemessene Vergütungen und Sonderleistungen, eine Infrastruktur zur zielgerichteten Nutzung vorhandener Qualifikationen sowie Ressourcen, um Personal frühzeitig und auf kreative Weise anzusprechen. Gerade kleinere lokale Unternehmen sind hiervon besonders betroffen. Sie verfügen in der Regel über eine begrenzte Bekanntheit und haben oft nicht die notwendigen Ressourcen und Strukturen, um mit größeren Unternehmen zu konkurrieren. Eine aufwendige Personalabteilung mit Recruitern und Kenntnis von modernen und effektiven Kanälen ist hierbei eine Voraussetzung. Integrierte Service-Dienstleister betreuen in der Regel größere und komplexere Liegenschaften mit einem vielfältigen Aufgabengebiet. Dadurch haben Techniker die Möglichkeit, anspruchsvollere Aufgaben durchzuführen und müssen weniger häufig zwischen verschiedenen Kunden und Objekten wechseln, wie es bei Handwerksbetrieben üblich ist.

 

Robotik trifft Facility Services

Wertschätzung und moderne Service-Modelle tragen dazu bei, den Personalmangel in der Reinigung abzuschwächen, vollständig kompensieren können sie ihn nicht. Was also tun? Serviceroboter können dazu beitragen, Personal zu entlasten, neue Aufgaben effizient wahrzunehmen und die Flächenleistung zu erhöhen. Oft wurde der Einsatz von Robotern bisher als zu teuer, zu unflexibel und als weniger produktiv als Menschen eingeschätzt.

Auch wenn dies in einigen Einsatzbereichen noch zutreffen mag, haben inzwischen fast alle führenden Unternehmen Roboter und Drohnen im Einsatz für Sicherheit, Reinigung, Geländeerfassung und Gebäudeinspektion. Gerade bei größeren Flächen wie Hallen, Fluren, Bahnhöfen und Flughafen-Terminals oder Shopping-Centern übernehmen professionelle Serviceroboter die Unterhaltsreinigung. Schwer zugängliche Gebäudeteile und Anlagen werden mit Drohnen oder Robotern inspiziert, um abzuwägen, ob ein Mensch für die Tätigkeiten notwendig ist. Je stärker die Verfügbarkeit der menschlichen Arbeitskraft abnimmt, desto größer wird die Bereitschaft auf Kunden- und Dienstleisterseite, Roboter und Drohnen für Services zu akzeptieren.

Moderne FM-Konzepte wie Daytime Cleaning und Servicerobotik haben große Potenziale, um Personalengpässen bei Servicemitarbeitenden nachhaltig zu begegnen. Um diese Potenziale allerdings auszuschöpfen und die Konzepte erfolgreich in den Unternehmen implementieren und effizient nutzen zu können, ist eine engere Zusammenarbeit zwischen Gebäudedienstleistern und Objektbetreibern essenziell. Durch die enge Zusammenarbeit können individuelle betriebliche Anforderungen besser verstanden und maßgeschneiderte Lösungen entwickelt werden. Dies fördert nicht nur Effizienz in der Ressourcennutzung, sondern optimiert auch den Einsatz von Technologien wie der Robotik, die gezielt an die Bedürfnisse des Kunden angepasst wird.

 

Nachhaltigkeit

Durch die Optimierung von Gebäuden und Anlagen trägt das Facility Management dazu bei, den Energieverbrauch und damit die CO2 -Emissionen zu reduzieren. Neben Umweltschutz und einer besseren Kosteneffizienz unterstützt das Gebäudemanagement Unternehmen außerdem dabei, ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden und durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Sicherheit der Beschäftigten ein besseres Arbeitsumfeld zu schaffen. Nachhaltigkeit bezieht sich in einem ESG-Konzept auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung in Bezug auf Umwelt und Klima wie auch auf soziale Verantwortung. Facility-Service-Unternehmen tragen durch eine optimierte Anlagensteuerung der technischen Gebäudeausstattung, die Verwendung umweltfreundlicher Arbeitsgeräte wie auch durch Beratungs- und Installationsleistung zur Nachhaltigkeit ihrer Kunden bei. Als Teil der Lieferkette sind auch die Prozesse der Dienstleister relevant. Zwei exemplarische Fragen: Wie werden Flotten betrieben? Und wird der Dienstleister über seine Lieferkette der sozialen Verantwortung gerecht?

Ein integriertes Service-Modell erleichtert es den Immobilienbetreibern etwa die Scope-III-Emissionen in der Berichterstattung zu berücksichtigen gegenüber der Beauftragung von verschiedenen Einzelgewerkeanbietern.

Unternehmen, die auf den Zugang zum EU-Kapitalmarkt angewiesen sind, unterliegen aufgrund der EU-Taxonomie einer regulierten und zu testierenden Nachhaltigkeitsberichterstattung. In die Kennzahlen des Status quo fließen die Immobilien als wesentliche Energieverbraucher mit ein. Die Datenerfassung, die Aufbereitung und das Reporting vom einzelnen Zähler bis hin zur Portfolioebene sind häufig ohne die Facility-Service-Unternehmen, in diesem Zusammenhang liebevoll „Meister der Keller“ genannt, nicht möglich. Mit der Erfassung des Status quo ist es jedoch meist nicht getan. Wenn Nachhaltigkeitsziele verfolgt werden, dann ist „manage to green“ im Immobilienbetrieb ohne das Facility Management nur schwer möglich. Eine optimierte, bedarfsorientierte Anlagensteuerung und ein regelmäßiges technisches Monitoring sind hierfür unerlässlich. Viele Immobilienbetreiber verfügen aus unterschiedlichen Gründen nicht über die entsprechende Expertise im eigenen Haus und arbeiten mit externen Partnern zusammen.

 

Veränderte Vergabe

Die Vergabe von Facility Services muss eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, die in einem Vertrag zwischen Auftraggeber/Immobilienbetreiber und Dienstleister rechtlich bindend vereinbart werden. Eine Analyse der üblichen Vertragsmodelle lässt gute Rückschlüsse auf die Marktentwicklung zu. Sie zeigt zudem auf, welche Themen und Trends zu berücksichtigen sind und ob diese die bis dato üblichen Vertragsbeziehungen herausfordern. In den Ausschreibe- und Vertragsmodellen sind unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen:

übliche Laufzeiten

Tätigkeits- und Ergebnis-

orientierung

Kostenmodelle

Qualitätsniveau

Leistungsarten und -bündelung

 

Traditionell waren im Facility Management fünfjährige Verträge mit Verlängerungsoption und einer Verrichtung nach Leistungsverzeichnis üblich. Das Qualitätsniveau wurde wesentlich durch die beauftragten Service-Intervalle und die Anzahl der Personen bestimmt. All dies war einfach zu kalkulieren und zu steuern. Bei Über- oder Unterschreiten vorab definierter Schwellwerte des Vertragserfüllungsgrades wurden Boni und Mali vereinbart und umgesetzt.

Dieses idealtypische traditionelle Vertragsmodell war und ist auf unterschiedliche Gewerke gleich gut anwendbar: Catering, Sicherheitsdienstleistungen, Reinigung, Gebäudetechnik oder Parkraumbewirtschaftung. Allerdings ist das idealisierte „alte“ Vertragsmodell über die vereinbarte Laufzeit starr und nur bedingt anzupassen. Größere Veränderungen werden nach Ende des Zyklus über ein angepasstes FM-Konzept abgebildet, ausgeschrieben und in Verhandlung mit den Bietern fixiert. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat, die in den vorhergehenden Kapiteln, beschriebene Marktentwicklung zahlreiche Weiterentwicklungen begründet, die inzwischen in unterschiedlichsten Ausprägungen in FM-Verträgen berücksichtigt werden. Die starren, verrichtungsorientierten Verträge kommen in Zeiten einer hohen Volatilität und einer hochkomplexen Immobilienbewirtschaftung an Leistungsgrenzen. Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass es „das eine“ für alle passende Modell immer weniger gibt. Individuelle Anforderungen der Auftraggeber und der dazu passende Dienstleistungspartner bilden eine Konstellation, die trotz ähnlicher Ausgangslage in einem Fall gut harmonieren, in einem ähnlich gelagerten anderen Bezug jedoch nicht erfolgreich sind. Kulturelle Faktoren sollten daher im Vergabeverfahren berücksichtigt werden. Da Facility Services ein „people’s business“ sind, gilt es, sich aneinander zu gewöhnen und ausreichend flexibel zu sein, um die beidseitigen besonderen Merkmale in eine gewinnbringende gelebte Partnerschaft zu bringen. Das erfordert die Bereitschaft eines gegenseitigen Ausprobierens und Lernens, aber auch eines gemeinsamen Zielverständnisses.

 

Von der preis- zur konzept­orientierten Vergabe

Facility Services sind traditionell von einem Effizienzgedanken geprägt: Über die Gebäude werden die bestmöglichen Arbeitsbedingungen für das Kerngeschäft zu dem geringstmöglichen Preis eingekauft. Diese vermeintlich einfache Logik ist in der Realität ein vielschichtiger Kompromiss aus gewünschtem Leistungsniveau, Servicekonzept und differenzierten Qualitätsanforderungen.

In der Praxis wird über Stellschrauben wie Qualifikation und bereitgestellte Mitarbeitende versucht, einen möglichst günstigen Preis zu erzielen. Die damit verbundene Hoffnung ist, eine maximale Leistung zu einem minimalen – das heißt marktgerechten – Preis zu erhalten. Es sind auch andere Modelle möglich: Der Auftraggeber gibt ein für ihn akzeptables Budget für das zu betreibende Immobilienportfolio – oder Gebäude – vor und definiert Prioritäten. Im Rahmen des Bieterprozesses erstellen Dienstleister Servicekonzepte. Dieses Modell hat den Vorteil, dass der Servicepartner über ein bedarfsorientiertes Konzept Freiheiten für eine operative Dienstleistungssteuerung erhält, die Mehrwerte gegenüber einem starren Leistungsverzeichnis generiert und über die Vertragslaufzeit Flexibilität ermöglicht.

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