Prozessoptimierung in der Krankenhaus-Logistik
Viele Prozesse müssen in einer Gesundheitseinrichtung nahtlos ineinandergreifen, um die optimale Versorgung von Patienten sicherzustellen. Dazu gehört auch, dass Patienten bedarfs- und zeitgerecht mit Essen versorgt sind oder das richtige OP-Besteck zur Verfügung steht. In diesen sogenannten tertiären Dienstleistungen des Gesundheitssektors steckt großes Potential zur Prozessoptimierung. Wie das funktioniert? Eine
intelligente Logistik-Lösung schafft hier das Bindeglied zwischen den Disziplinen und generiert gleichzeitig Mehrwert für Patienten – die passgenaue Kältetechnik darf dabei nicht fehlen.
Der Gesundheitssektor ist in Bewegung: Während die Verweildauer
in Krankenhäusern und stationären Gesundheitseinrichtungen sinkt, steigt mit zunehmender Lebenserwartung die Zahl der Patienten überproportional an. Damit steigt auch der Bedarf an Personal sowie der Kostendruck. Höchste Hygienelevels und Vorgaben, wie die durchgängige Rückverfolgbarkeit, sichern das Wohlergehen der Patienten und zählen ebenfalls zu den zentralen Anforderungen im Gesundheitssektor. Mit diesen Entwicklungen und Anforderungen rückt die wirtschaftliche und individuelle Versorgung der Patienten auf höchstem Niveau in einen neuen Fokus und zahlreiche Fragestellungen ergeben sich:
Wie gelingt es, eine steigende Anzahl
an Patienten und immer mehr Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen effizient zu versorgen?
Wie lassen sich rechtliche Anforderungen wie die durchgängige Rückverfolgbarkeit umsetzen?
Wie können höchste Hygienelevels sichergestellt werden?
Wie müssen die Prozesse der tertiären Versorgung gestaltet sein, damit sie wirtschaftlich sind und gleichzeitig maximaler Mehrwert für Patienten entsteht?
Im Mittelpunkt des Ansatzes steht die Neugestaltung der Prozesse zur tertiären Versorgung unter dem Motto: Professionalisierung durch Zentralisierung. Denn Medikamente, Stationsbedarf, Essen, steriles OP-Besteck und vieles mehr werden an einem Ort benötigt – nämlich in der jeweiligen Gesundheitseinrichtung. Wieso also nicht die logistischen Prozesse der Versorgungskette bündeln und die Gesundheitseinrichtungen zentral von einem Ort aus beliefern? Genau das machen wir mithilfe des Knapp-Versorgungscampus“, erklärt Johannes Kompek, Healthcare Solutions, Knapp AG, die Vorteile der Lösung, „und bringen damit die tertiäre Versorgung auf ein neues Niveau.“
Flexible Automatisierung für volle Rückverfolgbarkeit
Herzstück der Lösung ist eine Kombination aus einem automatischen Lagersystem mit unterschiedlichen Temperaturzonen und schnellen Puffertürmen für die Sequenzierung. Im zentralen Lager, dem „OSR Shuttle Evo“, sind alle Waren platzsparend zentral gelagert und jederzeit abrufbar. Da diese in geschlossenen Boxen aufbewahrt werden, können sogar Sterilgüter und ungekühlte Lebensmittel direkt nebeneinander gelagert werden. Das „OSR Shuttle Evo“ versorgt die unterschiedlichen Bereiche am Knapp-Versorgungscampus mit den benötigten Waren, wie zum Beispiel eine Großküche, den Sterilisationsbereich oder Arbeitsbereiche, in denen Medikationen zusammengestellt werden. Die dazugehörigen Puffertürme stellen die korrekte Reihenfolge her, zum Beispiel Speisetabletts gemäß der Reihenfolge der Patienten in den Zimmern.
Einfach, flexibel, voll rückverfolgbar –
auf diesen drei Säulen baut die Idee des Knapp-Versorgungscampus auf. Durch die zentrale Abwicklung der tertiären Versorgung werden die Prozesse schlanker und vereinfacht. Die Nutzung von gemeinsamen Ressourcen wie etwa einem Fuhrpark bietet zusätzliche Synergieeffekte. Darüber hinaus kann die Belieferung der dezentralen Gesundheitseinrichtungen zeitgerecht, flexibel und bedarfsgerecht erfolgen: Dies ermöglicht einen Platzgewinn in den Gesundheitseinrichtungen. Gleichzeitig bleibt der Fokus immer auf dem Patienten, seiner Sicherheit und seinen individuellen Bedürfnissen, denn dank der zentralen Abwicklung sind alle Prozessschritte transparent rückverfolgbar. Auf diese Weise wird der Knapp-Versorgungscampus zum intelligenten, logistischen Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Anforderungen des Gesundheitssektors.
ProServ setzt neue Maßstäbe in der Versorgung
Bei ProServ, einem deutschen Vollversorger im Gesundheitswesen, ist der Knapp-Versorgungscampus bereits Realität. Damit setzt ProServ neue Maßstäbe in der Versorgung. Seit der Betriebsaufnahme im Dezember 2018 beliefert ProServ seine Klinikkunden vom Standort Pulheim aus mit fertig tablettierten Patientenessen: 6.000 Tabletts verlassen
hier täglich – sortiert von den schnellen Fastboxen des „OSR Shuttle Evo“ und gradgenau temperiert – das Haus. Darüber hinaus lassen zehn Kliniken ihre OP-Instrumente im Versorgungscampus aufbereiten. Seit mehr als 20 Jahren versorgt ProServ insgesamt 28 Kliniken und 50 Langzeiteinrichtungen sowie eine Vielzahl von anderen Organisationen im Gesundheits- und Sozialwesen mit allen Verbrauchsmaterialien.
Bereits seit 2012 setzt die ProServ-Organisation auf Technologie von KNAPP. Kundennähe und das Wissen um die Bedürfnisse der Kunden stehen bei ProServ im Mittelpunkt: Das Dienstleistungskonzept basiert auf jahrelangem Wissen und Erfahrung im Gesundheitswesen. Hans. J. Peglow, Initiator der ProServ, war selbst Geschäftsführer einer Klinik und erklärt die Bedeutung und Vorteile eines Versorgungscampus für die Zukunft des Gesundheitswesens: „Die kostenoptimale und qualitätssichernde Leistungserbringung steht im Vordergrund des Klinikgeschehens. Überleben kann eine Klinik nur, wenn gesicherte Qualitätsstandards mit optimalen Kostenstrukturen einher gehen. Dies verlangt optimale Prozesse – nicht nur in der Arbeit am Patienten, sondern auch in wirklich alle Versorgungsprozessen. Der Versorgungscampus bietet in der Partnerschaft zwischen einem hervorragenden Logistiker, wie Knapp, und einem Kenner der klinischen Strukturen und Prozesse, wie der ProServ, eine herausragende Perspektive im Wettbewerb.“
Kältetechnik in Perfektion
Am ProServ-Standort in Pulheim war die Kolb Planungsgesellschaft mbH für die Küchenplanung zuständig und die Firma Sachsen – Kälte GmbH aus Dresden für die Kälte- und Klimatechnik im gesamten Komplex. Das Projekt war eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten, denn Intralogistiker, Küchenplaner und Kältetechniker mussten eine gemeinsame Sprache sprechen, um die richtigen technischen Lösungen zu finden und um einen späteren fehlerfreien Betriebsablauf sicherstellen zu können.
In der Küche selbst gibt es keinen separaten Kühlraum. Die gekühlten Lebensmittel kommen direkt aus dem Massenspeicher, der in zwei Temperaturzonen ausgeführt wurde, und werden umgehend verarbeitet. Die Anlieferung erfolgt vollautomatisch in Boxen aus dem „OSR Shuttle Evo“. Dreimal am Tag (Frühstück/Mittagessen/Abendessen) verlassen ca. 2.000 Essen den Versorgungscampus. Da Krankenhäuser und Pflegeheime – also Risikogruppen – mit Speisen beliefert werden, muss bei der Einhaltung der Kühlkette (HACCP) allergrößte Sorgfalt gelten. Fehler bei der Hygiene und Kühlung sind nicht akzeptabel – weder bei der Lagerhaltung, der Zubereitung noch dem Transport der nach dem Cook & Chill-Konzept produzierten Speisen.
Die Firma Sachsen – Kälte ist seit 20 Jahren im Bereich Cook & Chill tätig und brachte somit genügend Erfahrung für das anspruchsvolle Projekt in Pulheim mit. Trotzdem war der Versorgungscampus auch für die Dresdner Kälteprofis eine besondere und nicht alltägliche Herausforderung. Im Lager muss dauerhaft eine Temperatur von
+3 °C (+/- 1 Grad) eingehalten werden – bislang wurde diese tolerierte Abweichung sogar dauerhaft unterschritten (+/- 0,3 Grad). Dies ist bei den Abmessungen des Lagers (80 m lang, 9 m hoch und nur 5,5 m breit) mit den vielen Palettenplätzen keine leichte Aufgabe. Die Temperaturvorgabe von 3 °C gilt auch für einen langen Versorgungstunnel, durch den die gekühlten Boxen in die Küche transportiert werden, sowie den Cook & Chill-Wagenpark, in dem die zubereiteten und dann abgekühlten Speisen gelagert und zu den Kunden transportiert werden. In der Küche, in der die ProServ-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Speisen zubereiten, herrscht eine Temperatur von +12 °C – schließlich arbeiten hier Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg und benötigen daher einigermaßen angenehme Arbeitstemperaturen.
Die Kälteerzeugung für den NK-Lagerbereich übernehmen zwei R513A-Verbundanlagen mit je drei Verdichtern und je 100 kW Leistung – auch um die geforderte Redundanz sicherzustellen. Zwei weitere, druckseitig in vorgenannte Anlagen eingebundene Verbundanlagen mit je zwei Verdichtern und 50 kW versorgen tagsüber die gekühlten Arbeitsbereiche. Nachts, wenn nicht gearbeitet wird, kühlen sie einen 100.000 l-Löschwassertank, der tagsüber die Kühlung der Sterilisatoren übernimmt. Insgesamt wurden 60 NK-Hochleistungsverdampfer verbaut.
Neben den NK-Anlagen wurden zudem zwei kleinere R449A-Verbundanlagen (mit je 25 kW, t0 -15 bis -17 °C) für fünf Schockkühler installiert. Nachts werden damit zwei Eisbänke versorgt, die tagsüber zur Rückkühlung der Kochkessel genutzt werden. Dies sorgt für optimale Verdichterlaufzeiten. Zwei weitere TK-Einzelverdichter mit stufenloser Regelung dienen zur Kühlung von drei Tiefkühlräumen. Die Abwärme der Kälteanlagen wird in zwei 5.000 l fassende Pufferspeicher geführt und für die Warmwasserversorgung und die Betonkernaktivierung des Gebäudes genutzt.