„FM ist nicht alles, aber ohne FM ist alles Nichts!“
FM-Redakteurin Kerstin Galenza sprach mit Dipl.-Ing. Andreas Wokittel über den Status quo und die Entwicklungen im FM im VDI, dem Verein Deutscher Ingenieure. Wokittel ist Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik und des Fachbereiches Facility Management und Mitglied der Geschäftsleitung SPIE GmbH. Der VDI-Fachbereich FM beschäftigt sich derzeit mit dem Betreiben von Gebäuden, dem Inbetriebnahmemanagement und Energieverbrauchsstatistiken.
Herr Wokittel, was ist der Status quo im VDI-Fachbereich FM?
In der Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik des VDI – bestehend aus den vier Fachbereichen Architektur, Bautechnik, Technische Gebäudeausrüstung und Facility Management – verfolgen wir das Ziel, das Zusammenwirken unserer Fachbereiche innerhalb und außerhalb des VDI zu stärken und wollen damit nachhaltig die Qualität des Planens, Bauens und des Betreibens erhöhen.
Facility Management ist dabei nicht „das Ende der Kette“, sondern umfasst vielmehr alle Bereiche. „Wir sind längst nicht mehr nur die Hausmeister oder Reiniger“ – in keinem Bereich gibt es mehr Produktinnovationen, kein Bereich wächst so rasant.
Wir im VDI sehen das Facility Management in dieser herausragenden Rolle und nicht nur als Teilmenge der technischen Gebäudeausrüstung. Historisch sind wir aber einer der jüngsten Fachbereiche und müssen daher neben der Arbeit an inhaltlichen Fragestellungen auch noch weiter an unserer Außendarstellung arbeiten. Zumindest intern verzeichnet der Fachbereich bereits einen stetigen Anstieg der Mitgliederzahlen.
Und wohin geht die Reise?
Die Perspektive des Fachbereich FM wird sich sehr schnell weiter entwickeln: FM wird immer mehr ein „Querschnittsthema“ – gleichberechtigt mit der Gebäudeenergetik und dem Building Information Modeling (BIM). Im VDI schreibt kein Fachbereich mehr eine Richtlinie, ohne dass die anderen Fachbereiche „querlesen“, ggfs. ergänzen, kontrollieren, plausibilisieren, zusammenfassen. Aus den Megatrends dieser Welt – Klimaschutz, Ressourcenverknappung, Mega-Cities – um nur einige zu nennen, kommt dem FM eine herausragende Bedeutung zu. Insofern wird sich das Facility Management – und auch unser Fachbereich – stetig entwickeln.
Die Digitalisierung wird keinen Bereich so massiv verändern wie das FM. Wir werden alle am Bau Beteiligten zu „Daten-Sammlern“ machen und das FM wird diese „Daten-Schätze“ nachhaltig nutzen. Es ist wie bei den sozialen Netzwerken: Man wird erst hinterher wissen, was man aus den Daten alles ableiten kann – aber FM wird dies tun müssen.
Wo sehen Sie Unterschiede zu anderen Gremien und Verbänden?
Der VDI ist und bleibt „System- und Herstellerneutral“. Er bezieht z. B. nicht Stellung für oder gegen das eine oder andere Produkt. Vielmehr zeigen wir im VDI die Vor- und Nachteile auf, erläutern, erklären – und schaffen so z. B. für die Politik oder den am Bau Beteiligten Grundlagen für ihre Entscheidungen. Insofern ist der VDI bewusst anders als Interessenverbände gleich welcher Art. Wir achten gerade in der Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik und im Fachbereich FM darauf, dass wir keine „Konkurrenzprodukte“ zu anderen Gremien und Verbänden erstellen. Wir versuchen vielmehr „einen neutralen Bogen“ über die anderen Gremien zu schlagen und dabei unseren Vorteil, schnell auf geänderte Anforderungen den aktuellen Stand der Technik zu beschreiben und nutzen dabei unser Netzwerk. Wir sind wie kein Anderer in der Lage, unsere Ausschüsse und Gremien „ausgewogen“ zu besetzen.
Wo auf dem Markt gibt es eigentlich „echtes“ FM?
Diese Frage ist schwierig zu beantworten, denn für Jeden ist FM etwas anderes. Am meisten verbreitet ist sicher die Verwechslung zwischen Facility Services (also z. B. die Erbringung von Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten für alle technischen Gewerke, infrastrukturelles Dienstleistungen uvm.) und FM.
Lassen Sie mich das an einem kleinen Beispiel erläutern: Eine neue Energieeffizienz-Heizungspumpe soll eingebaut werden: Wer verlegt das Kabel? Wer legt
den Kabelquerschnitt aus? Wer erweitert die Gebäudeautomation? Wer stimmt die Leistung mit dem Kunden ab? Wer legt die Pumpe aus? Wer berechnet die Hydraulik neu? Wer berechnet die Amortisation und die CO2-Einsparung? Und wer die geänderten Nebenkosten? Wer teilt den Nutzern mit, was sich geändert hat? Wer ändert den Serviceplan? Wer vergibt eine „BIM-ID“, bringt den RFID-Chip an? Selbst Kunden fällt es schwer, eine „echte“ FM-Leistung ausführlich zu beschreiben. Und wenn Firmen jetzt „nur“ eine Teilleistung der (nicht vollständigen) Aufzählung erbringen: Machen sie dann kein „echtes“ FM?
Sicher ist: Nicht überall wo „FM“ draufsteht ist auch „FM“ drin! FM ist in erster Linie ein Geschäft auf zwei Beinen – ein Menschengeschäft. Sicher ist aber auch: FM ist nicht alles aber ohne FM ist alles Nichts!