Die Sachversicherung
Die nachstehenden Ausführungen sind die Fortsetzung zu dem Artikel „Die Sachversicherung – eine Wette auf den Erhalt der Werte oder ein Ausgleich für den Verlust derselben“ aus FACILITY MANAGEMENT 3/2017. Nachdem da die Grundzüge des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) dargestellt wurden, werden jetzt besondere Regelungen, die zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer als „Wettbedingungen und Spielregeln“ eine einzelfallbezogene Bedeutung haben, hervorgehoben und erläutert.
Obliegenheiten und Obliegenheitsverletzungen
Der Versicherungsvertrag behandelt und beschreibt vorausschauend diese Situationen, in denen der Versicherungsnehmer dem Versicherungsgeber die Erbringung eines festgelegten und dadurch bestimmten Verhaltens (Obliegenheit) schuldet. Zu unterscheiden sind vorvertragliche Anzeigepflichten, also Pflichten zur Abgabe wahrheitsgemäßer Angaben zu dem zu versichernden Objekt. Der Versicherer fragt regelmäßig vorvertraglich nach etwaig noch bestehenden Vorversicherungen, ebenso nach der konkreten Nutzungsart des Gebäudes oder des sonstigen Versicherungsobjektes. Ebenso will der Versicherer Kenntnisstand über etwaige Leerstände oder bereits bekannte Vorschäden oder aber andere für seine Willensbildung relevanten Gefahrenumstände erlangen. Es handelt sich also um die Anzeige des Versicherungsnehmers hinsichtlich relevanter Gefahrenumstände, die zu § 19 Absatz 1 des VVG wie folgt erfasst werden:
§ 19 Abs. 1 VVG (Anzeigepflicht)
„Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen.“
Weitere Obliegenheiten des Versicherungsnehmers sind die, die sich als selbstverständliche Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten (diligentia quam in suis) dem Versicherungsnehmer zum Schutz des versicherten Objekts quasi aufdrängen. Der Versicherungsnehmer ist gehalten im eigenen Interesse den Eintritt eines Schadens zu verhindern. Sicherheitsvorschriften, die der Versicherer durch entsprechende Einbeziehungen zum Gegenstand des Vertrages gemacht hat, sind von dem Versicherten sorgfältig zu beachten und im Zweifelsfall als tatsächlich erfüllt zu belegen.
„Zu nennen sind hier insbesondere die Erfüllung von Sicherheitsvorschriften durch den Versicherungsnehmer, z.B. § 7 AFB 87, § 7 AERB 87, § 5 und § 6 AGIB 94, § 11 VGB 88/§ 16 VGB 2008/2010, § 7 AStB 87, § 14 VHB 84/92/§ 16 VHB 2010, § 7 AGB 87.“ (Jula, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., S. 185)
Ferner gibt es Obliegenheiten die sich mit den Auskunfts- und Aufklärungspflichten des Versicherungsnehmers nach dem Eintritt eines Schadenfalls befassen. Werden die Obliegenheiten nicht erfüllt, dann stehen dem Versicherer – abhängig von der Zuordnung des Schweregrads des Fehlverhaltens des Versicherungsnehmers – unterschiedliche Reaktionsweisen zu. Er kann von dem Vertrag zurücktreten oder diesen kündigen, ebenso kann er die verabredete Leistung einschränken oder gänzlich verweigern.
Bei den zu unterscheidenden Schweregraden gibt es die einfach fahrlässige Obliegenheitsverletzung, bei der der Versicherer regelmäßig zur vollen Leistungserbringung verpflichtet bleibt;
grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung, bei der der Versicherer nur begrenzt leistungspflichtig ist, also die vertraglich verabredete Leistung erheblich kürzen darf;
vorsätzliche Obliegenheitsverletzung, bei der der Versicherer grundsätzlich von der Pflicht zur Leistungserbringung befreit ist;
arglistige Obliegenheitsverletzung, bei der der Versicherer stets von der Leistungsverpflichtung befreit ist.
Die beiden letztgenannten Handlungsformen gelten darüber hinaus als strafrechtlich relevanter Betrug zum Nachteil einer Versicherung.
Der Versicherungsnehmer handelt fahrlässig, wenn zwar der Sorgfaltsanspruch nicht in dem gebotenen Maße erfüllt wird, dieses gleichwohl aber als hinnehmbare typische Unachtsamkeit eines unbesonnen Individualversagens zu werten ist. Die grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der zu beachtende Sorgfaltsmaßstab derart eklatant missachtet wird, dass selbst grundlegende Sicherheitsvorgaben kaum oder keine Beachtung gefunden haben. Von Vorsatz ist die Rede, wenn willentlich Obliegenheiten verletzt werden und bei Arglist dominiert die Gesinnung des Versicherungsnehmers dem Versicherer zu schaden.
Bei den jeweiligen Handlungsweisen sind ferner die Aspekte der Beweislast (Wer muss was beweisen?) und der Kausalität (Was ist wodurch geschehen?) zu berücksichtigen.
Haftungsausschlüsse
Die Frage nach der Reichweite des jeweils verabredeten Versicherungsschutzes ist ebenfalls Gegenstand eines jeden Versicherungsvertrages. Dieses wird in den sogenannten Haftungsausschlüssen zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsgeber individuell verabredet oder ergibt sich aus den Haftungsbedingungen, die der Versicherer als allgemein gültige Bedingungen dem Versicherungsvertrag hinzufügt. Hervorzuheben ist für den Bereich des Facility Managements der Tätigkeitsschaden (oder auch bearbeitungsschaden genannt). Ein Tätigkeitsschaden liegt vor, wenn eine Sache, an der selbst gewerblich gearbeitet wurde, oder eine Sache, die im unmittelbaren räumlichen Bezug zu einer Tätigkeit an dem Bearbeitungs-
objekt steht, ein Schaden entstanden ist. Der Schadenfall tritt also an dem Gegenstand der das Objekt der Beauftragung ist ein und zwischen der Tätigkeit und dem Schaden besteht ein kausaler Zusammenhang. Exemplarisch sei angeführt, dass bei der Montage einer Toilettenschüssel in einem Badezimmer diese selbst oder die unmittelbar neben dem Montageort befindliche Badewanne durch die Tätigkeit des Handwerkers beschädigt wird. Im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung sind immer wieder Haftungsausschlüsse für derartige Schadenfälle zu verzeichnen, bzw. erheblich begrenzte Haftungssummen vorgesehen. Zur Begründung führen die Versicherer aus, dass es nicht ihnen obliege Pfusch und Schlampigkeit der ausführenden Handwerker zu verantworten.
Bereits in dem vorbenannten Aufsatz in der Ausgabe 3/2017 wurde auf die GEFMA Richtlinie „Zivilrechtliche Haftung und Versicherung im FM“ – 330-1 hingewiesen. Zu 5.3.1.6 (Tätigkeitsschäden/Bearbeitungsschäden) wird hierin ausgeführt: „Erfahrungsgemäß kann die Aussage getroffen werden, dass der weitaus überwiegende Teil aller Sachschäden im FM- Bereich versicherungstechnisch als Tätigkeitsschäden eingestuft werden. Ein Tätigkeitsschaden liegt vor, wenn auf die beschädigte Sache bewusst und gewollt eingewirkt wird. Eine bloß zufällige Einwirkung reicht hingegen nicht aus. Exemplarisch nennt die Klausel (Ziffer 7.7 AHB) Bearbeitung, Reparatur, Beförderung, Prüfung. Bei unbeweglichen Sachen gilt nur der Schaden im unmittelbaren Einwirkungsbereich als Tätigkeitsschaden, während bei beweglichen Sachen der Schaden in Gänze als Tätigkeitsschaden anzusehen ist. Weiterhin ist auch zu beachten, dass
die Beschädigung von Sachen, welche zur Durchführung der geschuldeten FM-Leistungen als Hilfsmittel etc. benutzt werden, auch als Tätigkeitsschäden anzusehen ist. Bei Wahl der Versicherungsnummer ist zwingend zu berücksichtigen, dass auch der aus einem Tätigkeitsschaden resultierende Vermögensfolgeschaden dem Tätigkeitsschaden zugeordnet wird.“
Fazit
Auch wenn es noch so häufig gesagt wird, scheint es immer wieder erforderlich daran zu erinnern, dass Verträge zwischen den Parteien bindend sind und dass Gerichte erwarten, dass mit dem Vertragsschluss einhergeht, dass die verabredeten Regelungen den Parteien bekannt sind und in der tatsächlichen Umsetzung die vertraglich eingeforderten Vorgaben erfüllt werden.