Das Büro der Zukunft
Dass sich die Investition in neue Arbeitswelten lohnt, zeigen zahlreiche Statistiken
zu Wohlgefühl und Motivation des Mitarbeiters und damit zur Performance des Unternehmens. Räumliche Veränderungen bilden einen wertvollen Rahmen für moderne und zukunftsorientierte Arbeitsmethoden. Eine pauschale Antwort für die richtige Arbeitswelt gibt es zwar nicht, jedoch können Unternehmer wie Architekten vieles richtigmachen.
Neue Arbeitswelten: Warum?
Es gibt zwei Hauptgründe, die ein Unternehmen zur Planung neuer Arbeitswelten bewegen – häufig ist es eine Kombination beider. Entweder es besteht der Bedarf nach mehr Arbeitsplätzen unter dem Gesichtspunkt der Flächeneffizienz, Nachhaltigkeit und Kostenoptimierung. Oder es soll eine Aufwertung und zeitgemäße Anpassung der Arbeitsplätze stattfinden, sodass diese den heutigen Arbeitsmethoden und Erwartungen der Arbeitnehmer gerecht werden. Denn die Attraktivität des Arbeitsplatzes ist heute ein wesentlicher Entscheidungsfaktor für Bewerber. Die Teeküche zeigt beispielhaft, wie sich der Wandel im Raum bereits vollzog. Noch vor wenigen Jahren beschränkte sich die informelle Kommunikation auf die Kantine. Die Teeküche, verhältnismäßig klein und dezentral im Büro integriert, diente vorwiegend als Kaffeespender. Heute ist sie ein wichtiger Treffpunkt, steht im Zentrum der Büroflächen und wird mit einer Lounge ausgeweitet, um die Verweildauer bewusst zu erhöhen.
Flexibilität und Sharing-Prinzip haben Zukunft
Vom Zellen- bis zum – möglicherweise sogar non-territorialen – Open Space-Büro erlebt(e) die Arbeitswelt die unterschiedlichsten Büroformen mit Vor- und Nachteilen. Heute sind reine Zellenbüros oft nicht mehr zeitgemäß, die blinde Nachahmung des Open Space-Konzeptes mit der bloßen Adaption von Hängematten und Spielwiesen ist aber auch keine allgemeingültige Lösung. Es bedarf einer fundierten Analyse der aktuellen und zukünftigen Anforderungen um wirklich zukunftsfähige Arbeitswelten zu erschaffen – in einer gesunden Mitte zwischen Flächeneffizienz und Arbeitsplatzqualität. Betrachtet man beispielsweise Abteilungen, die Diskretion und Vertraulichkeit fordern, gibt es aus architektonischer Sicht zwei Lösungs-wege, die auf die Ansprüche des Unternehmens und der Arbeitnehmer geprüft werden müssen: Die klare Separation durch einzelne Büros mit persönlicher Beratung im Raum oder ein offenes Gruppenbüro mit Besprechungspool und kleinen Beratungszellen, die nach dem Sharing-Prinzip funktionieren. In der Planung sollte der Architekt beide Möglichkeiten abwägen, damit der Nutzer auf zukünftige Veränderungen ohne großen Umbau-Aufwand reagieren kann. Die Zukunft liegt in dieser Flexibilität und in der Kombination vielseitiger Zonen, die Kommunikation ebenso zulassen wie Kontemplation.
Die beste Lösung: Das Zusammenspiel der Projektverantwortlichen
Die übergeordnete Steuerung des Projektes durch eine Person – idealerweise als dritte Instanz oder auf Seite des Architekten bzw. des Bauherren – ist von essentieller Bedeutung. Daneben gilt es alle Zuständigkeiten klar zu definieren. Beispielsweise kann das Umzugsmanagement der Mitarbeiter durch den Architekten oder den Bauherren erfolgen. Wichtig ist zudem, dass der Architekt mit verschiedenen Ebenen des Unternehmens agieren kann – er braucht einen Ansprechpartner für die operativen Themen (z.B. Projektleiter auf Bauherrenseite) sowie für strategische Themen (z.B. Geschäftsleitung, Change Management-Verantwortlicher).
Für die Planung neuer Arbeitswelten bedarf es der Berücksichtigung und Einbindung einer Vielzahl an Menschen, die es zu koordinieren gilt. Im Idealfall handelt es sich dabei um einen Querschnitt des Unternehmens. Konkret kann das in einem klassisch strukturierten Unternehmen die Geschäftsleitung für strategische, das Facility Management für operative Themen, das Marketing für Fragen der Markenrepräsentanz sowie der Innen- und Außendarstellung und die HR-Abteilung für Personalthemen und Belegungsplan sein. Zwei Szenarien verdeutlichen die unterschiedlichen Rollen des Architekten im Projektablauf.
„Die räumliche Konzeption folgt dem Wunsch nach struktureller Veränderung“:
Der strategische Anstoß zur grundlegenden Umstrukturierung kommt von der Geschäftsführung und impliziert ein Change Management. Von besonderer Bedeutung ist die frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter. Der Architekt ist Teil des Wandels und trägt mit der Planung der Raumkonzeption zum Veränderungsprozess bei.
„Eine Neustrukturierung ergibt sich aus der Not des Flächenbedarfs“: Der Anstoß erfolgt aus einem operativen Bedarf wie beispielsweise dem Mangel an Arbeitsplätzen heraus. Hier geht es zunächst um die Lösung einer konkreten Problemstellung. Daraus kann sich eine Neustrukturierung entwickeln, die je nach Umfang weitere Veränderungsprozesse ins Rollen bringt. Der Architekt kann hier als zukunftsgerichteter Impulsgeber und Berater beim Entwurf einer ganzheitlichen Konzeption fungieren.
Briefing und Rahmenbedingungen
Je präziser die wesentlichen Rahmenbedingungen zu Beginn geklärt sind, desto effizienter und ökonomischer kann das Projekt abgewickelt werden. Die Beeinflussbarkeit der Baukosten ist zu Beginn sehr hoch und sinkt im Laufe des Projektes. Mit der fundierten Abwägung und klaren Festlegung der drei Zielgrößen Zeit, Kosten und Qualität werden die erfolgsentscheidenden Weichen am Anfang gestellt. Das anfängliche Briefing bedeutet für den Architekten zudem, die Unternehmenswerte und -kultur zu verstehen, um sie in den Raum zu übersetzen.
Um die übergeordnete Frage „Was ist die richtig Lösung für dieses Unternehmen?“ beantworten zu können, bedarf es einer stichfesten Analyse. Sie bildet die Grundlage für ein erfolgreiches Raumkonzept. Im Folgenden finden sich einige wesentliche Fragen, die helfen, das Unternehmen zu definieren.
1. Wie ist die Bürostruktur des Unternehmens aktuell und wie soll sie zukünftig sein?
Welche Büroform wird bisher genutzt, was sind die Problemstellungen und was für Funktionen soll die Fläche zukünftig erfüllen?
2. Wie ist die bauliche Substanz?
Um den Budgetrahmen über das gesamte Projekt hinweg halten zu können, bedarf es zu Beginn einer klaren Abgrenzung des zu entwickelnden Bereichs sowie einer genauen Betrachtung der Gebäudesubstanz. So werden versteckte Kosten vermieden.
3. Was ist die Bauaufgabe?
Neubau und Bauen im Bestand stellen hinsichtlich der Rahmenbedingungen zwei völlig unterschiedliche Bauaufgaben dar. Im Bestandsgebäude kommt es darauf an, vorgegebene Strukturen wie Fassadenrasterung, Haustechnik sowie Brandschutzeinteilung zu erfassen und mit dem modernen Raumkonzept zu vereinen. Ein Neubau ermöglicht die Erschaffung einer Gebäudestruktur, die auf maximale Optimierung ausgelegt ist. Dazu zählt beispielsweise eine kluge Rasterung und Vorhaltung für eine spätere Nachrüstung von Trennwänden ohne große Umbauarbeiten oder die Integration der Haustechnik in die Betondecken.
4. Was sind die konkreten Nutzungs-anforderungen?
Zur Erarbeitung der Nutzungsanforderungen bieten sich verschiedene Methoden an, die – je nach Bedarf – zusätzlich vom Architekt geleistet werden können. In Workshops können Grundlagen zu Belegungsplanung, Prozessabläufen und Kommunikationswegen unter Beteiligung des Bauherren erarbeitet werden: „Wer arbeitet und kommuniziert wie mit wem auf welche Weise?“
Ebenfalls möglich sind thematisch strukturierte und regelmäßig in der Planungsphase stattfindende Arbeitskreise zu Themen wie „Büro“, „Sicherheit“, „IT“, die zielgerichtet Fragen beantworten. Der Architekt entwickelt aus diesen Erkenntnissen eine Planung, die die Funktionsabläufe optimal im Raum abbildet.
Involvement und interne Kommunikation
Zwei Begriffe, die aufgrund ihrer starken Wirkung hinsichtlich Akzeptanz und Freude an Umstrukturierungen gar nicht oft genug betont werden können. Es ist eine große Aufgabe, alle Mitarbeiter eines Unternehmens zufriedenzustellen. Die frühzeitige Sensibilisierung und Beteiligung der Mitarbeiter kann hier große Abhilfe schaffen. Diese sorgt nicht nur dafür, dass das Konzept alltagstauglich wird, sondern erzeugt zugleich ein positives Gefühl des Mitwirkens. Seien es oben angesprochen Arbeitskreise oder der Test von einzelnen Büromöbeln bis hin zu kompletten Arbeitswelten mit Open Space und Desk-Sharing-Prinzip.
Gleichzeitig bedarf es insbesondere bei großen Projekten einer klugen Kommunikations-Strategie. Sie kann die zahlreichen Vorteile herausstellen, verleiht das bedeutsame Gefühl des „Informiert-Seins“. Bereits ein dauerhaft installierter Stand, der Fragen beantwortet und das neue Projekt visuell oder grafisch ankündigt, kann Vorfreude erzeugen.
Mit digitalen Technologien wie Virtual Reality kann der Mitarbeiter sich sogar in die neue Arbeitswelt hineinversetzen.
Fazit
Ein guter Arbeitsplatz wird durch die richtige Balance zwischen Flächeneffizienz (m2 / AP), Funktionalität und Qualität definiert. Es gilt fünf Erfolgsfaktoren zu beachten: Hohe Funktionalität und Flexibilität, angenehme Raumakustik, gesunde Materialien, durchdachtes Corporate Design und vielseitige Aufenthaltsqualität.