Der FM-Vertrag: Chancen und Risiken
Der Vertrag über Facility Management-Leistungen (FM-Vertrag) ist das rechtliche Bindeglied zwischen Auftraggeber und FM-Dienstleister
(Auftragnehmer) und die Grundlage für meist langjährige Geschäftsbeziehungen. Bei der Vereinbarung oder bei Auseinandersetzungen zwischen den Partnern werden immer wieder ähnliche Fragen gestellt: Beispielsweise welche Rechtsnatur hat der FM-Vertrag? Oder welche Folgen haben Lücken im Vertrag?
Ausgangssituation nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
Wenn es um rechtliche Fragen geht, hilft häufig der Blick ins Gesetz. Leider ist das beim FM-Vertrag nicht unmittelbar der Fall. Das Bürgerliche Gesetzbuch, das aufgrund seines hohen Abstraktionsgrads seit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 1900 bis heute in weiten Bereichen unverändert ist, enthält verschiedene ausdrücklich geregelte Vertragstypen. So gibt es die klassischen Verträge wie Kaufvertrag, Mietvertrag, Dienstvertrag oder Werkvertrag. Diese typischen Verträge passen aber nicht auf alle Rechtsbeziehungen, die heutzutage üblicherweise in einem Vertragswerk geregelt werden. Der Gesetzgeber hat im BGB nur die aus seiner Sicht besonders wichtigen und oft benötigten Vertragstypen geregelt. Der Wirtschaftsverkehr und die rechtliche Praxis haben daher dazu geführt, dass sich neben den im Gesetz ausdrücklich benannten Vertragstypen neue Vertragstypen, insbesondere Mischformen, gebildet haben (zum Beispiel der Energieversorgungsvertrag, der Baubetreuungsvertrag oder der Leasingvertrag). Wegen des im deutschen Schuldrecht bestehenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit steht es den Vertragsparteien frei, einen Vertrag entsprechend ihren Wünschen auszugestalten und dadurch auch neue, im BGB nicht geregelte Vertragstypen zu vereinbaren.
Komplex gemischter Geschäftsbesorgungsvertrag
Der Auftragnehmer, der das Facility Management einer Immobilie übertragen bekommt, übernimmt meistens neben der Bestandspflege und Bewirtschaftung der Immobilie auch andere Aufgaben. So werden ihm häufig strategische Auf-gaben übertragen, wie zum Beispiel Immobilienmanagement, technisches Gebäudemanagement und Servicemanagement.
Der Auftragnehmer nimmt diese Tätigkeiten selbstständig wahr, allerdings im Interesse eines anderen. In der Regel plant er die ihm übertragenen Aufgaben eigenverantwortlich und führt sie für den Auftraggeber gegen das vereinbarte Entgelt aus. Soweit hinsichtlich seiner Leistung ein „Erfolg“, also ein konkretes Ergebnis, geschuldet ist, handelt es sich um ein werkvertragliches Element; soweit ein Erfolg nicht geschuldet ist, sondern die Erbringung einer Leistung als solcher im Mittelpunkt steht, handelt es sich um ein dienstvertragliches Element. Wie die einzelnen FM-Leistungen zu qualifizieren sind, hängt vorrangig von der konkret getroffenen Vereinbarung ab. Da der FM-Vertrag typischerweise sowohl Elemente des Werkvertragsrechts als auch des Dienstvertragsrechts umfasst und nur in seiner Gesamtheit ein sinnvolles Ganzes ergibt, spricht man juristisch von einem gemischten Geschäftsbesorgungsvertrag.
Der Geschäftsbesorgungsvertrag ist in § 675 BGB geregelt. Danach können neben den Vorschriften über den Dienstvertrag auch Vorschriften über den Werk-vertrag oder auch Vorschriften des Auftragsrechts Anwendung finden.
Vertragsgestaltung
Diese „Mischung“ aus verschiedenen Vertragstypen macht eine präzise Vertragsgestaltung unabdingbar. Der Auftraggeber muss sich dafür vorab Gedanken darüber machen, welche Inhalte oder Standards er in dem FM-Vertrag festgelegt haben möchte. Ausgangspunkt seiner Überlegungen müssen die vom Auftragnehmer zu übernehmenden Leistungen sein. Hat der Auftragnehmer z.B. Reinigungsleistungen zu erbringen, muss sich der Auftraggeber fragen, welche konkreten Regelungen er insoweit für erforderlich hält. Sollen etwa konkret 3 bis 4 Reinigungen von Fluren und Büroräumen pro Woche geschuldet sein oder sollen die Räume schlicht dauerhaft „sauber“ sein. Auch bieten sich bei einem Reinigungsvertrag beispielsweise Bonus-Malus Regelungen an. Hiernach kann für Schlechtleistungen dem Auftragnehmer ein Malus von seiner Vergütung abgezogen werden, bei guter Leistung kann ihm dagegen ein Bonus angerechnet werden. Der Vorteil einer solchen Gestaltung ist, dass den Vertragsparteien von vornherein die Voraussetzungen und Rechtsfolgen von Qualitätsabweichungen bekannt sind.
Im FM-Vertrag kann der Auftraggeber die Qualität, Quantität und Leistungsstandards der geforderten Leistung in Service Level Agreements (SLA) festlegen. Dadurch lassen sich Unsicherheiten hinsichtlich der geschuldeten Leistung beseitigen und ein eigenes „Sanktionssystem“ aufbauen. Gerade bei der Vereinbarung von Bonus-Malus Regelungen muss dabei allerdings streng auf die Wirksamkeit der jeweiligen Klauseln im Vertrag geachtet werden und sichergestellt sein, dass es keine Kollision mit den gesetzlich vorgesehenen Mängelgewährleistungsrechten der jeweiligen Vertragsart gibt.
Unentbehrlich sind klare Bestimmungen über die beiderseitigen Leistungsverpflichtungen (ggf. in einem separaten Leistungsverzeichnis) und die Folgen von Vertragsverletzungen, ferner die Vergütungspflichten und Regelungen bei Leistungsänderungen.
Der Auftraggeber muss jeweils prüfen, welche vertragliche Gestaltung seinem Interesse am besten entspricht. Ergibt es etwa Sinn, Regelungen zu einer Selbstvornahme oder zu einer Nachbesserungsverpflichtung aufzunehmen? Welche Sanktionsregelungen (Vertragsstrafen, Bonus-Malus Regelungen, pauschalisierte Schadensersatzregelungen, Kündigungsmöglichkeiten) hält der Auftraggeber für erforderlich und welche können kombiniert werden ohne die Wirksamkeit der Vereinbarung zu gefährden?
Rechtsprechung
Nach einer Entscheidung des BGH (Urteil vom 10. Juni 1999, VII ZR 215/98), hängen die Rechtsnatur und das anwendbare Vertragsrecht vorrangig von den getroffenen Vereinbarungen ab. Diese bestimmen in erster Linie, welche Rechtsvorschriften im Streitfall oder bei der Auslegung des Vertrages anzuwenden sind. Danach kann beispielsweise auch dann Werkvertragsrecht anwendbar sein, wenn der Auftragnehmer zwar nicht ausschließlich erfolgsorientierte Aufgaben übernommen hat, diese aber derart überwiegen, dass sie den Vertrag prägen. Unerheblich für die Entscheidung, welches Recht Anwendung findet, ist die Bezeichnung des Vertrags. Auf die Frage, welche Vertragsart eine Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer dominiert kann im Streitfall von zentraler Bedeutung und mit hohen finanziellen Risiken verbunden sein. Fehleinschätzungen in diesem Bereich sind erfahrungsgemäß ähnlich häufig und folgenreich wie unbemerkt unwirksame Vertragsklauseln.
Lückenhafte Vertragsgestaltung: Folgen und Risiken
Problematisch ist deshalb, wenn die Gestaltung eines FM-Vertrags eine Regelungslücke enthält und unklar ist, ob die konkrete Frage nun nach Werk- oder nach Dienstvertragsrecht zu beurteilen ist. Dies ist insbesondere dann von entscheidender Bedeutung, wenn die in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Fragen der Haftung, Verjährung, Fälligkeit und Sicherung der Vergütung, des Kündigungsrechts und der Kündigungsfolgen, hängen immer von der rechtlichen Einordnung als Werk- oder Dienstleistungsvertrag ab. Je nach Qualifikation ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen.
Zum Beispiel kann der Auftraggeber nach Werkvertragsrecht bei einer mangelhaften Werkleistung die vereinbarte Vergütung verweigern und hat das Recht, Nacherfüllung zu verlangen. Im Dienstvertragsrecht begründet dagegen eine mangelhafte Dienstleistung kein Minderungsrecht und kein Leistungsverweigerungsrecht, da das Dienstvertragsrecht keine Gewährleistung kennt. Es ist deshalb von Bedeutung, ob 3 bis 4 Reinigungen pro Woche oder „saubere“ Räume geschuldet sind [1].
Fazit
Der FM-Vertrag stellt hohe Anforderungen an die Partner im FM. Er hat komplexe rechtliche und technische Sachverhalte zum Gegenstand und erfordert sowohl das Verständnis für die FM-Praxis als auch einen hohen Spezialisierungsgrad bei der Vertragsgestaltung. Der FM-Vertrag muss so gestaltet werden, dass die rechtlichen Beziehungen und Leistungen zwischen den Vertragsparteien präzise und möglichst vollständig geregelt sind [2]. Nur so können langjährige Geschäftsbeziehungen auf eine rechtliche solide Grundlage gestellt und spätere Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.
das immer wieder Anlass für rechtliche Auseinandersetzungen um hohe Geldbeträge gibt. Der Versuch „sauber“ zu definieren, gehört insoweit zu den eher amüsanten Details und dem Autor ist bewusst, dass das Beispiel eher der Illustration dient und keine empfehlenswerte Alternative zu festgelegten Reinigungsintervallen darstellt.[2] Bei Musterverträgen sei an dieser Stelle zu Vorsicht geraten. Selbst sehr gute Versionen, wie der GEFMA Mustervertrag können nur als Grundlage für die weitere Konkretisierung im Einzelfall dienen und können bei allzu sorglosem Umgang genau die Ergebnisse nach sich ziehen, die sie vermeiden wollen – Rechtsunsicherheit.