BIM im Hochbau
Anfang Februar überraschte die Meldung über einen Runderlass des Bundesbauministeriums an 16 Bauverwaltungen der Länder, nach dem „ab sofort bei neuen zivilen Neu-, Um- und Erweiterungsbauvorhaben mit einem geschätzten Baukostenvolumen ab 5 Mio. Euro“ zu prüfen ist, ob eine digitale Unterstützung im Sinne der Anwendung von Building Information Modeling-Methoden (BIM) auch im Hochbau sachdienlich sein könnte. Mit dieser Vorgabe möchte das BMUB (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit) eine Vorbildfunktion wahrnehmen, um dem digitalen Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden zum Durchbruch zu verhelfen, sowie das Bauen effizienter zu machen.
Der Nutzen der digitalen Vernetzung ist unbestritten. Mit diesem Startsignal des BMUB werden aber auch gleichzeitig die erheblichen Qualifizierungsbedarfe deutlich, sowohl auf Seiten der öffentlichen Auftraggeber als auch innerhalb der Wertschöpfungskette Bau. Doch welcher Strukturwandel könnte durch die Digitalisierung auf Hersteller, Anlagenbauer und Dienstleister in der Gebäudetechnik zukommen? Welche Reformen im öffentlichen Ausschreibungswesen sind nötig? Wie kann sichergestellt werden, dass wesentliche Impulse nicht nur von den größeren Unternehmen ausgehen, sondern auch die mittelständischen Unternehmen den Weg des digitalen Wandels meistern? Diesen Fragen gingen die Teilnehmer des VDMA-Forums Gebäudetechnik am 29. Mai 2017 in Berlin nach.
Einigkeit herrschte auf dem VDMA-Forum bei der Forderung, dass BIM nur dann funktionieren könne, wenn ein standardisierter, strukturierter und offener Datenaustausch möglich ist. Der Datenaustausch müsse ohne jegliche Marktbarrieren und ohne Monopolisierungsabsichten von Herstellern und Softwareanbietern gewährleistet werden. Wichtig sei auch, dass die BIM-Methode nicht nach der Fertigstellung des Gebäudes ad acta gelegt werde, betonte Lothar Fehn Krestas (BMUB): „Es geht bei BIM nicht nur um das physische Bauwerk. Wir benötigen auch quasi eine Betriebsanleitung und eine saubere Dokumentation. Ich habe die Hoffnung, dass die digitalisierten Planungsprozesse auch die Übergabe, Inbetriebnahme und den laufenden Betrieb eines Gebäudes optimieren werden.“ Soweit die Theorie, in der Praxis sei aber „noch viel Luft nach oben“. Auch wenn viele Aspekte im Zusammenhang mit BIM noch nicht geklärt sind, so warnte Lothar Fehn Krestas davor, sich zu viel Zeit bei der Umsetzung im eigenen Unternehmen zu lassen und darauf zu warten, bis alle Verordnungen, Empfehlungen und Rahmenbedingungen geklärt seien. „Fangen Sie an! Es kann für ein Unternehmen zwar eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung sein zu sagen: Ich lasse den ganzen BIM-Quatsch. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die Ecke, in der man mit dieser Haltung wirtschaftlich erfolgreich sein kann, in naher Zukunft deutlich kleiner werden wird.“
Auch der Bund will nun anfangen, BIM als Planungsmethode einzusetzen. Ob der erwähnte Runderlass tatsächlich ein Weckruf für die Landesbehörden und ein Vorbild für die Baubranche sein wird, wird sich zeigen – DER SPIEGEL (22/2017) kritisierte die Formulierungen bereits als „wachsweich“, weil keine Verpflichtung zur Umsetzung besteht, sondern lediglich die Prüfung der Anwendung digitaler Planungsinstrumente erwartet wird. Lothar Fehn Krestas machte in Berlin aber deutlich, dass es nicht nur bei der Prüfung bleiben werde. Mit dem Humboldtforum, dem PTB Walther Meißner Bau, dem Bundesamt für Strahlenschutz und der Deutschen Botschaft Wien gebe es auch bereits erste Pilotprojekte.
Es gibt aber noch viel zu tun. Das wurde beim Vortrag von Torsten Wenisch, AMEV-Vorsitzender, deutlich. Der AMEV – Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen – hatte auf seiner Frühjahrstagung eine Umfrage zum Thema BIM durchgeführt. Dabei wurde deutlich, dass in den deutschen Bauverwaltungen ebenfalls noch viel „Luft nach oben“ ist, was die Umsetzung von BIM betrifft. 78 % gaben an, noch gar keine Erfahrungen mit BIM gesammelt zu haben und auf die Frage, ob es einen Zeitplan für eine umfassende Nutzung der BIM-Methode gebe, herrschte zumindest Einigkeit: 100 % antworteten mit Nein.
Wie für VDMA-Forum Gebäudetechnik nicht anders zu erwarten war, sprachen sich die Anwesenden – zu Recht – dafür aus, dass die Gebäudetechnik der Treiber für die BIM-Methode sein müsse. „Wir sind die Digital Natives in der deutschen Baubranche; wir beherrschen digitale Planungsmethoden und können und müssen die Vorreiterrolle übernehmen“, war es selbstbewusst von VDMA-Vertretern zu hören. Hierfür sei es aber erforderlich, dass die Gebäudetechnik – und zwar als geeinte Kombination aus TGA und Gebäudeautomation, wie Werner Schulte (Leiter Technisches Marketing bei Viega) betonte – viel stärker als bisher im frühzeitigen Planungsprozess berücksichtigt werde, anstatt wortwörtlich nur die Nischen zu besetzen, die die Architekturplanung übriglässt.
Was heißt das nun für Planer, Anlagenbauer, Hersteller und das Handwerk? Die Teilnehmer des VDMA-Forums machten hierzu – neben den bereits formulierten – weitere klare Aussagen:
·BIM ist definitiv der Schlüssel, um die Bauindustrie effizienter zu machen.
·Die BIM-Methode muss nicht zwangsläufig zu Kosteneinsparungen führen, aber sie reduziert das Risiko, dass etwas schiefläuft.
·BIM ist Chance und Risiko zugleich. Viele Kunden fordern BIM bereits ein. Wer als Baubeteiligter dann nicht „liefern“ kann, ist schnell aus dem Rennen.
·Das Thema IT-Sicherheit wird bei digitalisierten Planungsprozessen zwangsläufig an Bedeutung gewinnen und darf nicht unterschätzt werden.
Das Fazit des VDMA in Berlin lautete: „BIM ist keine Eintagsfliege und keine Entwicklung, die man einfach aussitzen kann. BIM wird kommen und bleiben – und zwar mit der Gebäudetechnik als Schlüsselposition für eine erfolgreiche Umsetzung.“