Nachhaltigkeits-Experten dringend gesucht
Am Thema Nachhaltigkeit führt kein Weg mehr vorbei. Jobsuchende achten verstärkt darauf, wie der Arbeitgeber es in Sachen Umweltschutz, Menschenrechte oder ethisches Handeln hält. Dasselbe gilt für Verbraucher. Unternehmen, die diese Argumente noch nicht überzeugen, sind unter Umständen bald verpflichtet, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Für die Entwicklung und Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie benötigen sie Fachkräfte mit speziellem Know-how.
Die Analyse von 343 Stellenangeboten für den Dekra Arbeitsmarktreport 2024 zeigt: Nachhaltigkeits-Experten werden in fast allen Branchen gesucht. Sie benötigen meist eine akademische Ausbildung und sollten die gängigen Standards und Normen kennen. Wer sich für eine Stelle im Nachhaltigkeitsmanagement interessiert, muss zudem kommunikationsstark sowie teamfähig sein und bei Bedarf auch hinstehen können. Im Gegenzug locken viele Benefits, wie Weiterentwicklungsmöglichkeiten und flexible Arbeitszeiten.
Die Motivation, warum sich Unternehmen mit ihrer Nachhaltigkeit beschäftigen, ist unterschiedlich. Eines steht aber fest: Mit der EU-Berichtspflicht werden ab 2026 erheblich mehr Unternehmen darüber Rechenschaft ablegen müssen, welche Maßnahmen sie im Bereich der Umwelt, Sozial- und Arbeitnehmerbelange oder zur Korruptionsbekämpfung umsetzen (ESG). Für den Arbeitsmarktreport der Dekra Akademie wurden 343 Stellenangebote analysiert, um herauszufinden, welche Aufgaben Jobsuchende erwarten und welche Kompetenzen sie haben sollten. Von A wie Anlagenbau bis W wie Wohlfahrtspflege sind in der Stichprobe fast alle Branchen als zukünftige Einsatzorte der Fachkräfte vertreten. Auffällig viele Stellen schreiben jedoch Dienstleister bzw. Beratungsunternehmen aus. Sie haben – alle Spezialisierungen zusammengenommen – einen Anteil von 30,9 %. Insbesondere Wirtschaftsprüfungen haben viele offenen Positionen zu besetzen (14,9 %). Für sie ergibt sich aus der ESG-Berichtspflicht ein neues Geschäftsfeld, denn Nachhaltigkeitsberichte müssen extern geprüft werden.
An zweiter Stelle folgt die Finanzdienstleistungsbranche (8,7 %). Nachhaltigkeit betrifft das ganze Unternehmen In absehbarer Zeit sind fast alle kapitalmarktorientierten Unternehmen zur Berichterstattung nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet. Ein Schwerpunkt der gesuchten Fachkräfte liegt dementsprechend darauf, den Nachhaltigkeitsbericht und andere ESG-Reportings zu erstellen. Viele Organisationen scheinen noch am Beginn des Prozesses zu stehen. Hier sollen die Nachhaltigkeitsexperten zunächst eine Strategie entwickeln. Ein effektives Nachhaltigkeitsmanagement steht und fällt mit validen Daten. Sie sind die Voraussetzung, um überhaupt eine Strategie mit messbaren Zielen entwickeln zu können. Diese Daten zu erfassen und auszuwerten ist ein wichtiger Bestandteil im Arbeitsalltag der Fachkräfte. Sie tauschen sich hierfür kontinuierlich mit anderen Abteilungen aus. Dies schließt Schulungen mit ein, um Bewusstsein für die ESG-Belange zu schaffen und für die Folgen des eigenen Handelns zu sensibilisieren.
BWL-Kenntnisse als gute Basis
Ins Nachhaltigkeitsmanagement führen unterschiedliche Wege, aber fast alle Arbeitgeber setzen einen Hochschulabschluss voraus. Wer hier arbeitet, sollte zahlenaffin sein. Ein wirtschaftswissenschaftliches Studium ist in diesem Umfeld eine sehr gute Basis; ein solches ist für gut jede zweite Position gewünscht (54,5 %).
Allerdings nennen Arbeitgeber in den Anforderungsprofilen oft weitere Studiengänge, die alternativ infrage kommen. Alle anderen Abschlüsse folgen mit deutlichem Abstand: Etwa der Wunsch, dass Bewerbende ein Studium in Ingenieurwissenschaften oder im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement vorweisen können (20,7 bzw. 19,0 %). Vergleichsweise selten wird allgemein eine „Ausbildung“ als Anforderung angesprochen. Zum Handwerkszeug gehören zudem Standards und Sprachkenntnisse: Nachhaltigkeitsmanager sollten die Richtlinien rund um die Berichterstattung beherrschen (54,8 %); so etwa die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die festlegen, wie Berichte aufgebaut sein müssen. Kaum ein größeres Unternehmen agiert mehr ausschließlich auf nationaler Ebene und zumindest die Lieferketten sind international. Englisch gehört deshalb per se zum Beruf: Arbeitgeber betonen oft, dass sie sehr gute Kenntnisse in Wort und Schrift oder Englisch allgemein voraussetzen (43,4 bzw. 20,4 %).
Erklären, überzeugen und auch mal Rückgrat zeigen
Kommunikationsstärke ist im Nachhaltigkeitsmanagement eine Grundvoraussetzung. Idealerweise sind Jobinteressierte zugleich teamfähig und motiviert. In der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen oder externen Parteien müssen sie ihr Anliegen gut vermitteln können. Um mögliche Vorbehalte zu überwinden, braucht es Motivation, Überzeugungskraft und – wenn nötig – auch ein gewisses Durchsetzungsvermögen. Der Erfolg im Nachhaltigkeitsmanagement wird nicht allein am Schreibtisch entschieden. Oft sind Meetings und Begutachtungen an anderen Standorten nötig. Beschäftigte sollten deshalb bereit sein, auch Geschäftsreisen zu unternehmen. Weiterentwicklung inklusive Die Tätigkeit ist anspruchsvoll und auf die Fachkräfte wartet ein bunter Strauß an Zusatzleistungen. Sechs von zehn der zukünftigen Mitarbeitenden können mit Weiterbildungen sowie attraktiven Möglichkeiten rechnen, ihre Arbeitszeit zu gestalten. Bei jeder zweiten Position besteht außerdem die Option, zumindest teilweise im Homeoffice zu arbeiten. Weitere Zusatzleistungen beziehen sich auf eine ausgewogene Work-Life-Balance und Gesundheit. Fahrrad-Leasing oder eine Bahncard sind Möglichkeiten, entspannt an den Arbeitsplatz zu kommen (28,9 bzw. 10,8 %) – und zugleich Benefits, mit denen Arbeitgeber ihre CO2 -Bilanz verbessern. „Nachhaltigkeit ist ein vergleichsweise junger Fachbereich, in dem viele Stellen geschaffen werden,“ erklärt Katrin Haupt, Geschäftsführerin der Dekra Akademie. „Es ist ein Zukunftsthema, das Fachkräften aus unterschiedlichen Bereichen interessante Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bietet, wenn sie sich spezielle Zusatzkenntnisse aneignen.“