Nachhaltiges Bürogebäude
Mit dem neuen Bürokomplex „Werkquartier am Guten Freund“ in Aachen vollendet die Landmarken AG erfolgreich die Umwandlung einer Militärbrache hin zur zivilen, urbanen Nutzung und ging dabei in Planung und Bau neue Wege: Denn das neue Werkquartier 1 wurde in Modulbauweise realisiert. Innerhalb von nur 18 Monaten nach Auftragsvergabe ergänzt nun ein hochwertiges, fünfgeschossiges Verwaltungsgebäude das bereits bestehende Quartier.
Das sogenannte „Werkquartier am Guten Freund“ ist ein vom Aachener Büro pbs architekten entworfener Bürokomplex, der aus zwei fünfgeschossigen Bauteilen inmitten großzügiger Grünanlagen besteht. Das Besondere dabei: Obwohl beide Bauten einander gleichen, wie ein Ei dem anderen, ist das Werkquartier 1 nicht massiv, sondern aus Stahl-Modulen gebaut. „Die Anforderung, dass das Gebäude sehr kurzfristig bezugsfertig sein musste, führte schnell zur Entscheidung für den Modulbau“, erläutert Arthur Kochel, Unit-Leiter bei der Landmarken AG. „Der Modulbau ist eine zukunftsweisende Alternative zur konventionellen Bauweise ist, weil die Bauzeiten vor Ort einfach erheblich kürzer sind. In der Regel kann man bei einem zwei- bis dreigeschossigen Bauwerk von ca. fünf bis zehn Montagetagen und einer Gesamtausbauzeit von rund drei bis fünf Monaten planen.“
Integrale Planung
Zwar sollte im Idealfall die Entscheidung für die Modulbauweise so früh wie möglich getroffen werden, damit Architekten und Generalunternehmer bereits von Anfang an Hand in Hand planen können. Doch auch systemunabhängige Entwürfe sind modular umsetzbar. Voraussetzung dafür sind ein gutes Planungs-Team und zielorientierte, professionelle Akteure.
Zusammen mit pbs architekten wurde unter der Leitung des Architekten Olaf Peters der Entwurf für das rund 9.600 m² umfassende Bürogebäude dem Alho Modulbauraster angepasst. Parallel zum Ausheben der Baugrube auf felsigem Grund, dem Setzen der Fundamente bzw. den Rohbauarbeiten für eine Teilunterkellerung – all das ebenfalls von Alho projektiert und umgesetzt – ging es im März 2020 an die Vorfertigung der insgesamt rund 220 Stahlmodule. „Rund 30 Stahl-Module mussten grundrissbedingt abweichend vom Standardraster trapezförmig zulaufend konstruiert werden“, berichtet Alho Projektleiter Björn Schleifenbaum. Und durch die integrale Planung treffen alle Fachdisziplinen von Anfang an zusammen, alle Entscheidungen werden im Vorfeld gebündelt. Außerdem stellt ein durchgängiges Qualitätsmanagement sicher, dass Fehler von Anfang an vermieden werden.
Auch Olaf Peters sieht in der seriellen Vorproduktion der Module im Werk den Schlüssel für die hohe Modulbauqualität, und die damit verbundene verkürzte Bauzeit vor Ort als großen Vorteil – nicht nur für die Bauherren, auch für die Architekten: „Die eingespielte serielle Produktion im Werk minimiert potentielle Fehler und bauablauf-störende Witterungseinflüsse können weitestgehend ausgeschlossen werden. Diese Produktionsweise ermöglicht eine gesteigerte Ausführungsqualität. Nach dem Aufstellen der Module steht ein bereits weit ausgebauter Rohbau auf der Baustelle, denn Fensterelemente, Trennwände und Sanitäreinheiten werden bereits ab Werk eingebaut. Vor Ort kann dann direkt mit den weiteren Ausbauarbeiten und der technischen Gebäudeausrüstung begonnen werden.“
Hochwertige Materialien
Dass die Modulbauweise auch in Sachen Fassadengestaltung konventionell errichteten Gebäuden in nichts nachsteht, zeigt das Werkquartier 1 sehr deutlich, denn es wurde gestalterisch identisch zum massiv errichteten Werkquartier 2 geplant: Keramische Klinkerriemchen in Floating-Buttering-Verfahren im sogenannten „wilden“ Verband verlegt und mit liegenden schmalen Fensterbändern gegliedert, strukturieren die großen Gebäudeflächen. Graue Alufelder lockern die strenge Fensterreihung auf und sorgen für einen spannungsvollen Materialwechsel. Die zum Atrium hin weiß verputzte Innenfassade sorgt für einen überraschenden Kontrast und eine freundliche Aufenthaltsatmosphäre „Architektonisch ging es vor allem darum, eine schlichte Gleichförmigkeit oder eine rein additive Gestaltung auf Basis der Module zu vermeiden“, erläutert Olaf Peters. „Es sollte eben keine Assoziationen mit einem „Plattenbau“ aufkommen – Vorurteile gegenüber der Modulbauweise, die immer noch in einigen Köpfen sind. Dieses Ziel haben wir gemeinsam mit dem Bauherrn und Alho über die Fassadengestaltung und wenige, aber wirkungsvoll gesetzte Akzente erreicht.“
Hochwertige Materialien kennzeichnen auch die hellen, lichtdurchfluteten Innenräume des Büro- und Verwaltungsgebäudes, die mit strapazierfähigen und pflegeleichten Bodenbelägen wie Keramikfliesen, Vinyl und Nadelflies ausgestattet wurden.
„Im Sinne einer großzügigen Raumwirkung haben wir sehr stark darauf geachtet, nur wenige Stützen im Innenbereich zu zeigen“, berichtet Arthur Kochel. Im Erdgeschoss beeindruckt das über 100 m² und nahezu stützenfrei konstruierte Foyer sowohl Besucher als auch Mitarbeiter: Über eine großflächige Pfosten-Riegel-Glasfassade leitet es visuell direkt in den grünen Innenhof über. Und auch im 4. OG befindet sich an der nördlichen Gebäudespitze ein 113 m² großer ebenfalls stützenfrei konstruierter Saal. Mit seinem großen Eingangsfoyer, dem praktischen Stuhllager hinter Faltwänden, vor allem aber dem grandiosen Blick über Aachen bietet er den perfekten Rahmen für repräsentative Meetings. „Wir sind sehr zufrieden, wie unsere Wünsche letztendlich umgesetzt wurden“, bestätigt Kochel.
Baulich flexibel
Drei Treppenhaus- und Aufzugsanlagen stellen die barrierefreie Erschließung der vier Obergeschosse sicher. Sie steuern bereits die derzeit noch ungenutzte Flachdachfläche des Gebäudes an, wo in einer späteren Erweiterung einmal ein Rooftop-Garden mit Flugdach für stimmungsvolle Events über den Dächern der Stadt entstehen soll. Baulich flexibel sollte auch die Grundrissorganisation bleiben: Obwohl derzeit alle Geschosse stringent mit sich aneinanderreihenden Büro- und Besprechungsräumen und ergänzt um Teeküchen, Sanitär- und Nebenraumzonen aufgebaut sind, erlaubt das Modulbausystem mit seiner freitragenden Stahlskelettstruktur und den nichttragenden Wänden eine hohe Flexibilität. Schnell und unkompliziert können Wände versetzt oder geöffnet werden, auch das Aufstocken und Anbauen ist ohne viel Schmutz und Lärm jederzeit möglich.
„Die optimierte Modul-Vorproduktion im Werk minimiert den Ressourcenverbrauch sowie Verschnitt und Abfälle, die extrem verkürzte Bauzeit vermindert die Verkehrs- und Lärmbelastung der Umgebung“, kommentiert Peters vor allem auch Nachhaltigkeitsaspekte. „Stahl als Baustoff mit seinem hohen Recyclinganteil wirkt sich positiv auf die Nachhaltigkeit aus, ebenso die potenzielle Rückbaubarkeit des Gebäudes bei gleichzeitig hohem Wiederverwertungspotential der zuvor verbauten Materialien und Modulstruktur. Somit beinhaltet die modulare Bauweise wesentliche Aspekte von Cradle to Cradle bzw. eines Circular-Economy-Prinzips.“
Zudem schafft die flexible Anpassungsfähigkeit der Gebäude an den aktuellen Raumbedarf maximale Flächeneffizienz und prädestiniert die Modulbauweise für die urbane Nachverdichtung und somit für die Nutzung bereits vorhandener Strukturen – ein ebenfalls wichtiger Aspekt nachhaltigen Agierens.
Das Quartier
Bereits 2018 wurde auf dem benachbarten Grundstücksteil das öffentlich geförderte und mit mehreren Preisen ausgezeichnete Wohnquartier „Guter Freund“ realisiert. Das heterogene Nutzungsangebot der Landmarken Quartiere schließt immer auch zusätzliche Angebote mit ein – etwa Kinderbetreuung, Seniorentagespflege, Einzelhandel oder Bauten für Büro und Verwaltung.