Mehr als nur New Work
1965 eröffnete Siemens im Süden der Stadt Erlangen sein Forschungsgelände. Das gesamte Areal wird bis 2030 zu einem lebendigen Stadtteil mit attraktiver Campusstruktur, zeitgemäßen Gebäuden, moderner Büroinfrastruktur sowie mit großzügigen Grünflächen und Freibereichen entwickelt werden. Realisiert wird der Campus von Siemens Real Estate, dem Immobilienunternehmen von Siemens, in mehreren Modulen.
Hier wurden bereits tausende Innovationen erprobt und zur Serienreife gebracht. Auf dem geschlossenen Areal, größer als 75 Fußballfelder, befanden sich einst sogar Teststrecken für die Vorläufer des Transrapids sowie von Hochbahnen. Doch im Jahr 2013 fasste Siemens den Beschluss, das komplette Areal umzugestalten, zu öffnen und zu einem zukunftsweisenden Campus zu entwickeln. „Wer baut, der bleibt“, freute sich der damalige Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer bei der Bekanntgabe über das langfristige und klare Bekenntnis von Siemens zum Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Erlangen.
Aus dem anschließenden Architekturwettbewerb als Grundlage für Städtebau und Realisierung der Gebäude ging der Entwurf des Frankfurter Architekturbüros KSP Jürgen Engel Architekten als Gewinner hervor. Der Entwurf bildet die Grundlage für die Umgestaltung des Areals zu einem lebendigen Stadtteil mit attraktiver Campusstruktur, zeitgemäßen Gebäuden, moderner Büroinfrastruktur eingebettet in großzügige Grünflächen und Freibereiche.
Mitte 2016 starteten die ersten Abrissarbeiten. Im Dezember des Jahres erfolgte die feierliche Grundsteinlegung und damit der Beginn der Bauarbeiten. Mittlerweile ist das erste Modul fertig und steht für die Siemens-Mitarbeiter bereit: Und bereits hier ist das Flair des zukünftigen Campus zu spüren! Die Erdgeschosse sind öffentlich zugänglich und laden Sie mit vielfältigen Restaurants und Cafés, Serviceangeboten und großzügigen Frei- und Grünflächen zum Verweilen ein. In der Regel befinden sich ab dem 1. Stock die neuen Arbeitsplätze in modernen und agilen Arbeitswelten.
Die Gebäude bieten ein breites Spektrum an Möglichkeiten, den Arbeitstag so zu gestalten, wie es die jeweilige Aufgabe erfordert. In den jeweils vier Obergeschossen der Bürogebäude befinden sich die Homezones der Abteilung mit Funktionszonen wie beispielsweise Think Tanks, Copy&Print sowie Meet&Talk. Die Büroflächen sind außerdem mit Lounges sowie mit komfortablen Sitz- und Collaborationsmöbeln ausgestattet, die sich ideal für informelle Kommunikation mit Ihren Kollegen eignen.
Neben den Arbeitswelten von Siemens soll der Campus auch andere Nutzungen, wie Teile der Universität, ein Schulungszentrum und Wohnbauten integrieren. Der erste von insgesamt acht Bauabschnitten ist von 7000 Mitarbeiter:innen bezogen worden und zeigt bereits, dass sich hier nicht nur eine neue Arbeitswelt, sondern ein neuer Stadtteil formt.
Modular geplant, um zu Arbeiten und zu Leben
Der Siemens Campus Erlangen wird stufenweise in mehreren Modulen entwickelt. In insgesamt acht Modulen wird eine Fläche von 54 Hektar bebaut. Der Entwurf von KSP Engel brachte dem Architekturbüro im eingeladenen, städtebaulichen Wettbewerb 2015 den ersten Preis ein. Er zeichnet sich dadurch aus, dass die einzelnen Module, deren stufenweise Realisierung vorgesehen ist, bereits in sich funktionierende kleine Quartiere bilden. Die Idee basiert auf einem robusten System aus einer Blockstruktur, deren Baukörper sich entlang grüner Achsen zu einem Stadtteil aufreihen. Die Erdgeschosszone soll durch Gastronomie und Serviceangebote aktiviert werden. Ziel ist es, aus dem zuvor abgeriegelten Areal einen offenen und lebendigen Stadtteil zu entwickeln. KSP Engel wurden nicht nur mit der Ausarbeitung des Masterplans beauftragt, sondern auch mit der Generalplanung für die Hochbauten der ersten zwei Bauabschnitte.
Im Modul 1 sind die ersten Mitarbeiter bereits eingezogen. In Modul 2 laufen die Bauarbeiten auf Hochtouren. Sie sollen bis zum Jahresende abgeschlossen sein. In Modul 3 fand Anfang Oktober 2020 die Grundsteinlegung für das neue Laborgebäude statt.
Parallel dazu haben inzwischen die notwendigen Genehmigungsverfahren für das Modul 8 begonnen und der Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschuss von Erlangen hat den Aufstellungsbeschluss erteilt. Nach Durchlaufen der weiteren notwendigen Stufen des Planungs- und Genehmigungsverfahrens soll hier 2023 mit den Bauarbeiten begonnen werden.
Das erste fertiggestellte Modul grenzt im Osten an die Bahngleise, die es in einer zweiminütigen S-Bahnfahrt mit dem Hauptbahnhof Erlangen verbinden. Im Norden und Westen wird die Fläche durch breite Straßen und Richtung Süden von einem Gewerbegebiet begrenzt. Alle anderen Module erstrecken sich nach Osten bis zu einem Waldgebiet. Das gesamte Areal kann fußläufig innerhalb von 15 Minuten durchquert werden. Zukünftig sollen neben den bereits vorhandenen Mietfahrrädern auch Mietroller bereitstehen, welche die innerquartierliche Mobilität vereinfachen. Die kubischen, fünfstöckigen Gebäude des ersten Bauabschnitts sind in Betonfertigteilbauweise errichtet, die Fassaden mit weißen Aluminiumblechen verkleidet, die Fensterbänder in Grau gefasst. Die Erdgeschosszonen sind weitgehend verglast und öffnen sich mit gastronomischen Nutzungen zum Boulevard. Ein Gefühl von urbanem Arbeiten soll entstehen, indem auch in den Cafés und Restaurants gearbeitet oder Meetings abgehalten werden können. Die Gebäudeeingänge sind durch leichte Auskragungen betont. Verglaste Fugen durchschneiden die Blöcke, machen die Struktur aus zwei L-förmigen Gebäudeteilen von außen lesbar und ermöglichen eine Durchsicht in den Innenhof. Einzelne Gebäude weichen vom 60 × 60 Meter-Raster ab, um dem Verlauf des Boulevards durch Vor- und Rücksprünge eine Dynamik zu verleihen.
Seine Qualität erhält der Boulevard vor allem durch erhaltene, alte Kiefern. Der gewachsene Baumbestand verzahnt sich mit den Neubauten und nimmt dem Campus damit ein Stück weit seine Anlaufschwierigkeit. Schon jetzt spenden die Bäume Schatten, beleben die Silhouette des Quartiers und tragen zu dessen ruhiger Atmosphäre bei. In Relation zur kleinen Großstadt Erlangen ist die Fläche des Siemens Campus beachtlich. Auch wenn man hier bisher hauptsächlich die sogenannten „Siemensianer“ antrifft, haben die aktivierten Grünzonen und Achsen das Potenzial, zu urbanen öffentlichen Orten der Stadt zu werden.
Laut und leise: Ein akustisches Nebeneinander
Die positive Atmosphäre des Außenraums wird aber auch ins Büro übertragen. Das „grüne Gefühl“, als wären wir im Wald, wird in das Gebäude geholt: Die Raumakustik ist, angelehnt an die Natur, ruhig und angenehm. Offene Kommunikationsbereiche sind in der „Verglasten Fuge“ platziert. Von hier aus bietet sich ein Blick in den begrünten Innenhof und zur anderen Seite auf den Boulevard. So wird die Aktivität des Campus-Arbeitens auch von außen sichtbar.
Die Büros zeichnen sich durch gleichwertige Arbeitsplatzqualitäten und Flexibilität aus. Die Arbeitsbereiche sind als offene Zonen entlang der durchfensterten Fronten angeordnet. Hier ist jeder Schreibtisch identisch und flexibel nutzbar. Gemäß der Clean-Desk-Regelung hinterlässt man den Arbeitsplatz vollkommen leer, sodass er anschließend von einer anderen Person genutzt werden kann. Stilles und lautes Arbeiten innerhalb des Großraumbüros ermöglicht die eingeschobene Mittelzone mit Einzelbüros und Besprechungsräumen.
Weiße Segel an den Decken dämpfen die Geräusche in der offenen Bürostruktur. Aufgrund der Betonkernaktivierung wurde anstelle einer geschlossenen Akustikdecke die akustische Lösung mit Deckensegeln gewählt. Diese Akustiksegel zonieren und rhythmisieren gleichsam die Arbeits- und die Kommunikationsbereiche, ohne die Höhe und damit den Raumeindruck zu nehmen. Auch die Flurbereiche haben eine höchst wirksame Akustikdecke erhalten. Auf der einen Seite unterbindet sie, dass Trittgeräusche bzw. Gespräche sich unnötig weit ausbreiten, auf der anderen Seite verdeckt sie die Gebäudetechnik im Deckenhohlraum.
Durch die Ausstattung der multifunktionalen Räume mit weiteren Schallabsorbern wird das Nebeneinander von konzentriertem und kommunikativem Arbeiten möglich. So werden die Qualitäten der belebten Boulevards und die ruhige Atmosphäre der Grünzonen in die Innenräume übertragen und in deren Ästhetik integriert.
Der Bauherr
Realisiert wird der Siemens Campus Erlangen von Siemens Real Estate, dem Immobilienunternehmen von Siemens. Siemens Real Estate trägt weltweit die Gesamtverantwortung für alle Immobilienaktivitäten des Konzerns. Neben Neubauprojekten zählen dazu auch die Vermietung und der Betrieb der Immobilien einschließlich aller dazugehörigen Services.
Darüber hinaus bietet Siemens Real Estate ausgewählte Dienstleistungen auch externen Unternehmen an. Schwerpunkte bilden dabei die Beratung in den Bereichen Neue Arbeitswelten und Portfoliostrategie („Consult“), die Vermietung von Flächen („Rent“) sowie die Umsetzung von Entwicklungsprojekten („Develop“). Für den Bau des Siemens Campus Erlangen hat Siemens Real Estate für Modul 1 die Firma Max Bögl und für Modul 2 die Firma Zech Bau als Generalunternehmer beauftragt.