Bestandsimmobilien auf das Unternehmen ausrichten

Strategische Immobilienentwicklung

Bestandsimmobilien wachsen oft nicht in dem Maße mit, wie sich der Geschäftsbetrieb von Unternehmen entwickelt. Nach 20 bis 30 Jahren Nutzungsdauer weicht die vorhandene von der notwendigen Funktionalität meist eklatant ab. Mit der strategischen Immobilienentwicklung wird die Immobilie konsequent auf die Unternehmensstrategie ausgerichtet, um den Geschäftszweck wieder optimal erfüllen zu können.

Eigengenutzte Spezialimmobilien wie Kultur- und Veranstaltungshäuser oder ganze Produktionsstandorte von Unternehmen sind auf den Geschäftszweck zugeschnitten. Während Nutzer herkömmlicher Büroflächen bei geändertem Flächenbedarf die Immobilie wechseln können, ist der Geschäfts­betrieb bei Nutzern von Spezialimmo­bilien eng mit den funktionalen Möglichkeiten der Immobilie verwoben. Bei erhöhtem Flächenbedarf wird die Immobilie erweitert, andererseits liegen funktional unzweckmäßige Flächen brach. Nach einiger Zeit „passt“ die Immobilie dem Unternehmen oft gar nicht mehr, wird aber wie ein alter Mantel noch lange getragen. Die Immobilie ist damit eigentlich zu teuer, verglichen mit dem was sie für das Unternehmen noch leistet. Hier steckt ein großes Kostenoptimierungspotential.


Auslöser Modernisierungs­maßnahmen

Meist lösen erst anstehende größere ­Modernisierungsmaßnahmen die Frage nach dem künftigen Bedarf aus. Er­fahrungsgemäß wird dann aus den ­Geschäftsetagen der Ruf nach einem ­Architekten laut, der mit einem Entwurf Kosten und Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen soll. Doch zunächst sind die ­Anforderungen an das Projekt durch ein Nutzerbedarfsprogramm federführend möglichst durch den Nutzer selbst aufzustellen.

Das Nutzerbedarfsprogramm (NBP) nach DIN 18 205 definiert und beschreibt den (voraussichtlichen) Nutzerwillen in eindeutiger und erschöpfender Weise im Hinblick auf Nutzen, Funktion, Flächen und Raumbedarf, Gestaltung und Ausstattung, Budget, Baunutzungskosten und Zeitrahmen. Damit liegt die Komplexität der Aufgabe auf der Hand, denn der vorrausichtliche Nutzerwille macht eine Auseinandersetzung mit der Vision und der Strategie des Unternehmens notwendig, um eine zukunftsfähige Immobilie zu entwickeln.

Die Forderung nach einer optimierten Nutzungsfähigkeit, einer künftig passenden Immobilie und einem hohen Wertschöpfungsbeitrag der Flächen er­fordert die strategische Entwicklung der Immobilie als ersten Schritt vor dem ­Aufstellen des Nutzerbedarfsprogramms. ↓

Unternehmerische und bauliche Belange verknüpfen

Die strategische Immobilienentwicklung verknüpft die betriebswirtschaftlichen Belange des Unternehmens mit den baulichen Anforderungen an Modernisierungsmaßnahmen. Aus der Analyse der Betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) und des Wertschöpfungsbeitrages von Flächen können sich aber auch Rückkopplungen vom eigentlichen Modernisierungsvorhaben auf die Geschäftsstrategie ergeben. Beispielsweise wurde in einem Projekt der Intep das Veranstaltungsportfolio eines großen Veranstaltungshauses nach Durchführung der strategischen Immobilienentwicklung optimiert mit dem Ziel, den Ertrag und den Umsatz zu erhöhen.


Die strategische Immobilien­entwicklung hat zum Ergebnis:

 Zukunftsfähigkeit: Der vorrausichtliche Nutzerwillen in Form der Unter­nehmensstrategie ist Grundlage für ein Nutzerbedarfsprogramm

 Wirtschaftlichkeit:  Der Wertschöpfungsbeitrag von Flächen wird beim Aufstellen des Nutzerbedarfsprogramms berücksichtigt

 Nachhaltigkeit: Die langfristige Trag­­fähigkeit des Nutzerbedarfsprogramms wird auf den Geschäftszweck ausgerichtet.

Die Erstellung der Immobilienstrategie ­beruht auf 1. den gegenwärtigen und künftigen Bedürfnissen der Interessengruppen, 2. Informationen aus internen Leistungskennzahlen und 3. der Unternehmens­vision und Unternehmens­strategie.


Gegenwärtige und künftige Bedürfnisse

Zunächst geht es darum Informationen zu Markt- und Marktsegmenten zu sammeln und zu verstehen, in denen das Unternehmen heute und auch künftig operieren will. Eine Markt- und Standortanalyse liefert hier wichtige Informationen für die Entwicklung des Bedarfsprogramms. In einem Projekt wurde z. B. für die Modernisierung eines gro­ßen Kongresshauses das Angebot an ­Tagungsflächen im städtischen Umfeld erhoben, um ein maßgeschneidertes Nutzungskonzept zu entwickeln.

Weiterhin sind die Bedürfnisse der derzeitigen und künftigen Interessengruppen einschließlich Geschäftsleitung, Mitarbeiter, Nutzer oder auch externer Kunden zu identifizieren, zu verstehen und vorwegzunehmen. Dies kann mit Workshops und strukturierten Interviews erfolgen. Erfahrungsgemäß erfordert dieser Prozess ein hohes Maß an Sozialkompetenz des Moderators, da sehr schnell Begehrlichkeiten bei Mit­arbeitern geweckt werden und Neiddebatten Unfrieden im Unternehmen ­aus­lösen können.

Für eine erfolgreiche Immobilienstra­tegie sind auch die Entwicklungen am Markt einschließlich der Wettbewerberaktivitäten zu analysieren. Da Immo­bilieninvestitionen langfristig sind, muss diesem Punkt hohe Aufmerksamkeit ­geschenkt werden. So kann es sinnvoll sein, dass z.B. statt der Errichtung eines Erweiterungsbaus die zeitlich begrenzte Anmietung von Ausweichimmobilien eine effiziente Alternative darstellt.

 

Informationen aus internen Leistungskennzahlen

Die Analyse der internen Leistungskennzahlen der Immobilie ist maßgebend für eine erfolgreiche strategische Immobilienentwicklung. Hier können Daten aus einem EDV-gestützten FM System wertvolle Informationen zu Leerständen, Nutzungsarten und Nutzungskosten liefern. Da erfahrungsgemäß bei Bestandsimmobilien EDVgestützte FM Systeme noch zu wenig angewendet werden, müssen die Daten zur Flächenwirtschaftlichkeit durch Planstudium und Gebäudebegehung manuell erhoben und ausgewertet ­werden. Ziel jedes Immobiliennutzers ist es, dass der Kosten-/ Nutzenaspekt, sprich der Wertschöpfungsbeitrag der Immobilie zum betriebswirtschaftlichen Unternehmensergebnis hoch ist. Insofern ist für die künftige Ausrichtung der Immobilie die Analyse der BWA ­besonders wichtig. Hieraus können Kennzahlen entwickelt werden wie z. B. Umsatz/m², wie im Falle des oben ­erwähnten Veranstaltungshauses.

Jedoch nicht nur rein betriebswirtschaftliche Kennzahlen auf der Einnahmen­seite sind für die Ermittlung einer ­erfolgreichen, sprich nachhaltigen Strategie notwendig. Es müssen vielmehr die gesamten Lebenszykluskosten inklusive Unterhalt, Abschreibung und Bewirtschaftung auf der Ausgabenseite betrachtet werden, um die Kostenseite bei der Strategieentwicklung fundiert einbeziehen zu können.

Entwicklung der Strategie

Die Unternehmensvision und -strategie ist maßgebend für die strategische Ausrichtung der Immobilien. Schließlich müssen diese dem Geschäftszweck dienen. Zwar werden oft Modernisierungsmaßnahmen im Rahmen der Projektentwicklung angestoßen, häufig existiert jedoch keine formulierte Vision und Strategie, die Auskunft über die daraus abzuleitenden Anforderungen, Qualitäten und den Flächenbedarf geben. In diesem Fall sind diese mit den Führungskräften hinsichtlich der immobilienspezifischen Ziele erst zu entwickeln.

Auf Grundlage der Bedürfnisse der Interessengruppen, der baulichen Möglichkeiten und der strategischen Stoßrichtung für die künftigen Nutzungen werden nun in klassischer Art und Weise erste Zielflächenlayouts entwickelt. Anhand von Varianten können die möglichen Effizienzsteigerungen respektive Umsatzsteigerungen über die gewonnenen spezifischen Daten hochgerechnet werden und so die Rentabilität der Gesamtbaumaßnahme dargestellt ­werden.

Bei der Entwicklung der Immobilienstrategie ist es wichtig auch die Kernkompetenzen des Unternehmens mitzubetrachten und ggf. die Notwendigkeit von Partnerschaften in Betracht zu ziehen. Im Einzelnen ist dies der Fall, wenn Servicebereiche des Unternehmens ausgelagert werden können und die hierfür benötigten Flächen ebenfalls beim externen Dienstleister an­gesiedelt werden. Es können aber auch ­gesamte Unternehmen ausgelagert werden und die Immobilie wie der Betrieb durch einen Dienstleister werden.

Die Ergebnisse der strategischen Immobilienentwicklung fließen letztendlich in das Nutzerbedarfsprogramm oder in ­einen Masterplan für größere Immobilienkomplexe ein. Damit sind die Anforderungen für Bauprojekte umfassend definiert und es wird eine insgesamt nachhaltige Perspektive auch im Bezug auf Unternehmensentwicklung aufgezeigt.


Fazit

Die strategische Immobilienentwicklung geht über die reinen baulichen Aspekte hinaus. Sie schließt die Lücke zwischen den betriebswirtschaftlichen Unternehmensanforderungen und dem baulichen Nutzerbedarfsprogramm. Der Prozess der strategischen Immobilienentwicklung ist auf genutzte Spezialimmobilien von Unternehmen anzuwenden, da ­deren Gebäude die Grundlage der Geschäftsausübung darstellen. Ziel ist es, die Effizienz des Unternehmens zu steigern, da die Immobilienentwicklung mit der Unternehmensstrategie in Einklang gebracht wird.

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