Stiftung KlimaWirtschaft

Mit mehr Klimaschutz aus der Krise

Die angespannte Situation bei der Gasversorgung, die Störungen internationaler Lieferketten und eine rasende Inflation zeigen deutlich, dass die deutsche Wirtschaft sich krisenfester aufstellen muss, wenn sie zukunftsfähig sein will. Kurz bevor das Klimaschutz-Sofortprogramm ins Bundeskabinett geht, veröffentlicht die Stiftung KlimaWirtschaft Vorschläge für konkrete Maßnahmen für mehr Klimaschutz und Resilienz in der Wirtschaft. Die Maßnahmen wurden im engen Dialog mit führenden Unternehmen entwickelt.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird auch als Angriff auf unsere Versorgung mit Energie und Rohstoffen geführt. Die Bundesregierung muss jetzt im Verbund mit den europäischen und internationalen Partnern kurzfristig die Versorgungssicherheit gewährleisten, Wirtschaft und Arbeitsplätze schützen und gleichzeitig einen sozialen Ausgleich schaffen. Es ist jedoch dringend geboten, die Maßnahmen des kurzfristigen Krisenmanagements an den langfristigen Zielen wirtschaftlicher Resilienz und Klimaschutz auszurichten.  

„Unsere Antwort auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine und auf unsere hohe Abhängigkeit von russischem Gas muss lauten: mehr und schnellerer Klimaschutz, um unsere Wirtschaft unabhängiger, krisenfester und zukunftsfähiger aufzustellen“, so Prof. Dr. Michael Otto, Aufsichtsratsvorsitzender der Otto Group und Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung KlimaWirtschaft. „Hierfür braucht es einen Schulterschluss zwischen Berlin und Brüssel sowie mit den Ländern und Kommunen. Jetzt ist die Zeit, um in unsere klimaneutrale Zukunft zu investieren und dabei kreative Wege zu suchen, um auch in Zeiten knapper Kassen dieser gesellschaftlichen Herausforderung gerecht zu werden." 

„Klimaschutz und Resilienz müssen ins Zentrum einer neu ausgerichteten deutschen und europäischen Wirtschafts- und Industriepolitik rücken, die den Anforderungen und der Gleichzeitigkeit geo- und klimapolitischer Krisen Rechnung trägt", so Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft. In branchenübergreifenden Dialogen mit führenden Unternehmen hat die Stiftung KlimaWirtschaft 18 konkrete Maßnahmen für die Sektoren Industrie, Gebäude und Verkehr entwickelt, wie die deutsche Wirtschaft weiter an ihren ambitionierten Klimaschutzzielen festhalten und gleichzeitig resilienter werden kann. 

Diese sollen die Industrie in die Lage versetzen, die Energie- und Rohstoffkrise zu überstehen und gleichzeitig auf ihrem Pfad in Richtung Klimaneutralität weiter voranzugehen. „Die derzeitige Energiekrise hat in Teilen Ursachen, die wir nicht beeinflussen können. Umso wichtiger ist es in dieser Situation diejenigen Dinge richtig zu machen, die wir beeinflussen können. Das heißt für den dringenden und materiellen Ausbau Erneuerbarer Energien und der Stromnetze, dass wir vor allem unsere Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich vereinfachen, vereinheitlichen und so massiv beschleunigen. Wir müssen zudem für die Energiewende die Wertschöpfungskette absichern. Beides haben wir selbst in der Hand und hier muss geliefert werden,“ sagt Dr. Frank Mastiaux, Chief Executive Officer der EnBW Energie Baden-Württemberg AG.  

„Schnelles Handeln in der Krise darf den strategischen Blick auf Net Zero nicht verstellen. Ein schneller und massiver Ausbau von Wind und Solar ist und bleibt der Grundpfeiler für ein Gelingen der industriellen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Industrie braucht Erneuerbaren Strom in großen Mengen zu international wettbewerbsfähigen Preisen, um den Transformations-Turbo zu zünden. Wir müssen Klimaschutz, strategische Autonomie und Resilienz zusammendenken,“ ergänzt Dr. Christian Hartel, Vorsitzender des Vorstands, Wacker Chemie AG. 

Daneben beinhalten die Vorschläge eine Entlastung der Industrie angesichts stark steigender Energiepreise, Förderprogramme zur Skalierung von industriellen Wärmepumpen und Elektrodenboilern und einen praxisnahen regulatorischen Rahmen für den Import von grünem Wasserstoff sowie den zügigen Ausbau der dafür notwendigen Infrastrukturen.  

Der Gebäudesektor soll zum Zugpferd für Resilienz und Klimaschutz gemacht werden. „Wir müssen heute beginnen, einen Gebäudesektor zu schaffen, der 2045 klimaneutral ist. Rein rechnerisch muss dafür bereits im Jahr 2030 ca. jedes zweite Haus klimaneutral sein. Damit das gelingen kann, brauchen wir moderne Neubaustandards und eine feste Verankerung von 65% Erneuerbaren im Gebäudeenergiegesetz (GEG) ab 2024 – um allen, die planen und bauen sowie der Branche einen klaren Fahrplan an die Hand zu geben,“ fordert Reinhard Klein, Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG.  

„Gut ein Drittel des importierten Erdgases benötigen wir für das Heizen. Um das große Effizienzpotenzial im Bestand zu heben, brauchen wir ein zielführend konzipiertes Fördersystem und einen schlanken, pragmatischen regulatorischen Rahmen, der die Sanierungsrate erhöht. Eine Vereinheitlichung der 16 Landesbauordnungen wäre ein großer Schritt in die die richtige Richtung,“ betont Andreas Engelhardt, persönlich haftender Gesellschafter der Schüco International KG. 

Weitere Vorschläge sind eine Fokussierung der Sanierungen auf besonders ineffiziente Gebäude im Bestand sowie die serielle Sanierung, um Personal-, Zeit- und Kostenaufwand zu senken. Ebenso sollte der Einbau neuer fossiler Heizsysteme schnellstmöglich beendet und für dicht bebaute Quartiere klimaneutrale Fernwärme bereitgestellt werden.  

Der Verkehrsbereich muss stärker in den klimapolitischen Fokus genommen werden. „Die Krise um unsere Energieversorgung verdeutlicht, dass wir gerade im Verkehrsbereich eine viel schnellere und konsequentere Umsetzungsagenda brauchen“, sagt Sven Wellbrock, Chief Operating Officer Europe & Chief Safety Officer, VTG Aktiengesellschaft. Er führt aus: „Im Zentrum muss die Verkehrsverlagerung zum Umweltverbund stehen und die Stärkung klimafreundlicher Verkehrsträger, die zugleich unabhängiger von fossilen Rohstoffen sind. Dafür muss mutig und langfristig in das Schienennetz investiert werden – und zwar koordiniert und sofort. Wir brauchen dringend höhere Kapazitäten, modernere Infrastruktur und insbesondere zur Stärkung des kombinierten Verkehrs mehr Gleisanschlüsse und Terminals.“ 

Neben den bestehenden Förderprogrammen ist eine Anpassung der Dienstwagenbesteuerung und die Einführung eines Bonus-Malus-Systems bei der KfZ-Steuer erforderlich, um den Umstieg auf klimafreundliche Fahrzeuge zu beschleunigen und sozialverträglich zu gestalten. Neben mutigen und langfristigen Investitionen in das Schienennetz wird auch eine Technologie-Roadmap für Transporte auf Kurz- und Langstrecke und die temporäre Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen von 120 km/h in Zeiten der Energiekrise gefordert.  

„Viele Unternehmen stellen ihre Geschäftsmodelle mit hohem Tempo klimafreundlicher auf. Sie brauchen jetzt Planungssicherheit und konkrete politische Maßnahmen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft zu sichern,“ fasst Frank Stührenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung, Phoenix Contact GmbH & Co. KG, zusammen. „Die Förderung der Eigenproduktion von CO2-neutraler Energie in Unternehmen, und generell von Investitionen in Energieeffizienz, sind Schlüsselfaktoren in dieser Krise, um Klimaschutz und Resilienz zusammenzuführen.“ 

Um klimafreundliche Technologien und Geschäftsmodelle wettbewerbsfähiger zu machen, braucht es jetzt einen gemeinsamen Kraftakt – in Deutschland, in Europa und gemeinsam mit unseren internationalen Partner:innen. Als stärkste Volkswirtschaft innerhalb der EU und im Rahmen der G7­Präsidentschaft kommt Deutschland dabei eine besondere Verantwortung zu. Auf dem Petersberger Klimadialog Anfang kommender Woche muss Deutschland seine Klima-Vorreiterrolle unter Beweis stellen und konkrete Schritte für die verbleibenden Monate seiner G7-Präsidentschaft darlegen. Die Wirtschaft steht in dieser Krise bereit, gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und ihren Teil für Klimaschutz und Resilienz beizutragen.  

Hier können Sie das Impulspapier „Für Klimaschutz und Resilienz“ heruntergeladen.

 

 

 

Über die Stiftung KlimaWirtschaft (zuvor Stiftung 2°) 

Die Stiftung KlimaWirtschaft ist eine Initiative von Vorstandsvorsitzenden, Geschäftsführern und Familienunternehmern. Sie wurde 2011 unter dem Namen Stiftung 2° gegründet und hat sich 2021 in Stiftung KlimaWirtschaft umbenannt. Ziel der gemeinnützigen Stiftung ist die Förderung des Klimaschutzes sowie die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen. Zu diesem Zweck bündelt und aktiviert die Stiftung KlimaWirtschaft die Verantwortungsbereitschaft, aber auch die Innovationskraft und Lösungskompetenz deutscher Unternehmen. Sie tritt an die Politik heran, um konkrete Möglichkeiten für die Transformation zur Klimaneutralität aufzuzeigen. Die Stiftung arbeitet hierbei parteiunabhängig sowie sektor- und branchenübergreifend. Die Unterstützer der Stiftung sind: AIDA Cruises, ALDI SÜD Dienstleistungs-GmbH & Co. oHG, Allianz SE, Aurubis AG, DAIKIN Airconditioning Germany GmbH, Deutsche Bahn AG, Deutsche Post DHL Group, DEUTSCHE ROCKWOOL GmbH & Co. KG, Deutsche Telekom AG, Dirk Rossmann GmbH, DRÄXLMAIER Group, EnBW Energie Baden-Württemberg AG, Unternehmensgruppe Gegenbauer, GLS Gemeinschaftsbank eG, GOLDBECK GmbH, HeidelbergCement AG, Interseroh+ GmbH, Lanxess AG, Otto Group, OTTO FUCHS KG, Papier- und Kartonfabrik Varel GmbH & Co. KG, Phoenix Contact GmbH & Co. KG, PUMA SE, Salzgitter AG, Schüco International KG, Schwäbisch Hall-Stiftung bauen-wohnen-leben, thyssenkrupp Steel Europe AG, Union Asset Management Holding AG, Vonovia SE, VTG Aktiengesellschaft, Wacker Chemie AG.


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