Klimaschutz braucht die Ressourcenwende
Um die komplexen Herausforderungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft weiterhin fragmentiert zu diskutieren und zu versuchen, die anstehenden Aufgaben zerlegt in Einzelfragen zu lösen, fehlt uns schlichtweg die Zeit. Auch liegt der Fokus nicht allein auf dem Klimawandel, denn neben der Ressourcenwende und der Energiefrage stehen auch der Biodiversitätsverlust, die Gesundheit in Gebäuden, Überhitzung der Städte, Lärmbelastung, Kriminalitätsprävention und die soziale Gerechtigkeit auf der Agenda. Doch wie erreichen wir den von der EU geforderten Green Deal?
Mit dem „Neuen Europäischen Bauhaus“ hat die EU eine Ideenschmiede ins Leben gerufen, die Expertinnen und Experten dazu bewegen soll, sich mit den Themen und deren Wechselwirkungen auseinanderzusetzen. Und es ist außerdem eine Initiative, die sich an alle europäischen Bürgerinnen und Bürger wendet, um durch gemeinsame Ziele ein neues Bewusstsein für die eigene Umwelt zu erlangen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte die Idee des Neuen Europäischen Bauhauses mit den Worten vor: „Das Neue Europäische Bauhaus verbindet die große Vision des europäischen Green Deals mit konkreten Veränderungen vor Ort – Veränderungen, die unser tägliches Leben verbessern und die die Menschen konkret erfahren können – in Gebäuden, im öffentlichen Raum, aber auch in Form von Mode oder Möbeln. Mit dem Neuen Europäischen Bauhaus soll ein neuer Lebensstil geschaffen werden, der Nachhaltigkeit mit gutem Design in Einklang bringt, weniger Kohlenstoff benötigt und inklusiv und erschwinglich für alle ist.“
„Das Neue Europäische Bauhaus (NEB) ergänzt den europäischen Green Deal um eine kulturelle und kreative Dimension, um zu zeigen, wie nachhaltige Innovationen greifbare und positive Erfahrungen in unserem Alltag ermöglichen können“, so lautet die Berichterstattung des BMBF am 21. September 2021.
Das NEB und der Green Deal
Das NEB ist die kreative Ideenschmiede und der Green Deal liefert die Fakten, deshalb müssen beide Definitionen gemeinsam betrachtet werden. Im Green Deal ist das Ziel, bis 2050 in der Europäischen Union die Netto-Emissionen
von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster Kontinent klimaneutral zu werden, definiert. Ressourcen spielen eine Schlüsselrolle, denn
50 % der Treibhausgasemissionen
90 % des Biodiversitätsverlustes und Wasserstresses sind nachweislich zurückzuführen auf die Gewinnung und die Verarbeitung von Ressourcen,
die ressourcenintensiven Sektoren sind Bau, Textil, Elektronik, Kunststoff, Lebensmittel,
aber nur 12 % der Werkstoffe stammen aus Recycling.
Bisher hat sich der Energie- und Ressourcenaufwand für die Herstellung, Sanierung, den Gebäudebetrieb und schließlich der Beseitigung von Baumaterialien kaum verändert. Hier fallen jedes Jahr Millionen Tonnen Bauschutt und Rückbauabfälle an, die zunehmend zu ernsten Engpässen bei der Entsorgung führen. Über 50 % des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland stammen aus dem Bausektor. Und genau hier engagiert sich die re!source Stiftung als Partnerin, um das Thema Ressourcen in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu etablieren.
Klimaschutz ist ohne Ressourcenwende nicht realisierbar!
Die gemeinnützige re!source Stiftung e.V. ist eine unabhängige Allianz von Mitgliedern aus Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Politik, die sich 2018 als Nachfolgerin der Initiative Ressourcenwende Bau gegründet hat.
Die Mitglieder fordern eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen durch die Umsetzung einer echten zirkulären Wertschöpfung in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Gemeinsam will man Ziele und Prozesse zur Ressourcenschonung entwickeln und diese entsprechend an die relevanten Zielgruppen kommunizieren. Die Stiftung verfolgt eine effektivere, umweltschonendere und damit nachhaltigere Nutzung von Ressourcen durch Umsetzung einer echten zirkulären Wertschöpfung (Circular Economy) in der Bau- und Immobilienwirtschaft: Einerseits, um begrenzt verfügbare Rohstoffe zu sparen. Andererseits, um die Ressourcen, die eingesetzt werden bzw. bereits eingesetzt worden sind, nach ihrer Nutzung wieder als vollwertige Sekundärrohstoffe aufzubereiten und einzusetzen.
„Wir sehen einen Weg zur erfolgreichen Zielerreichung im interdisziplinären Zusammenwirken von Forschung, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Darin liegt der entscheidende Hebel, das Thema Ressourcenwende in der Bau- und Immobilienwirtschaft effektiv voranzubringen“, fasst Annette von Hagel als geschäftsführende Vorständin der re!source Stiftung die Ziele der Stiftung zusammen.
„Die Themen Recycling, zirkuläre Wertschöpfung und intelligentes Gebäudedesign betrachten wir als wichtige Zukunftsaufgaben mit großem Innovationspotential und hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung“, so von Hagel weiter. „Wir können es uns nicht mehr leisten, wertvolles Baumaterial auf Deponien zu entsorgen. Obwohl wir noch immer nach dem Motto entnehmen, herstellen, nutzen, wegwerfen verfahren.“ Allerdings soll es Abfall in der EU künftig nicht mehr geben. Das Ziel sollte zudem sein, Abfälle zu vermeiden und Produkte wiederzuverwenden.
„Abfall ist ein Konstruktionsfehler“
So sieht es Donald Norman, emeritierter Professor für Kognitionswissenschaften der University of California, San Diego und Professor für Informatik an der Northwestern University. Doch was muss genau dafür getan werden und vor allem wie?
Um Antworten und Beispiele zu geben, diskutieren und entwickeln, wollen die re!source-Mitglieder in ihren Arbeitsgruppen Lösungen finden, die die Machbarkeit aufzeigen. „Wir wollen Lösungen liefern und entwickeln sie in unseren Arbeitsgruppen, in denen sich unsere Mitglieder engagieren. Wir zeigen Wege und Beispiele auf, wie diese Ziele erreichbar sind“, erläutert Anette von Hagel.
Die einzelnen Arbeitsgruppen (AG) setzen sich derzeit wie folgt zusammen:
AG 1: Leitung Thomas Lauritzen, Vorstandsvorsitzender re!source Stiftung
Die Ressourcenwende in der Bau- und Immobilienwirtschaft braucht Impulse und Anstöße. Sie erhält diese maßgeblich auch über geeignete Kommunikation der re!source Themen und Inhalte. Neben der Netzwerkarbeit sind die re!source Jahreskonferenzen, Positionen, Pressemitteilungen, Vorträge und die aktuellen Newsletter hierfür etablierte Formate.
AG 2: Leitung Prof. Dr.-Ing. Sabine Flamme, Fachhochschule Münster, stellv. Vorstandsvorsitzende re!source Stiftung
Die AG 2 beschäftigt sich unter der Federführung der FH Münster mit den technischen und organisatorischen Bedingungen, die für eine Kreislaufschließung im Bauwesen erfüllt werden müssen. Hierbei wurden zusammen mit der AG 3 Ausschreibungen, die diese Aspekte fordern, als Schlüsselfaktor identifiziert. Die AG 2 befasst sich deshalb aktuell mit der Entwicklung von Musterauslobungen und Musterausschreibungen. Diese sollen als direkt nutzbare Vorlage auch öffentliche Auftraggeber bei der Steigerung der Zirkularität ihrer Bauprojekte unterstützen. So kann eine Ressourcenwende im öffentlichen und privaten Sektor vorangetrieben werden. Die Mitglieder der AG 2 bringen Erfahrungen aus der Herstellung und Entwicklung von Baumaterialien, der Planung von Gebäuden, der Abwicklung von Bauprozessen und dem Recycling von Bauabfällen in die Arbeit der AG 2 ein.
AG 3: Leitung Rolf Brunkhorst, Geschäftsführender Vorstand re!source Stiftung und Michael Halstenberg, Rechtsanwalt, Partner Kopp-Assenmacher & Nusser RA
Die Bau- und Immobilienwirtschaft wird von Europäischen und Deutschen Gesetzen reguliert. Ressourcenschonung ist erst in den letzten Jahren in den Fokus gerückt. Im Rahmen der Diskussionen über Klima und Rohstoffe werden politischer Wille und dem folgende gesetzliche Rahmenbedingungen und Ausgestaltung neu definiert. re!source begleitet und unterstützt die verantwortlichen Gremien.
AG 4: Leitung Annette von Hagel, Geschäftsführende Vorständin re!source Stiftung
Die AG 4 ist ein Austausch über das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen. Dieses ist Teil von Mittelstand-Digital, der Förderinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Als neutrale Stelle informiert es vor allem kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung. Es wendet sich zudem an Verbände, Kammern und Institutionen, die für sich und ihre Mitglieder von diesem Netzwerk profitieren wollen, aber auch beabsichtigen, ihre Erfahrungen und Erwartungen bei den weiteren Entwicklungen rund um die Digitalisierung des Bauwesens mit einzubringen.
Sustainable Finance
AG 5: Leitung Stefan Baumbach, Partner bei Rhein Asset Management
Eine nachhaltige Entwicklung kann nur in der Balance der Aspekte Ökologie, Ökonomie und Soziales erfolgreich nach vorne gebracht werden. In der Bau- und Immobilienwirtschaft trifft dieser Grundsatz in besonderem Maße zu. Sustainable Finance wird als europäische Lösung gefordert, erste Instrumente werden regulatorisch und operativ auf den Weg gebracht. In Taxonomien werden Kriterien und Standards beschrieben, die dann in der operativen Umsetzung als Maßstab für Gebäudewerte dienen sollen. re!source unterstützt den Prozess.
AG 6: Leitung Annette von Hagel, geschäftsführende Vorständin der re!source
Die AG 6 versteht sich als Einladung an die Vertreter der Öffentlichen Hand, der Kommunen, der Länder und des Bundes. Ab Frühjahr dieses Jahres bietet die Stiftung eine Plattform zum vertieften Netzwerken und lädt dazu ein, die wesentlichen Inhalte und Ergebnisse der anderen AGs zu besprechen und Wünsche und Anforderungen für die Praxis zu diskutieren.
Da eine Organisation alleine keine Antworten auf die komplexen Fragen liefern kann, kooperiert re!source mit Verbänden und Organisationen:
A|U|F e.V. Aluminiumverband
BuVEG Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle e. V.
DIvB e.V. Deutsches Institut für vorbeugenden Brandschutz
GEFMA e.V. German Facility Management Association
DENEFF e.V. Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz
Madaster Foundation Material- und Produt-Register
Mittelstand 4.0 Netzwerk Mittelstand-Digital
Planen Bauen 4.0 Einführung digitale Bauprozesse