Nachhaltigkeit von Immobilien und die Rolle des Facility Managers

„Immer mehr Kunden erwarten nachhaltige Dienstleistungen“

Die zwei Megatrends Klimawandel und Ressourcenknappheit setzen neue Rahmenbedingungen für Gesellschaften und Ökonomien. Immer mehr Gesellschafter, Manager oder Führungskräfte erkennen, dass sie die langfristigen Folgen dieser Phänomene für das Geschäftsmodell ihres Unternehmens analysieren und ihre langfristige strategische Planung entsprechend ausrichten müssen. Dieser Notwendigkeit muss sich auch die Immobilienwirtschaft stellen.

Dabei kommt es darauf an, diese Megatrends für den eigenen Geschäftserfolg zu nutzen. Beste Voraussetzungen dafür schafft die Integration der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie, soziale Verantwortung und Ökonomie – in die Strategie und sämtliche Prozesse eines Unternehmens.

Gerade der Immobilienwirtschaft fällt
eine Schlüsselrolle bei der Senkung des Energieverbrauchs und der Treibhausgas­emissionen zu: Weltweit verbraucht der Gebäudesektor rund 30 bis 40 % der Energie- und 15 bis 20 % der Wasserressourcen. Durch den Energieverbrauch bei der privaten und gewerblichen Nutzung von Gebäuden, etwa durch Beleuchtung und Heizung, sind 2007 in Deutschland 331 Mio. t CO2 entstanden, ein Drittel des
gesamten CO2-Ausstoßes dieses Jahres.
Diese Dimensionen machen deutlich, dass die politisch gewollte Senkung der CO2-Emissionen nur mit nachhaltigen Veränderungen im Gebäudesektor zu ­verwirklichen ist. Gewichtige Argumente pro Nachhaltigkeit kommen auch von der Nachfrageseite der Immobilienmärkte: Der zu erwartende signifikante Anstieg der Energiepreise macht die Energieeffi­zienz zu einem wichtigen Kriterium für Kauf bzw. Anmietung eines Gebäudes.

 

Langfristige Wertentwicklung
wird stärker gewichtet

Auch wenn Nachhaltigkeit derzeit en
vogue ist: Das Thema ist kein kurzfris­tiger Hype. Die Ergebnisse einer Studie von Roland Berger Strategy Consultants über Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement signalisieren eine langfristig nachhaltige Orientierung. Außerdem zeichnet sich ein Sinneswandel ab:
Gebäude werden zunehmend als strategische Ressource wahrgenommen, nicht mehr ausschließlich als Produktionsfaktor (siehe Grafik 1). Diese Sichtweise macht es möglich, die Fokussierung auf kurzfristige Kostensenkungen zu aufzugeben und die langfristige Wertentwicklung einer Immobilie stärker zu gewichten. Unter diesen Prämissen können sogenannte Green Buildings im Vergleich zu konventionellen Gebäuden mit einigen Vorteilen punkten; zu den wichtigsten zählen dabei geringere Lebenszykluskosten, höherer Immobilienwert, verbesserte Vermarktbarkeit durch Imagegewinn sowie langfristiger Wert­erhalt für Investoren, Eigentümer und Nutzer. Die Ergebnisse der Studie ­zeigen, dass über 70 % der Bauherren, ­Investoren und Mieter bereit sind, für nachhaltige Immobilien tiefer in die ­Tasche zu greifen. Im Durchschnitt
würden sie zusätzliche Kosten von bis
zu 9 % in Kauf nehmen.

 

Immer mehr Kunden erwarten nachhaltige Dienstleistungen

In der Studie wurde deutlich, dass Immobilien Manager bei der Umsetzung nachhaltiger Ziele auf die Unterstützung des Facility Managements hoffen. Besonders die Kernkompetenz der „Möglichmacher“ ist hier gefragt, die Senkung der laufenden Betriebskosten. Diese ­machen immerhin vier Fünftel der ­gesamten Lebenszykluskosten aus. ­Dementsprechend hoch sind die Er­wartungen an die FM-Anbieter, dieses Einsparpotential durch nachhaltige ­Bewirtschaftung zu realisieren. Dabei wünschen sich die Auftraggeber vor allem Know-how bei der Umsetzung von Maßnahmen, die die Energieeffi­zienz erhöhen (siehe Grafik 2).

Diese Erwartungen der Nachfrageseite laufen allerdings auf dem Markt (noch) ins Leere – dies ergab das Stimmungsbild der Roland-Berger-Studie: Aus Sicht der Befragten sind einfache und effektive Lösungen nicht verfügbar (siehe Grafik 3). Zudem wird bemängelt, dass FM-Dienstleister als wichtig erachtete Themenfelder wie die Energieberatung brach liegen ­lassen. Die Erhebung zeigt außerdem deutlich, dass viele ­Bestandshalter der Trennung zwischen Theorie und Praxis überdrüssig sind und eine ganzheitliche Betreuung ihrer Immobilie bevorzugen. Gefragt sind Dienstleister, deren Portfolio sowohl Beratung als auch Implementierung umfasst.

„Grüne“ Trends eröffnen neue Chancen für das FM

Der von Klimawandel und Ressourcenknappheit forcierte Trend zur Nachhaltigkeit im Gebäudesektor verändert die Bedürfnisse der Immobilienhalter. Diese Entwicklung ist für die FM-Branche ­ambivalent: Steigenden Anforderungen stehen neue Möglichkeiten gegenüber, denn grundsätzlich bietet das Thema Nachhaltigkeit allen Akteuren entlang des Immobilienlebenszyklus Chancen für neue Geschäftsmodelle und Märkte. Diese Chancen zu erkennen, zu nutzen und in ökonomische Erfolge umzumünzen, zählt zu den großen Herausforderungen für die FM-Anbieter.

Schon heute ist das Interesse am Thema Energieeffizienz groß, künftig wird es noch zunehmen, denn die Höhe des ­Energiebedarfs ist eine entscheidende Determinante für die Betriebskosten und die CO2-Emissionen eines Gebäudes. Dementsprechend wird der Beratungsbedarf steigen – wovon Facility-Management-Dienstleister profitieren: Sie können sich bereits in der Planungsphase von Gebäuden als kompetenter Partner positionieren und durch diese Vorwärtsintegration auf die bereits skizzierten Bedürfnisse des Marktes nach einem „One-Stop-Shopping“ eingehen. Diese Ausdehnung der eigenen Wertschöpfungskette in das Segment Beratung birgt für FM-Anbieter erhebliches Wachstumspotential. Außerdem können Beratungsdienstleistungen den extremen Preisdruck abfedern, der die FM-Branche derzeit prägt.

Vielversprechende Perspektiven bieten sich den FM-Dienstleistern auf dem Geschäftsfeld der Sanierungsmaßnahmen im Bestand. Dabei können die FM-Anbieter eine Schlüsselrolle spielen, denn sie verfügen über das Know-how und die Erfahrung, um sich ein umfassendes Bild von einer Immobilie hinsichtlich ihrer baulichen, technischen und wirtschaftlichen Qualitäten zu machen und auf dieser Basis ganzheitliche Lösungsansätze zu entwickeln und zu realisieren.

Hinzu kommt: Die Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte beim Facility Management wird gerade bei Logistik- und Gewerbeimmobilien zunehmend wichtiger, weil immer mehr Kunden-Unternehmen ihre Prozesse und Strukturen nach nachhaltigen Prinzipien gestalten. Dies bringt mit sich, dass an die Angebote von Dienstleistern strenge Kriterien in puncto Nachhaltigkeit angelegt werden.

FM-Anbieter müssen ihr Know-how auf neuen Geschäftsfeldern offensiv vermarkten

Die hier skizzierten Chancen werden sich jedoch nicht im Selbstlauf verwirklichen. Um diesen Schatz zu heben, bedarf es der Initiative der FM-Anbie­­ter – sie müssen innovative Leistungsbilder bei (potentiel­len) Kunden platzieren. Gefragt ist hier eine Push-Strategie, die den Nachfragern offensiv den Nutzen nachhaltiger FM-Dienstleistungen kommuniziert. Gerade beim Thema Energie­­effizienz können die FM-Unternehmen an die Bedürfnisse des Marktes anknüpfen.

Allerdings zeigt eine Stichprobe auf den Internet-Seiten der Top-Ten-FM-Anbieter des Lünendonk-Rankings eher Zurückhaltung statt Push-Strategie: In den meisten Web-Auftritten landet man beim Stichwort „Nachhaltigkeit“ keinen Treffer, nur vereinzelt findet sich unter den Leistungen explizit Energiemanagement.

Diese Außendarstellung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass einige Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit bereits bearbeiten und neue Produkte am Markt platziert haben. Dazu zählen Maßnahmen zur Steigerung der Energie­effizienz und Energiedienstleistungen. Ein Anbieter stellt beispielsweise den technischen Betrieb einer Sportstätte
sicher, inklusive der Übernahme des ­Energiemanagements (Liefercontracting). Dasselbe Unternehmen hat das Einsparcontracting für ein Großklinikum übernommen, und zwar bei Risikoübernahme im Prozess der Leistungserstellung: Bei einem Investitionsvolumen von rund 18 Mio. € belaufen sich die Ein­sparungen auf etwa 2,8 Mio. € jährlich; die CO2-Reduktion beträgt gut 12 000 t pro Jahr.

Solche Aktivitäten zeigen, dass die FM-Anbieter allmählich beginnen, Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor zu entdecken und dieses Thema – insbesondere die Facette Energieeffizienz – in ihr
Angebotsportfolio zu integrieren.
Die Branche kann dabei nur gewinnen – grün galt schon immer als die Farbe der Hoffnung.

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