Energetische Daten
im Fokus der Entscheider
Energiekosten sparen und zugleich die Umwelt durch CO2-Einsparungen entlasten will jeder Betreiber von Gebäuden. Doch muss dazu erst einmal in Baumaßnahmen und neue Haustechnik investiert werden. Dafür fehlt dann meist das Geld. Dieses Dilemma veranlasste das Land Bayern, für umweltfreundliche Sanierungen ein zusätzliches Budget vorzusehen. Im Rahmen des Sonderprogramms „Energetische Sanierung staatlicher Gebäude“ werden insgesamt 150 Mio. € zur Verfügung gestellt, die Programmlaufzeit umfasst die Jahre 2008 bis 2011.
Hauptziel ist es, eine größtmögliche CO2-Einsparung zu erzielen. Allein die in 2008 ausgewählten Maßnahmen führen rechnerisch zu einer CO2-Reduzierung von rund 14.000 t pro Jahr. Doch wie findet man bei großen Immobilienbeständen die Projekte mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis bzw. CO2-Effizienz? Wie behält man bei mehreren tausend Gebäuden den Überblick über alle für die Entscheidung notwendigen Detaildaten? Wie werden die Informationen der dezentral verwalteten Gebäude einheitlich aufbereitet und zur Verfügung gestellt? Welche konkreten Kriterien führen letztlich zur Auswahl? Denn Projekte mit energetischem Sanierungsbedarf gibt es bei einem großen Altbestand viele.
CO2-Effizienz als Auswahlkriterium
Die Prioritäten waren durch die klaren Ziele und Eckpunkte des Sonderprogramms „Energetische Sanierung staatlicher Gebäude“ vorgegeben:
Hauptziel: größtmögliche CO2-Einsparung mit den verfügbaren Haushaltsmitteln erschließen
Zielgruppe: staatliche Gebäude, die ohne das Sonderprogramm mittelfristig keine energetische Verbesserung erfahren würden
Vorbildfunktion des Staates: als Zielgröße wird ein Anforderungsniveau angestrebt, das die gesetzlichen Vorgaben noch unterschreitet.
Hauptauswahlkriterium: CO2-Einsparpotential und CO2-Effizienz
Dokumentation der Investition und der tatsächlichen Reduzierung des Energieverbrauchs und des CO2-
Ausstoßes.
Zur Erreichung der größtmöglichen CO2-Einsparung mussten für jedes vorgeschlagene Projekt die energetischen Sanierungskosten und die aus der Maßnahme resultierende CO2-Reduzierung erfasst werden. Der daraus errechnete Wert „aufgewendeter Euro für die jährliche Einsparung von 1kg CO2“ ist maßgebend für die Auswahl der Gebäude. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch die Umsetzbarkeit der Maßnahmen im Programmzeitraum.
Es kommen sowohl Maßnahmen zur Verbesserung der Gebäudehülle und der Anlagentechnik als auch der verstärkte Einsatz regenerativer Energien in Frage. Aus baufachlicher Sicht bietet es sich an, das Programm über das Jahr 2011 hinaus fortzuführen. Neben dem ökologischen Nutzen und der ökonomischen Ersparnis kommt der Freistaat Bayern bei Fortführung des Sonderprogramms auch weiter seiner Vorbildfunktion im Bereich energieeffizientes Bauen nach. Denn mehr als ein Drittel der Energie wird für den Betrieb von Gebäuden aufgewendet. Auch wenn der Anteil staatlicher Gebäude daran weniger als 1 % beträgt, verspricht sich das Innenministerium doch einen Nachahmeffekt bei privaten und gewerblichen Bauherren oder Betreibern.
Softwareunterstützung im
Auswahlverfahren
Da die Gelder für das Sonderprogramm sehr kurzfristig zur Verfügung gestellt wurden, mussten die ersten Projekte für 2008 sehr bald feststehen. Die Bauämter vor Ort wurden gebeten, für vorausgewählte Projekte ihres Verantwortungsbereiches die relevanten Daten für die energetische Sanierung in einer Excelliste einzutragen. Die Ergebnisse wurden in der Obersten Baubehörde gesammelt, ausgewertet und die ersten Projekte zur Ausführung freigegeben. Schnell wurde klar, dass eine zentral gepflegte Excelliste den Anforderungen nicht gerecht wurde. Denn die Bearbeiter vor Ort fügten zum Teil neue Spalten mit für sie wichtigen Informationen ein oder löschten Spalten, die sie nicht benötigten. Das Zusammenführen der verschiedenen Versionen erwies sich deswegen als kompliziert, die Verwaltung unterschiedlicher Datenstände führte zu zusätzlichem Aufwand.
Darum wurde zusammen mit dem Softwarepartner SMB AG ein internetbasiertes Programm für die Dateneingabe und -verwaltung sowie differenzierte Auswertungen entwickelt. Eine Gebäudedatenbank, die „Fachdatenbank Hochbau“, mit den Kerndaten aller staatlichen Gebäude ist bereits seit einigen Jahren im Einsatz und lieferte den grundlegenden Datenbestand.
An die Neuentwicklung der Fachschule „Sonderprogramm energetische Sanierung staatlicher Gebäude“ wurden folgende Kernanforderungen gestellt:
Schnelle Verfügbarkeit.
Kein Installationsbedarf beim Anwender.
Reduzierung der Informationen aus der Fachdatenbank Hochbau auf die für die energetische Sanierung notwendigen Daten.
Einfache Bedienbarkeit mit minimalem Einarbeitungsbedarf.
Unterschiedliche Eingabeoberflächen für die Oberste Baubehörde als zentrale Entscheider und die Bauämter vor Ort.
Wesentlich sind also die einfach zu bedienende und nutzerspezifische HTML-Oberfläche und der dezentrale Zugang zur Software, ohne das Programm installieren zu müssen.
Erreichte Energieeffizienz
Mit den insgesamt eingesetzten Mittel in Höhe von 150 Mio. € wird eine absolute CO2-Einsparung von rund 700 000 t – jeweils auf die Lebensdauer des von der Sanierung betroffenen Bauteils bezogen – erwartet. Das entspricht einer CO2-
Effizienz von ca. 0,21 €/ kg CO2. So verwundert es auch nicht, dass die meisten ausgewählten Projekte eine Energieeffizienz von 0,20 bis 0,25 € / kg CO2 aufweisen. Einige Maßnahmen wie typischerweise die Dämmung von Kellerdecken oder anderer begrenzender Bauteile zu unbeheizten Gebäudeteilen erreichen sogar einen Wert unter 0,10 € je kg CO2-Einsparung. Sogar das Nachrüsten von Wärmerückgewinnungsanlagen in bestehende Lüftungsanlagen kann Werte bis zu 0,13 €/ kg CO2 erreichen.
Durchgeführte Projekte
In 2008 konnten bereits 119 Einzelmaßnahmen zur Bauausführung freigegeben werden. Für diese Maßnahmen werden aus dem Sonderprogramm rund 66 Mio. € zur Verfügung gestellt. Im Herbst 2009 waren bereits etwa 300 Maßnahmen mit einem Volumen von über 120 Mio. € zur Bauausführung freigegeben. Aus ökonomischer Sicht errechnet sich für diese Projekte eine voraussichtliche jährliche Einsparung an Energiekosten in Höhe von rund 5,5 Mio. €. Mit den noch zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln des Sonderprogramms sollen in den Programmjahren 2010 und 2011 insbesondere regionale und ressortbezogene Unterschiede gemindert werden. Das Hauptkriterium für die Auswahl der Gebäude bleibt aber die zu erzielende CO2-Einsparung.
Einige prominente Projekte wie die
energetische Sanierung der Bayerischen Staatsoper in München sind bereits abgeschlossen. Auch die weiteren Münchner Staatstheater oder das Hauptgebäude der TU München sind im Maßnahmenkatalog enthalten. Ebenso wurden jedoch in vielen anderen Städten und im ländlichen Raum Sanierungsprojekte durchgeführt.
Einfache, dezentrale Dateneingabe
In einer zentralen Datenbank, die jedoch über das Intranet dezentral gepflegt werden kann, stehen die Kerninformationen aller staatlichen Gebäude zur Verfügung. In einem Browser wie z.B. den Explorer können beteiligte Bauämter ihre Projektvorschläge mit allen geplanten Maßnahmen für die von ihnen betreuten Gebäude ergänzen. Aus U-Werten, Flächenangaben, Energieträgern, Kosten und zusätzlichen Angaben wird die CO2-Effizienz der Maßnahmen ermittelt. In den ausführenden Abteilungen ist für die Dateneingabe keine Softwareinstallation nötig, da für das Projekt eine speziell für diese Aufgabe entwickelte webbasierte Software eingesetzt wird. Akzeptanzprobleme, Mehrfacheingaben und Übertragungsfehler werden so vermieden.
Die eingegebenen Informationen werden über das bereits vorhandene Intranet auf dem Server gespeichert. Das Konzept sieht nun ein abgestuftes Verfahren vor, in dem die Vorschläge geprüft, bewertet und gegebenenfalls
von den Antragsstellern weiter verfeinert werden. Für von der Obersten Baubehörde freigegebene Projekte werden neben den geschätzten Kosten auch die tatsächlich entstandenen Kosten verwaltet. Somit wird einen Gesamtüberblick über das Programmbudget (Kostenkontrolle) ermöglicht.
Fazit und Ausblick
Die guten und schnell realisierten Ergebnisse machen eine Fortsetzung des Sonderprogramms über das Jahr 2011 hinaus wünschenswert. Es hat sich auch gezeigt, dass die Sondermittel häufig zur Ausführung weiterer Sanierungsarbeiten, welche von den Ressorts zu finanzieren sind, motivieren. Denn wenn das Gerüst schon steht, können z.B. auch die bereits länger fälligen Spenglerarbeiten gleich mit erledigt werden. Diese nicht energetisch relevanten Arbeiten werden zwar aus anderen Budgets finanziert jedoch in der Datenbank mit erfasst. Zusätzlich zu den Maßnahmen des Sonderprogramms sollen zukünftig in der Fachdatenbank Hochbau auch die Energiekenndaten und jährlichen Verbräuche staatlicher Gebäude eingepflegt werden. Damit sind dann u. a. Auswertungen über den Einsatz regenerativer Energien möglich.
Andreas Kronthaler, Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des
Innern, München;
Barbara Lobinger, SMB AG, München