Nachhaltiges Facility Management am Beispiel des Krankenhausbetriebs

Betreiben mit Weitsicht

Nachhaltigkeit in einem Krankenhaus umzusetzen, ist auch für das Facility Management eine facettenreiche und vielschichtige Herausforderung. Dies benötigt von allen Beteiligten den Willen, mit dem Blick in die Zukunft den tagtäglichen Betrieb systematisch und kontinuierlich zu hinterfragen und anzupassen. Eine langfristige Strategie und entsprechende personelle und finanzielle Unterstützung durch das Krankenhausmanagement sind bei kontinuierlicher Einbeziehung aller Beteiligten die Bausteine zum Erfolg.

Moderne Krankenhäuser sind heute Anbieter von Dienstleistungen rund um Gesundheit und Leben der Menschen. Sie müssen für Patienten und Mitarbeiter gleichermaßen zunehmend attraktiver werden, aber auch die Belange von Besuchern, Auszubildenden und für sie tätigen Dienstleistern berücksichtigen. An ihren hochkomplexen Arbeitsplätzen und Ausstattungen für intensive Diagnostik, Therapie und Pflege von Patienten vereinigen sich die medizinischen Leistungen und Informationen mit der vorhandenen medizinischen und technischen Infrastruktur.
Alles ist darauf ausgerichtet, den Patienten eine erfolgreiche Behandlung zu bieten und dies durch ein Qualitätssicherungssystem aller Prozesse, inkl. der unterstützenden Leistungen des Facility Managements, sicherzustellen.

Grundsätzlich unterliegen Krankenhäuser zudem den gleichen betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen bzgl. Einnahmen und Ausgaben wie Wirtschaftsunternehmen auch. D. h. sie dürfen bei einem starken Wettbewerbsdruck nicht defizitär agieren, wollen sie ihre Autonomie langfristig sicherstellen oder ihre Existenz nicht gefährden. Krankenhäuser müssen immer effizienter wirtschaften, um steigende Kosten aufzufangen und zunehmende Verschuldungen zu vermeiden.

Rasanter Wissenszuwachs begleitet von der Notwendigkeit zur Einführung neuester medizinwissenschaftlicher, technischer, betriebswirtschaftlicher Innovationen sowie rechtliche Restriktionen, bedingen einen ständigen Anpassungsaufwand und zugleich erhebliche Investitionserfordernisse. Dazu müssen neben der Organisation auch alle Prozesse an diese zunehmende Entwicklungsgeschwindigkeit angepasst werden. Moder­nisierung, Verschlankung, Qualifikation und Motivation sind die Voraussetzungen für das erfolgreich handelnde, komplexe Dienstleistungsunternehmen Krankenhaus.

Politisch wird von den Krankenhäusern in den letzten Jahren zunehmend ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein für die langfristigen Folgen ihres Tuns für Mensch, Natur und Umwelt gefordert und ein adäquater Beitrag verlangt. Unterschiedliche nationale und internationale Gremien, Verbände und Organisationen versuchen über Normen, Leitlinien und Kriterien ganzheitliche Ansätze zur Nachhaltigkeit zu entwickeln und mittels Zertifikaten die erfolgreiche Umsetzung erreichter Ziele zu dokumentieren.

Allgemein erfolgt die Betrachtung der Wirkung von Nachhaltigkeit gleichwertig in den drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziokulturelles und berücksichtigt dabei einen langfristigen Zeitraum. Für diese drei Dimensionen werden Schutzgüter und Schutzziele definiert, die vom Allgemeinen zum Besondern hin untersetzt werden und künftig zu erfüllen sind. Die Grundsätze für die Betrachtung und Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden sind im Leitfaden Nachhaltiges Bauen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 04/2013, zusammengestellt (siehe Grafik 1).

Ergänzend werden über die betrachteten drei Dimensionen Ebenen eingeführt (wie z.B. Standortgegebenheiten) und ihr Einfluss auf die Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus während Planung, Errichtung, Nutzung und Betrieb hinterfragt. Andere Gremien und Autoren als das BMVBS berücksichtigten weitere zusätzliche Ebenen der Einflussnahme. Diese führen zwangsläufig zu unterschiedlichen Schutzgütern und -zielen und damit zu verschiedenen Beurteilungskriterien für die Erreichung von Nachhaltigkeit oder deren möglichen Stufen. Die GEFMA-Richtlinie 160 „Nachhaltigkeit im Facility Management“ (Entwurf 2014-02) z. B. greift diesen Anspruch an ein zertifizierungsfähiges, nachhaltiges FM auf. Die Vorbereitungen hierzu haben begonnen. Sie befinden sich in der Abstimmung und werden in der Zukunft auch für Krankenhäuser fortentwickelt. Dies wird vom GEFMA-Arbeitskreis FM im Krankenhaus unter unserer Leitung aktiv begleitet werden.

Für das Krankenhausmanagement
bedeutet diese Aufforderung zur Entwicklung eines nachhaltig geführten Krankenhausbetriebs die immense Herausforderung, sich aktiv langfristig anspruchsvolle Ziele zu setzen und diese im Rahmen konsequent zu verfolgen und umzusetzen.

Der „Green Hospital“-Ansatz versucht alle Bereiche des Unternehmens Kran­kenhaus mit seinen primären und sekun­dären operativen Kerndienstleistungsbereichen, notwendigen Unterstüt­zungsleistungen, strategischen Planungs- und allgemeinen Managementbereich mit zu integrieren.

Für das Facility Management im Kran­ken­haus heißt es dann, von diesem übergeordneten „Green Hospital“-Ansatz von der „Nachhaltigkeit des Bauens und Betreibens von Krankenhäusern“, in den Grenzen der Managementvorgaben, zur spezifischen Nachhaltigkeit des FM im Krankenhaus zu gelangen. Davon sind in der Regel bis zu 30 % der Gesamtkosten im Krankenhaus betroffen.

Nicht jedes Krankenhaus ist in der Lage sich entsprechend eines beschlossenen und finanziell gesicherten Masterplans konsequent neu und zugleich nachhaltig auszurichten. Aber auch Krankenhäuser mit älteren Gebäuden können ihre Entscheidungen zugunsten einer langfristig wirksam werdenden Nachhaltigkeit treffen, ökologisch und soziokulturell agieren und sich dabei ökonomisch verhalten. Viele kleine Bausteine, die alle Bereiche des Facility Managements im Krankenhaus betreffen, können schrittweise einbezogen werden. Dies kann vom Einkauf nachhaltig produzierter Materialien und Anlagenteile der Instandsetzung über die optimierte bedarfsdeckende Zurverfügungstellung von Räumen und Flächen bis zur krankenhauseigenen Kläranlage zur Filterung von Arzneimittelrückständen und Antibiotika aus dem Abwasser reichen.

Die erhebliche Bandbreite der Ansatzpunkte zur Nachhaltigkeit für das Facility Management sollen die folgenden Maßnahmenbündel in den Dimensionen Ökologie, Soziokulturelles und Ökonomie in Anlehnung an die Abbildung der Schutzgüter und -ziele der Nachhaltigkeit für den Krankenhausbetrieb aufzeigen.

Ökologie: Beispiele zur Energie-Effizienz

Im Vordergrund stehen hierbei Energieversorgung und energiesparende Effekte aus Technik und Betrieb, die stets mit einer Senkung der mit der Bereitstellung einhergehenden Emissionen von Treibhausgasen verbunden sind.

n Planung einer langfristigen Energieeffizienz-Strategie in Abstimmung mit dem Krankenhausmanagement

n Einführung eines Managementsystems zur Minderung des Energieverbrauchs; dies reicht von der Energieberatung über Energieaudits bis zur Einführung eines zertifizierten Energiemanagementsystems

n Erprobung und Einführung neuester Produkte und Technologien für alle haustechnischen Anlagen, die den Energieverbrauch reduzieren, z.B. durch den Einsatz moderner turbulenzarmer-Decken mit LED-Beleuchtungstechnik im Operationssälen, Senkung der Außenluftmengen durch Mischluftbetrieb und adiabatischer Kühlung bei signifikanter Verkleinerung der zugehörigen Anlagen

n Nutzung von Demand-Response-Lösungen(Lastmanagement) wie
z.B. die Teilnahme an der Strombereitstellung für virtuelle Regelenergie durch Vermarktung von Minutenstromreserven durch vorhandene Netz­ersatzanlagen als Poolteilnehmer im Rahmen vernetzter Kleinstromerzeugeranlagen

n Steigerung der energetischen Autonomie durch Einsatz hocheffizienter KWK-Anlagen für die Eigenstrom- und Wärmeversorgung und mit Einsatz von Absorptionskälteanlagen für hohe Auslastung der Anlagen auch im Sommerbetrieb und Einsatz erneuerbarer Energien mit Amortisationszeiten zwischen 2 bis 5 Jahren

n Regelmäßige Kontrollen der Wärmeverluste durch Thermographie

n Nutzung von Tageslicht für Arbeitsplätze, Flure und Foren gegebenenfalls mit Blend- und Schutz vor Überhitzung, Schaffung von Innenhöfen und natürlicher Innenhofbeleuchtung

n Einsatz sensorgesteuerter intelligenter System mit automatischer Stand-by-Funktion z.B. für Schrankenanlagen inkl. automatisierter Öffnung für kürzere Wartezeiten des Verkehrs

n Nutzung von Energiespar-Contracting Modellen zur Vermeidung von eigenen Investitionen und unmittelbaren ökonomischen Effekten aus diesen Einsparungen

Soziokulturelles: Bewahrung von Gesundheit, Sicherheit

n Konsequente Umstellung der Brauchwarmwasser-Erzeugung auf dezentrale Anlagen mit geringen Speicherkapazitäten und Legionellenschaltungen

n Strikte räumliche Abschottung von Baustellen bei Instandhaltungs- und Sanierungsarbeiten auf Stationen oder in Aufbereitungszonen zur Vermeidung von Kontaminationen aus der Leistungserbringung

n Sensorgesteuerte Überwachung und automatischer Verschluss der Türen von Blutkonserven- und Medikamentenkühlschränken zur Vermeidung von nächtlichen Bereitschaftsaktivitäten

n Frühzeitige Berücksichtigung der Anforderungen aus der Betreiberverantwortung inkl. Definition von Service Levels auf der Grundlage rechtlicher Anforderungen und KH-spezifischer Qualitätsstandards

Ökonomie: langfristige Verbesserung der Wirtschaftlichkeit

n Investitionsentscheidungen auf Basis von Wirtschaftlichkeitsberechnungen unter Berücksichtigung von Nutzungskosten gemäß DIN 13080 bzw. GEFMA 812

n Entscheidungen über Umsetzung von Aufgaben und Instandsetzungsmaßnahmen in Abhängigkeit von aufgaben­bezogener Priorität, anlagenbezogenem Risiko und verfügbaren Mitteln

n Aufwandserfassung für Betrieb und Instandhaltung auf Technische Anlagen und Systeme sowie alle kritischen, wert- oder prüfrelevanten Anlagenteile und Betriebsmittel

n Einführung einer professionellen Arbeitsvorbereitung (Arbeitsplanung und Arbeitssteuerung) mit effizienter CAFM-Nutzung zur Reduzierung unnötiger Instandsetzungszeiten und Vermeidung von Doppelarbeiten

n Die Optimierung/Reduktion des Flächenbedarfs

Der letzte Punkt ist der größte mögliche Hebel in der Nachhaltigkeit im Bauen und im Betrieb, denn es folgt eine
Reduktion der eingesetzten Ressourcen in der Erstellung und in der Bewirtschaftung.

n Dazu können in der Planungsphase über die Fall-Mix-Planung eines Krankenhauses können mittels Raum-Nutzungszeiten genaue Raum-Bedarfe ermittelt werden und die daraus resultierenden Kosten geplant werden. Ermittelte Raum-Vollkosten bieten schon im Planungsprozess die Grundlagen für zu erwartenden Bewirtschaftungskosten.

n In der Nutzungsphase erfolgt die Bereitstellung und Zuordnung von DRG-gerechten Kosten, d. h. dem Fall verursachungsgerecht zuordenbaren Arbeitsplatzkosten in Kombination mit Raum-Nutzungszeiten werden an die Kostenverursacher überführt und lösen Spareffekte in den Funktionsbereichen aus. Dabei sind Raum-Vollkosten sehr pragmatisch zu ermitteln und dem Behandlungsfall zuzuordnen. Gleichzeitig sind die Raum-Vollkosten über Krankenhäuser hinweg vergleichbar. In der Folge entsteht eine Flächenoptimierungspotenzial mit umfangreichen Effekten.

Fazit

Nachhaltiges Facility Management im Krankenhaus ist eine hochkomplexe und vielschichtige Aufgabe. Für die
Umsetzung sind entsprechend der Rahmenbedingungen speziell untersetzte Zielstellungen sowie terminierte Maßnahmenkataloge aufzustellen und zu verfolgen. Dies erfordert eine langfriste Strategie und die mittelfristigen Freigaben zur schrittweisen Umsetzung. Eine eigenständige Betriebsorganisationsplanung als betriebswirtschaftliche Schnittstelle zwischen Anforderungen aus dem Kerngeschäft, aktueller Marktsituation und Machbarkeit der Umsetzung und künftigem Betrieb durch das Facility Management kann hierbei wegweisend sein. Letztlich sind, wie bei allen Veränderungsprozessen, alle Mitarbeiter in die Suche, Lösungsfindung und Umsetzung mit einzubeziehen, ohne deren Mitwirkung keine Akzeptanz für die vielen, auch scheinbar kleinen und nebensächlichen Möglichkeiten entwickelt werden kann.

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