Der Fokus liegt auf dem Lebenszyklus!

BAU 2025

Die Herausforderungen sind groß: Steigende Material- und Lohnkosten ­sowie anhaltende Engpässe in den Lieferketten. Zudem drückt auch die wirtschaftliche Lage und die stetig steigenden Anforderungen an Nach­haltigkeit und Energieeffizienz. Der Hebel liegt daher in der ganzheitlichen Betrachtung aller Teile der Wertschöpfungskette – Planen, Bauen und ­Betreiben – die in jeder Phase spezifische Ansätze und Methoden zur ­Kosteneffizienz und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bietet. Ansätze und ­Lösungen hierzu will die BAU 2025 von 13. bis 17. Januar 2025 in München zeigen.

Für wirtschaftliches Bauen sind zum einen politische Rahmenbedingungen notwendig, wie zum Beispiel das Maßnahmenpaket zur Baukostensenkung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Auch die Bauforschung leistet einen wichtigen Beitrag zur Erforschung neuer Lösungen für bezahlbares und nachhaltiges Bauen, wie die aktuelle Publikation zu Handlungsansätzen für Bauherren, Planer und Kommunen zeigt. Doch nicht nur Prozesse und Rahmenbedingungen müssen sich ändern. Auch die Preisgestaltung, insbesondere für Bauprodukte im Wohnungsbau, steht im Fokus. Hier gilt es, über den Tellerrand zu schauen, die eigenen Handlungsspielräume kritisch zu hinterfragen und zu optimieren. Dies führt zu disruptiven, innovativen und zukunftsweisenden Modellen.

Lebenszyklus-Betrachtung

Die Betrachtung des Lebenszyklus eines Gebäudes gewährleistet eine ganzheitliche, wirtschaftliche und nachhaltige Planung. Während der Herstellungspreis kurzfristig attraktiv erscheinen mag, können die langfristigen Kosten und Umweltauswirkungen oft viel höher sein. Darüber hinaus ist die Betrachtung des Lebenszyklus eines Gebäudes nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll, sondern auch im Hinblick auf die EU-Taxonomie, die langfristig nachhaltige Investitionen fördert, von wesentlicher Bedeutung. Gebäude, die nicht energieeffizient und umweltfreundlich gebaut werden, laufen Gefahr, als „Stranded Assets“ eingestuft zu werden und damit an Wert zu verlieren. Ein vorausschauender, lebenszyklusorientierter Ansatz sichert nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die Zukunftsfähigkeit von Immobilien in einem zunehmend nachhaltigkeitsorientierten Markt.

Auf der BAU – der Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme – widmet sich das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) mit einem eigenen Messestand „ZUKUNFT BAU“ diesem Thema, wie der Parlamentarische Staatssekretär Sören Bartol dazu: „Wirtschaftliches Bauen bedeutet, effiziente und nachhaltige Lösungen entlang des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu entwickeln – von der Planung über den Bau bis hin zum Betrieb. Dies wird durch einen ganzheitlichen Ansatz und die Optimierung durch digitale Tools und innovative Geschäftsmodelle gefördert. Die serielle und modulare Bauweise spielt hier ebenso eine Rolle wie der bewusste Verzicht auf kostentreibende Standards, bei dem die „Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E“ des BMWSB unterstützt.“

Mit der Begründung, dass nachhaltiges und einfaches Bauen mehr Gestaltungsfreiheit zugunsten notwendiger Innovationen braucht, soll der Gebäudetyp das enge Korsett von Normen, überflüssigen Standards und bürokratischen Hürden überwinden, um Projekte, die auf den Kern der Schutzziele der Bauordnungen reduziert sind, bewusst einfach, nachhaltig und rechtssicher zu bauen. Dass die Umsetzung des Konzepts bereits machbar ist, zeigt der Start von 19 Pilotprojekten, die das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr vorgestellt hat, aber auch verschiedene Gesetzesnovellen wie die der Niedersächsischen Bauordnung im Jahr 2024. „Wie wenig ist genug“ ist auch für die Bestandserneuerung die zentrale Haltung. Statt aufwendiger Maßnahmen zur Erreichung von Neubaustandards im Bestand bergen minimalinvasive Eingriffe und die Anwendung passiver Gestaltungsprinzipien große Potenziale. Wartungsarmes Bauen ergänzt diesen Ansatz durch die Schaffung robuster Strukturen, die wenig Instandhaltung erfordern. Dies ist Chance und Herausforderung zugleich.

Ganzheitliches Planen und ­Optimieren

Die Digitalisierung kann durch den Einsatz neuer Planungswerkzeuge und -methoden wie BIM (Building Information Modeling), Digitaler Zwilling und Künstliche Intelligenz in der Entwurfsplanung zur Effizienzsteigerung beitragen. Im Bauablauf und Projektmanagement trägt Lean Management ebenfalls zur Effizienzsteigerung bei. Lean Construction erweitert diese Prinzipien auf die Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung im gesamten Bauprozess. Auch neue Geschäftsmodelle sind für die Umsetzung des wirtschaftlichen Bauens notwendig, denn sie ermöglichen die Anpassung an sich ändernde Marktanforderungen und Technologien. Sei es in der Art und Weise, wie Wertschöpfung generiert wird oder wie Handwerkerleistungen neu gedacht werden können. Durch Investitionen in mutige Innovationen, die neue Kunden und Märkte schaffen und damit neue Wege des Branchenwachstums auslösen, können innovative Unternehmen nicht nur ihren Handlungsspielraum erweitern, sondern perspektivisch auch die Entwicklung ihrer Branche verändern, wie eine aktuelle Studie von McKinsey zeigt. Die Messe will die Plattform für neueste Trends, Technologien und Lösungen für wirtschaftliches Bauen sein.

Denn der nachhaltige Umgang mit den vorhandenen Ressourcen erfordert ein Umdenken in allen Bereichen und bei allen am Bau Beteiligten. Sei es durch den Einsatz umweltverträglicher, recyclingfähiger, nachwachsender oder nachhaltig produzierter Materialien und Rohstoffe oder durch die Reduzierung der Emissions- und Energieintensität klassischer Baustoffe durch neue Produktionsverfahren. Auch die Nutzung und der Betrieb von Gebäuden haben Einfluss auf die Ressourcenschonung. Ein viel diskutiertes Thema ist das kreislauforientierte Bauen, das neben recyclingfähigen Baustoffen und Bauteilen auch eine andere Art des Planens und Bauens erfordert.

Der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Bauwirtschaft von heute, wie Johannes Kreißig, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), klarstellt: „Das neue Selbstverständnis kann nur der Erhalt des Gebäudebestands sowie die Wiederverwendung von verbauten Materialien sein. Bei allen Neubauten sind ein Plus an Flexibilität in der Nutzbarkeit, eine möglichst große Langlebigkeit sowie zirkuläre Bauweisen zentrale Maximen. Für all dies setzen wir uns als DGNB seit mehr als 15 Jahren erfolgreich ein. Und immer mehr Entscheidungsträger der Branche gehen diesen Weg mit. So ist es nicht verwunderlich, dass Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz zu Leitthemen der BAU geworden sind.“

Zirkuläres Bauen

Durch die Verwendung von Recyclingmaterial können auch die mit der Neuproduktion verbundenen Emissionen reduziert werden. Das Konzept der Circular Economy, oft auch synonym mit Kreislaufwirtschaft, steht in diesem Zusammenhang für einen Paradigmenwechsel in der Bauwirtschaft: weg von der traditionellen linearen Wirtschaft (make, take, waste) hin zu einem nachhaltigen zirkulären Ansatz (reduce, reuse, recycle). Dies ermöglicht nicht nur Ressourceneinsparungen, sondern eröffnet auch neue Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle in der Branche. Dazu bedarf es unter anderem eines Design for Disassembly, also der sortenreinen Demontierbarkeit von Konstruktionen und Verbindungen in Bauprodukten, eines konsequenten Recyclings auf gleichbleibendem Qualitätsniveau, aber auch analoger Plattformen und digitaler Tools, die über das Potenzial der urbanen Mine informieren können.

Digitale Werkzeuge und ­Ressourcenmanagement

Für eine effektive Kreislaufwirtschaft hin zu einer nachhaltigeren und ressourceneffizienteren Bauwirtschaft ist Transparenz über Materialien und Ressourcen sowie eine Struktur notwendig, um deren Einsatz über den gesamten Lebenszyklus zu verfolgen und optimal zu nutzen. Dazu ist ein Materialkataster notwendig, das eine detaillierte Bestandsaufnahme aller in einem Gebäude verbauten Materialien und Produkte ermöglicht. Einen Schritt weiter geht der Produkt- oder Gebäuderessourcenpass. Neben der derzeit laufenden Ausschreibung des Bauministeriums zur Konzeption eines Gesamtansatzes für ein Gebäudeinformationsmanagement haben verschiedene Akteure bereits Fakten geschaffen, die heute schon detaillierte Informationen über Herkunft, Zusammensetzung, Umweltauswirkungen, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit von Baustoffen sowie die Energieeffizienz des Gebäudes liefern.

Globale Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und ein wachsendes Umweltbewusstsein in der Gesellschaft machen ein Umdenken in der Bauwirtschaft unumgänglich. Die zukünftige Entwicklung des Bauens erfordert daher interdisziplinäre Zusammenarbeit und vor allem den Mut, eingefahrene Wege zu verlassen.

x

Thematisch passende Artikel:

IRBau-Konferenz: Bauwirtschaft plant Zukunft

09.06.2017 - Die „Initiative Ressourcenschonende Bauwirtschaft“ (kurz: IRBau) hat sich mit einer gut besuchten Konferenz am 31. Mai 2017 in Berlin erstmals einer breiteren Öffentlichkeit...

mehr
Ausgabe 06/2010 Immobilien im Spannungsfeld zwischen Verordnungen, Technologie­entwicklung und Ressourcenverknappung

Einflussfaktoren auf Lebenszyklus­kosten im Planungsprozess

Zur Formulierung des Zielsystems ist die Entwicklung einer Methodik zur Betrachtung interdisziplinärer Planungsprozesse in Verbindung mit geeigneter Projektkoordination bzw. -steuerung notwendig. Das...

mehr
Ausgabe 04/2021 Ressourcen­effizient und kreislaufgerecht

Bauen der Zukunft

Der Verein Aachen Building Experts (ABE) fördert innovatives Bauen und vernetzt deutschlandweit Akteure entlang der Wertschöpfungskette Bau. Geschäftsführer Goar T. Werner weiß, dass in Hinblick...

mehr