Ressourcenschonende Grünflächenbewässerung
Im All Electric Society Park in Blomberg stellt die Phoenix Contact GmbH & Co. KG an verschiedenen interaktiven Stationen vor, wie erneuerbare Energie gewonnen und gespeichert, aber auch umgewandelt, verteilt und genutzt werden kann. Der mehr als 7800 m² große Park mit dem All Electric Society Pavillon als Mittelpunkt zeigt dabei nicht nur konkrete Beispiele wie die gewonnene Energie für Elektromobilität, smarte Gebäude, Verkehrsinfrastruktur und Produktionsanlagen verwendet werden kann. Auch der nachhaltige Umgang mit dem Rohstoff Wasser steht im Fokus.
Wer den All Electric Society Park in Blomberg bereits besucht hat, wird sicher auch einen Blick in den Smart Water Cube geworfen haben. Dort befindet sich der Schaltschrank zur Steuerung der Parkbewässerung. Die Grünflächen des Parks sind in 15 Bewässerungszonen unterteilt. In jeder Zone wurde ein batteriebetriebener LoRaWAN-Bodenfeuchtesensor installiert. Die Geräte messen in festen Intervallen die Bodenfeuchtigkeit und -temperatur sowie die Leitfähigkeit und senden die Daten dann über ein LoRaWAN-Gateway an die unternehmenseigene Cloud-Plattform grovez.io. Per MQTT-Netzwerkprotokoll werden die Sensorwerte zusammen mit den Messwerten einer lokalen Wetterstation an eine PLCnext-Steuerung weitergeleitet. Ein Wasserzähler mit Impulsmodul in der Hauptleitung der Bewässerung, der ebenfalls an die Steuerung angekoppelt ist, liefert wichtige Informationen zum aktuellen Durchfluss und Wasserverbrauch. In diesem Zusammenspiel lassen sich die unterschiedlichen Pflanzen, Bäume und Gräser bedarfsgerecht und ressourcenschonend bewässern. Im Vergleich zu einer einfachen zeitgesteuerten Bewässerung ergibt sich so eine Wassereinsparung von bis zu 30 Prozent.
Integration in die vorhandene Infrastruktur
Das Herzstück des Schaltschranks bildet eine PLCnext-Steuerung AXC-F 3152, an die sich I/O-Module der Produktfamilie Smart Elements anreihen, die der Ansteuerung der Magnetventile dienen. In der SPS fließen alle notwendigen Daten zur effizienten Steuerung der Bewässerung zusammen. Das auf ihr laufende IEC61131-Programm vergleicht die derzeitigen Sensorwerte kontinuierlich mit den vorkonfektionierten Parametern. Stellt der Algorithmus fest, dass eine Grünfläche zu trocken ist, wird das Magnetventil für die entsprechende Bewässerungszone automatisch geöffnet. Sobald die vorgegebene Wassermenge erreicht ist oder sich die Bodenfeuchte normalisiert hat, wird das Ventil wieder geschlossen. Falls die lokale Wetterstation anhand der Daten ein Regenereignis erkennt, führt dies automatisch zum Abbruch des Bewässerungsvorgangs .
Über ein lokales Bedienterminal lassen sich die Zeiten, in denen ein Bewässerungsvorgang gestartet werden darf, für jeden Wochentag individuell definieren. Hier kann der Anwender auch die Grenzwerte für die einzelnen Bewässerungszonen eingeben. Zur Zeitsynchronisation wird ein GNSS-Empfänger (Global Navigation Satellite System) mit integriertem NTP-Server (Network Time Protocol) abgefragt. Die Software detektiert außerdem zuverlässig Leckagen im System und erzeugt daraufhin Alarmmeldungen. Darüber hinaus ist die PLCnext-Steuerung via VPN-Tunnel (Virtual Private Network) mit dem webbasierten SCADA-System Resylive von Phoenix Contact verbunden. Über diese Plattform kann die Anlage jederzeit aus der Ferne konfiguriert, gesteuert und überwacht werden. Das Erstellen von Berichten zum Wasserverbrauch ist ebenfalls möglich.
Aufgrund der Interoperabilität der PLCnext Technology erhält der Anwender zudem ein hohes Maß an Flexibilität. Die Bewässerungslösung lässt sich beispielsweise einfach in eine bereits vorhandene Infrastruktur einbinden. Egal, ob die Bewässerung nur lokal betrieben oder zusätzlich über ein Prozessleitsystem aus der Ferne überwacht werden soll: Mit PLCnext Technology ist die Anlage beliebig skalierbar.
Funkkommunikation mit geringem Energieverbrauch
Die Abkürzung LoRaWAN steht für Long Range Wide Area Network. Dahinter verbirgt sich eine Funknetzwerk-Technologie, die sich wegen der hohen Empfangsreichweite bei gleichzeitig niedrigem Energieverbrauch insbesondere für IoT-Anwendungen im urbanen Raum eignet. Die Reichweite von LoRaWAN beträgt innerstädtisch je nach Art der Bebauung bis zu fünf Kilometer und in einer ländlichen Umgebung bis zu 15 km. Für die Datenübertragung nutzt die Technologie das lizenzfreie ISM-Frequenzband 868 MHz. Durch Verwendung des CSS-Modulationsverfahrens (Chirp Spread Spectrum) zeigt sich die Funkverbindung als besonders robust gegenüber äußeren Störeinflüssen.
Die im Feld verbauten LoRaWAN-Sensoren senden die aktuellen Messwerte in regelmäßigen Abständen an die nächstgelegenen Gateways. Von dort werden die Daten über eine Mobilfunk- oder Ethernet-Verbindung an einen Netzwerkserver weitergeleitet. Der Server entfernt duplizierte Nachrichten und stellt die Nutzdaten (Payload) einem Applikationsserver zur Verfügung. Die beiden Server können sowohl lokal installiert als auch in der Cloud angesiedelt sein. Um die Energieeffizienz zu maximieren, passt LoRaWAN die Datenrate automatisch an die Bedingungen der Funkverbindung an. Bei guten SNR- (Signal-Rausch-Verhältnis) und RSSI-Empfangswerten (Received Signal Strength Indication) lässt sich eine höhere Datenrate nutzen, während bei schlechten Empfangsbedingungen automatisch auf eine niedrigere Datenrate gewechselt wird, sodass eine zuverlässige Kommunikation sichergestellt ist.
Geschützte Datenübertragung
LoRaWAN bietet ferner die Möglichkeit des bidirektionalen Datenaustausches. Die LoRaWAN-Nodes können aus der Ferne über Downlinks konfiguriert und gesteuert werden. Ein praktisches Anwendungsbeispiel stellt die städtische Straßenbeleuchtung dar, die sich auf diese Weise mit passenden Controllern schalten lässt. LoRaWAN unterscheidet drei verschiedene Geräteklassen. Class-A-Geräte senden Uplink-Nachrichten in festen Zeitabständen und öffnen direkt im Anschluss zwei kurze Empfangszeitfenster für Downlink-Nachrichten. Class-B-Geräte stellen zusätzliche Empfangsfenster bereit, die vom Netzwerkserver über sogenannte Beacons synchronisiert werden. Class-C-Geräte können kontinuierlich Daten senden und empfangen. Sie haben deshalb allerdings einen höheren Energiebedarf und benötigen eine feste Stromversorgung.
Als weiterer wichtiger Aspekt bei der Datenübertragung via LoRaWAN erweist sich die Verschlüsselung der Nachrichten. Über Network Session Keys und Application Session Keys, die bei der erstmaligen Verbindung zwischen Node und Server ausgehandelt werden, sind die Daten vor Manipulation und unberechtigtem Mitlesen geschützt. In Summe bietet die Funktionsweise von LoRaWAN großes Potenzial für eine Vielzahl von Applikationen in Smart Cities.
Auf der eigenen IoT-Plattform grovez.io stellt Phoenix Contact dem Anwender mit dem Environmental Monitoring die Möglichkeit zur Verfügung, die Umweltsensoren auf einer Karte zu verorten und sich die gesammelten Messdaten übersichtlich in individuellen Diagrammen darstellen zu lassen. Bereitgestellte APIs erlauben die Weiterleitung der Daten an andere städtische Systeme oder Applikationen. Über ein Public Dashboard können sich die Bürgerinnen und Bürger ebenfalls jederzeit über die aktuellen Umweltdaten ihrer Stadt informieren. Sämtliche Hardware-Komponenten zum Aufbau einer eigenen LoRaWAN-Funkumgebung sind bei Phoenix Contact erhältlich.
Mehr Datentransparenz und Synergieeffekte
Die smarte Bewässerung im All Electric Society Park zeigt sich als gutes Beispiel, wie die Transformation von Städten in grüne und nachhaltige Lebensräume durch die digitale Vernetzung moderner Technologien gelingen kann. Die Bewässerung trägt damit wesentlich zu einem besseren innerstädtischen Klima bei. In Kombination mit LoRaWAN und den Cloud Services von Phoenix Contact entstehen außerdem Datentransparenz und Synergieeffekte für die Städte und Kommunen.
Integration von Wettervorhersagedaten und KI-Modellen
Auch wenn die Bewässerungssteuerung bereits mit ihrer hohen Effizienz und Schnittstellenoffenheit überzeugt, ist ihr volles Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Derzeit nutzt der eingesetzte Controller AXC-F 3152 lediglich die aktuellen lokalen Umweltdaten für die Berechnungen. Perspektivisch sollen diese Datensätze durch die Integration von Wettervorhersagedaten ergänzt werden. Das ermöglicht eine vorausschauende Bewässerung der Grünflächen und führt damit zu weiteren Einsparungen.
Mit dem linksanreihbaren Erweiterungsmodul AXC-F XT ML 1000 lässt sich die Steuerung AXC-F 3152 zudem um Machine-Learning-Funktionen ausbauen. Sie bilden die Grundlage für die Erstellung von KI-Applikationen in der Programmiersprache Python. Die Einbindung von KI-Modellen kann die Bewässerung weiter optimieren, indem sie auf historischen Daten basierende Vorhersagen trifft. Mit diesen zusätzlichen Möglichkeiten ist der PLCnext-Controller bestens für die Erfüllung zukünftiger Anforderungen gerüstet.