Digitalisierung als Schubkraft für Nachhaltigkeit im Immobilienbetrieb

Nur über den Faktor Mensch!

Der Klimawandel schreitet weiter voran und mit fast 40 % der gesamten CO2-Emissionen ist der ökologische Fußabdruck der Immobilienbranche besonders groß. Aber hat die Branche bereits den Schlüssel für mehr ­Klimaschutz gefunden? Und kann der digitale Betrieb von Millionen von Bestandsgebäuden dazu beitragen?

„Wie die Weltwetterorganisation deutlich gemacht hat, vollzieht sich der Klimawandel mit katastrophaler Geschwindigkeit und zerstört Lebensgrundlagen auf allen Kontinenten. Auf das Notsignal des Planeten müssen wir mit ehrgeizigen, glaubwürdigen Klimaschutzmaßnahmen antworten“, appellierte UN-Generalsekretär António Guterres in seiner Rede am 7. November 2022 auf der Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Sharm el-Sheikh an die Weltgemeinschaft. Hierzulande haben wir die Zeichen der Zeit erkannt. Es gibt viele Ansätze und bereits eine ganze Menge guter Lösungen, wie Deutschland nachhaltiger werden kann. Einen wichtigen Schlüssel zu mehr Klimaschutz hält dabei die Immobilienwirtschaft in der Hand. Noch immer ist der ökologische Fußabdruck  von Immobilien besonders groß. Aber lassen sich die Geschwindigkeit und Leistungsfähigkeit für mehr Nachhaltigkeit im Immobiliensektor erhöhen, um die Auswirkungen eines sich rasant verändernden Klimas möglichst gering zu halten? Sehr viel Potenzial steckt auf jeden Fall im digitalen Betrieb von Bestandsgebäuden. Die Devise: Weniger Energie verbrauchen, Ressourcen optimal nutzen, transparent agieren und kommunizieren. Technik, die begeistert, die aber auch den Menschen einbinden muss, um nachhaltig erfolgreich zu sein.

Das Facility Management hierzulande hat bei dieser Entwicklung eine Vorbildfunktion. Mit über 89 Mrd. Euro externer Bruttowertschöpfung im Jahr stellt Deutschland den größten FM-Markt in Europa dar. Doch der Motor zu mehr Nachhaltigkeit stottert noch und läuft nach einer Untersuchung der Unternehmensberatung PWC noch nicht richtig rund. Zwar besitzen über 80 % der Dienstleister und Nutzer von Facility Services eine Nachhaltigkeitsstrategie, jedoch gerät diese wegen der komplexen Gesetzeslage und fehlender interner Kapazitäten häufig ins Stocken.

Treibstoff für den noch unsauber laufenden Nachhaltigkeitsmotor sind Daten. Die Umsetzung der ESG-Strategien scheitert nicht an deren Messung selbst: 28 % der Nutzer und 20 % der Dienstleister können die Daten sammeln, allerdings laut der Untersuchung von PWC bislang nicht zielgerichtet weiter nutzen. Aufgabe des Facility Managements ist es also, Wege zur Auswertung zu finden, die Daten zu interpretieren und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten, um die Nachhaltigkeitsziele sinnvoll zu unterstützen. Und das ist mehr als ein frommer Wunsch, denn die EU-Taxonomie ist strikt und fordert eine Nachweispflicht für die Nachhaltigkeit im Gebäudebestand.

Die Digitalisierung im Facility Management bietet vielfältige Möglichkeiten, den nachhaltigen Betrieb von Gebäuden über die Nutzung von Daten zu unterstützen. Eine dieser Optionen ist das Monitoring der Energieverbräuche durch ein digitales Energiemanagement. Es ermöglicht die Überwachung des Energieverbrauchs in Echtzeit. Sensoren und IoT-fähige Geräte sammeln die Daten. Die erfassten Werte werden analysiert und visualisiert. Dies ermöglicht es den Facility Managern, den aktuellen Energieverbrauch zu kontrollieren und Trends über bestimmte Zeiträume zu erkennen. Technisch eingreifen muss der Mensch dabei nicht zwingend. Automatisierte Systeme können den Energieverbrauch ebenfalls optimieren, indem sie Beleuchtung, Heizung, Lüftung und Klimatisierung basierend auf dem Bedarf der Gebäudenutzer steuern.

Der Sensorik sowie der durch sie gelieferten Daten und den daraus resultierenden Prozessen kommt aber nicht nur beim Energiemanagement eine immer bedeutsamere Funktion zu. Eine wichtige Rolle spielt sie auch im Bereich der Wartung. Eine hohe Lebensdauer der Gebäudetechnik ist ein relevanter Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit im Immobilienbetrieb. Durch die proaktive Wartung eines Objektes können Ausfall-, Wartungs- und Instandhaltungskosten minimiert werden. Denn es lassen sich Störungen vorhersagen, bevor es zu Ausfällen der Gebäudetechnik kommt: Predictive Maintenance basiert auf Daten, die über Sensoren von der zu wartenden Gebäudetechnik in Echtzeit erhoben werden. Das können Heizung, Aufzüge, Lüftung, Wasserleitungen und andere Bereiche aus der Gebäudetechnik sein. Die teils über IOT erhobenen Daten werden in Plattformen zusammengeführt und über spezielle Algorithmen ausgewertet. Dabei lernt die Predictive-Maintenance-Software durch jede neue Information dazu und kann über eine Zeit in die Lage versetzt werden, Störungen und Ausfälle zu prognostizieren. So kann sie Empfehlungen geben, die Immobilienbetreiber frühzeitig bei der Entscheidung unterstützen, wann und welche Reparaturen oder Wartungen erforderlich sind, und im Bedarfsfall automatisch die richtigen Prozesse einleiten.

Die moderne Technik sorgt aber nicht nur dafür, dass sich Prozesse nachhaltig optimieren lassen. Sie baut auch die Brücke zwischen der Welt der Daten und dem Alltag der Gebäudenutzer. So schafft sie Verständnis für nachhaltiges Handeln. Diese Kommunikation zwischen Gebäude und Gebäudenutzern, etwa über interaktive Dashboards, ist ein sehr wichtiger Bestandteil, um eine Immobilie auf einen erfolgreichen Nachhaltigkeitspfad zu führen. Erfolgreicher Klimaschutz beginnt im Kopf, bei einem bewussten Agieren im Alltag aus einer nachhaltigen Überzeugung heraus. Moderne Dashboard-Lösungen helfen dabei. Sie sind der Kommunikationskanal zwischen dem Immobilienmanagement und den Nutzern. Sie können Echtzeitdaten über Energieverbrauch, Wassernutzung, Abfallmanagement und andere Nachhaltigkeitsindikatoren anzeigen. Dies schafft bei den Nutzern ein Bewusstsein dafür, wie ihre Aktivitäten den Ressourcenverbrauch beeinflussen. Wenn Immobiliennutzer den direkten Einfluss ihres Verhaltens erkennen, sind sie eher bereit, im Alltag nachhaltiger zu handeln. Die Technik fordert dabei nicht nur auf, sie belohnt auch, indem sie visualisiert, welche Einspareffekte das konkrete Handeln der Gebäudenutzer hat. Sie kann einzelne Nutzergruppen zudem mit anderen Immobiliennutzern benchmarken. Hier entsteht ganz automatisch im wichtigsten Computer dieses Prozesses, unserem Gehirn, der Reiz, Herausforderungen anzunehmen, sich einem Wettbewerb um mehr Nachhaltigkeit zu stellen und diesen erfolgreich zu gestalten. Durch das Teilen von Daten über den Energieverbrauch und anderen Nachhaltigkeitskennzahlen wird somit Transparenz geschaffen und das Gefühl erzeugt: Wir sitzen in einem Boot und können gemeinsam etwas bewegen.

Diese Transparenz ist aber kein technischer Selbstläufer, sondern muss auf die individuellen Nutzergruppen ausgerichtet werden. Die Aufbereitung und Visualisierung der Daten auf eingesetzten Dashboards sollte klar und verständlich sein. Nutzer müssen in der Lage sein, die Informationen schnell zu erfassen und ohne großes Vorwissen zu interpretieren. Gleichzeitig muss die digitale Technik nicht nur Informationsquelle, sondern auch Lösungsanbieter sein, indem sie in Echtzeit eindeutige Empfehlungen bezogen auf die jeweiligen Nutzergruppen gibt.

Nachhaltiges Facility Management ist heutzutage digital und wird durch das dynamische Fortschreiten der Entwicklung künstlicher Intelligenz immer effektiver. Doch Klimaschutz gibt es deshalb noch lange nicht auf Knopfdruck. Der Faktor Mensch spielt nach wie vor die wesentliche Rolle in den Immobilien, seinen Lebensräumen. Es kommt also auf die intelligente Vernetzung von digitalen Lösungen und menschlichem Handeln an. 

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 04/2023 Nachhaltige Immobilien brauchen interdisziplinäres Handeln

Nachhaltigkeit ohne­ ­Renditeturbo

Europa erlebt immer mehr Sommer, die von Trockenheit geprägt sind. In Frankreich, Italien und Spanien wurde Ende 2022 sogar von einer Winterdürre gesprochen. Klimawandel ist also kein Szenario...

mehr

Caverion veröffentlicht erstmalig Nachhaltigkeitsziele

Der Klimawandel ist langfristig eine der größten Herausforderung für die Menschheit. Mit rund 40 Prozent Anteil am EU-weiten Endenergieverbrauch und 36 Prozent Anteil an den Treibhausgas-emissionen...

mehr
Ausgabe 03/2013 Umsetzungsbeispiel einer Nachhaltigkeitsstrategie im Unternehmen

Nachhaltigkeit im FM

Besonders für FM-Dienstleister ist diese Dynamik spürbar. Viele Kunden, die die Nachhaltigkeit bewusst umsetzen, erwarten mittlerweile nicht nur höchste Leistungen bei der Bewirtschaftung ihrer...

mehr

Digitale Gebäudetechnologien als Schlüssel für Klimaschutz und Energieeffizienz

Als einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen in Deutschland muss der Gebäudesektor Verantwortung übernehmen und zeitnah handeln. Bis 2030 können durch Gebäudeautomation insgesamt bis zu 14,7...

mehr
Advertrorial

Light + Building 2018: Nachhaltigkeit und intelligentes Energiemanagement in Gebäuden

Intelligente Gebäudetechnik Eine schonende Energienutzung lässt sich neben Maßnahmen an der Gebäudehülle durch den Einsatz intelligenter Gebäudesystemtechnik verwirklichen. Durch eine smarte und...

mehr