Klima- und Lüftungstechnik für das Innovationszentrum ­von Daikin Chemical Europe in Dortmund

Hightech statt Hochofen

Auf dem gut 115 Hektar großen Gelände des Phoenix West Stahlwerks ­
in Dortmund ist ein Technologie-Park entstanden, der sich mittlerweile als Standort für Mikro- und Nanotechnologie, IT sowie innovative Produktionstechnologie etabliert hat. Zu den vielen namhaften Unternehmen in Dortmund gehört auch Daikin Chemical Europe. Das Unternehmen, das seinen Firmenstammsitz in Düsseldorf hat, hat vor einigen Monaten sein europäisches Forschungszentrum (DCEIC) an der Walter-Bruch-Straße eröffnet.

Die Daikin Chemical Europe GmbH wurde 1992 als Tochtergesellschaft der Daikin Industries, Ltd. gegründet und ist einer der weltweit führenden Hersteller und Anbieter von fluorchemischen Produkten. Das Unternehmen engagiert sich für Innovationen auf diesem Gebiet und produziert unter anderem Beschichtungen (zum Beispiel für Haushaltswaren, Bautechnik, Medizintechnik), Polymere und Kältemittel. Diese Konzernsparte arbeitet auch sehr erfolgreich mit der deutschen Automobilindustrie zusammen und ist aktiv an der Entwicklung neuer Technologien für die E-Mobilität beteiligt. Mit dem neu errichteten Daikin Chemical Europe Innovationszentrum in Dortmund, das über 7.000 m2 Büro- und Laborfläche verfügt, wird Daikin offene Innovations- und technische Kooperationsprojekte entlang der verschiedenen Wertschöpfungsketten mit Partnern, Kunden, Start-ups und Universitäten umsetzen. Vom ersten Spatenstich im Mai 2020 vergingen nur 16 Monate bis zur Fertigstellung des Objektes. Das DCEIC wurde offiziell im Oktober 2021 eröffnet und bietet heute etwa 40 Mitarbeitern moderne und komfortable Arbeitsplätze in einer repräsentativen Immobilie.

„Das Daikin Chemical Europe Innovation Center im Technologiepark Phoenix West in Dortmund bietet mit seiner zentralen Lage eine hervorragende Anbindung an Kunden, Hochschulen und technische Einrichtungen und somit beste Voraussetzungen für die gemeinsame Forschung und Entwicklung“, sagt Dr. Peter Hupfield, Vice President Application Development bei der Daikin Chemical Europe GmbH.

Der Daikin Konzern nutzt das europäische Forschungszentrum außerdem für verschiedene Veranstaltungen. Im Herbst 2022 fand zum Beispiel der Planertag des Daikin Regionalbüros Düsseldorf dort statt. Weitere Events sind schon geplant.

 

Flächen für komplexe

Anforderungen

Bei der Umsetzung des Projekts kann die in Dortmund ansässige assmann GmbH von einem Heimspiel sprechen. Als Generalplaner, der alle Planungsdisziplinen im eigenen Hause vereint, war es für die assmann Gruppe besonders reizvoll, am heimatlichen Standort für Daikin Chemical Europe planen zu dürfen. „Bei der Umsetzung des Raumprogramms mit unterschiedlichen Labor- und Technikflächen für Forschung und Entwicklung konnten wir auf unsere langjährige interdisziplinäre Erfahrung in der Generalplanung für Labor- und Forschungseinrichtungen zurückgreifen. Die Kombination aus einem architektonischen Anspruch und einem technischen Verständnis für die komplexen und spezifischen Anforderungen aus der Labornutzung spiegeln sich in der Planung und der Realisierung des Projektes wider“, so Dipl.-Ing. Architekt Klaus Berkel von der assmann Gruppe. „Ein schonender Umgang mit Ressourcen in Verbindung mit einer fortschreitenden Reduzierung von Emissionen bekommt einen immer größeren Stellenwert und wird von der assmann Gruppe mit jedem Projekt aufs Neue als Herausforderung angenommen. Mit den Produkten von Daikin aus den Bereichen Wärme-, Kälte- und Lüftungstechnik konnte diese Herausforderung optimal in der DCEIC-Planung umgesetzt werden.“

Eine weitere Dortmunder Firma, die auch schon in der Vergangenheit für Daikin Chemical arbeitete und beim Daikin Chemical Europe Innovation Center einbezogen wurde, ist die weltweit tätige Thiemt GmbH. Das auf Laborplanung spezialisierte Unternehmen wurde beim DCEIC-Projekt bereits in der frühen Phase der Konzeptfindung sowie bei der Ermittlung des Größen- und Flächenbedarfs involviert. In einer späteren Phase hat Thiemt dann auch die Ausführungsplanung der verschiedenen Labore übernommen und diese Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit des Auftraggebers gemeistert.

Als Generalunternehmer fungierte die Firma Takenaka Europe GmbH aus Düsseldorf. Das Team von Takenaka, mit dem Daikin seit 1991 schon in 25 anderen Projekten erfolgreich zusammengearbeitet hat, zeichnete beim DCEIC für die Ausführungsplanung sowie für die Bauausführung verantwortlich. „Besonders spannend an diesem Projekt war für uns der Anspruch, das Innovation Center als KfW Effizienzhaus 55 mit einem entsprechend hohen energetischen Standard zu bauen”, erläutert Björn Juckel-Murakami, M&E Department Manager bei der Takenaka Europe GmbH. „Durch die effiziente Nutzung der Umweltwärme mittels der verbauten VRV-Wärmepumpentechnologie haben wir dieses Ziel auch erreicht.”

Die Umsetzung der Ausführungsplanung sowie die komplette Installation der Daikin Lüftungs- und VRV-Systeme übernahm die Herbert Gruppe aus Bensheim, unterstützt im Bereich der Kalt- und Warmwassererzeugung vom zweiten langjährigen Daikin Fachpartner, der Firma Soeffing aus Düsseldorf.

 

Technik für größtmögliche

Flexibilität

Die Gebäudetechnik im DCEIC musste neben dem KfW Effizienzhaus 55 Standard noch weitere Voraussetzungen erfüllen. In den Büroräumen war ein sehr flexibles Raumkonzept mit entsprechender Bedienbarkeit gefragt, die auch die Klimatechnik entsprechend abdecken musste. So ist beispielsweise in einem Gebäudetrakt die künftige Nutzung bis heute noch nicht definiert, die RLT-Geräte sollten aber bereits installiert werden. Zudem galt es, eine Wärmeverschiebung zwischen Nord- und Südfassade zu realisieren. Durch die Wärmerückgewinnungsfunktion der VRV-Wärmepumpen ist es möglich, im Gebäude gleichzeitig zu heizen und zu kühlen. Dabei wird die Wärme hauptsächlich zwischen Nord- und Südfassade „verschoben“. Ist auf der Südseite die Sonneneinstrahlung hoch, wird dort gekühlt und die entstehende Wärme an andere Räume mit Heizbedarf abgegeben. So kann beispielsweise in einem Büro geheizt werden, während im Nachbarraum (z.B. Labor) gekühlt wird.

Auch bei den Laboren gab es aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktionen verschiedene Vorgaben für die Lüftungs-, Kühlungs- und Heiztechnik. Im Technikum und in Prüflaboren müssen beispielsweise sowohl Normtemperaturen als auch Normfeuchtigkeiten eingehalten werden. In anderen Räumen, wie z.B. im Textillabor, werden hingegen lediglich die hohen temporären Lasten (z.B. Abwärme der Industriewaschmaschinen) schnell und effizient abgeführt.

„Die unterschiedlichen Anforderungen an die Gebäudetechnik im Daikin Chemical Europe Innovation Center entsprechen genau unserem Lösungsansatz. Dadurch dass wir bereits im Ideen- und Konzeptstadium des Projekts hinzugezogen wurden, konnten wir alle Bedarfe sowie ökologischen und ökonomischen Aspekte – wie Energie-, Reparatur- und Wartungskosten – rundum betrachten und gemeinsam mit allen Beteiligten eine passende Lösung erarbeiten“, freut sich Thorsten Becker, Senior Consultant Real Estate Solutions bei Daikin Airconditioning Germany. Wie alle Anforderungsprofile für die Büro- und Laborräume abgedeckt werden konnten, zeigt der Blick hinter die Kulissen.

 

Be- und Entlüftung

Alle Büros, Besprechungsräume, der Empfang und die meisten Labore im DCEIC sind mit Daikin Technik ausgestattet. Für die Be- und Entlüftung der meisten Räume sorgen insgesamt sieben Daikin RLT-Geräte der „Professional“-Serie mit einer gesamten Luftmenge von ca. 80.000 m3/h. Die notwendige Kälte bzw. Wärme für diese Lüftungsanlagen wird von acht Daikin Kaltwassersätzen mit Wärmepumpen-Schaltung und von vier Direktverdampfungs-Außengeräten (verbunden mit Change-Over-Wärmetauschern) erzeugt. Bei den Kaltwassersätzen handelt es sich um die gesplitteten Systeme mit einer Gesamtleistung von ca. 422 kW. Das Besondere an diesen Geräten ist die Modultrennung; die Verdichter- und Luft-Wärmetauscher-Module werden im Außenbereich aufgestellt, die Hydroboxen mit Plattenwärmetauschern und weiteren wasserführenden Teilen in vor Witterung und Frost geschützten Technikzentralen. Diese Lösung ermöglicht es, komplett auf die Glykolfüllung zu verzichten. Die kompakten 20 bzw. 32 kW Außenmodule lassen nicht nur eine Vielzahl an Standardkombinationen zu, sondern auch eine einfache Kaskadierung der Systeme.

 

Zentrale Steuerung und Kontrolle

Alle diese Modelle sind direkt mit den zentralen Fernbedienungen (wie zum Beispiel „Intelligent Touch Manager“) kompatibel. Diese „Mini-GLT“ gibt dem Betreiber außerdem die Möglichkeit, neben VRV-Anlagen und Kaltwassersätzen/Wärmepumpen auch Daikin-RLT-Geräte einzubinden, um dann eine übersichtliche Visualisierung der Lüftungsanlagen auf dem Display zu präsentieren. Diese Option ergänzt eine andere, schon längst bekannte und sehr beliebte Möglichkeit, die Geschosspläne zu hinterlegen und zu visualisieren, und den Nutzern einen perfekten Überblick über den Status der VRV-Innengeräte in einzelnen Räumen zu geben. Selbstverständlich wurden diese beiden bedienungsfreundlichen Funktionen beim DCEIC genutzt. Bei Bedarf können alle Daten sogar via Internet (zum Beispiel vom Anlagenbauer oder Facility Manager) abgerufen werden, um die Haustechnik-Überwachung und Steuerung zu erleichtern. Dass dadurch auch unnötige Ortstermine vermieden und in Folge Wartungs- bzw. Servicekosten reduziert werden, versteht sich von selbst.

 

Heizen und Kühlen mit VRV-System

Zur Beheizung und Kühlung der Räume wurden insgesamt 13 VRV IV+ Heat Recovery Systeme (REYQ-U) mit einer Nennkälteleistung von ca. 520 kW mit über 107 Innengeräten verschiedenster Bauart installiert. Die bewährte Wärmerückgewinnungs-(Drei-Leiter-)Technik ermöglicht dem Planer und dem Endnutzer, individuelle Heiz- bzw. Kühl-Zonen zu kreieren. Die für diese Anlagenflexibilität notwendigen Multi-Umschaltboxen im VRV-System wurden in untergeordneten Räumen wie zum Beispiel in den Technik- bzw. Serverräumen platziert. DCEIC-Nutzer können raumweise entweder eine automatische Betriebsartenumschaltung programmieren oder manuell wählen, welche Betriebsart aktuell benötigt wird und dann selbstverständlich auch weitere Parameter, wie Sollwerttemperatur oder Lüfterstufe, lokal auf der „Madoka“-Kabelfernbedienung anpassen.

 

Hohe Flexibilität

Die breite Palette an zur Verfügung stehenden VRV-Innengeräten erleichterte die TGA-Planung und garantierte die optimale Auslegung nach detaillierten Vorgaben. Dies gilt sowohl für die verfügbaren Bauformen der Inneneinheiten als auch für die zahlreichen Baugrößen mit Nennkälteleistungen zwischen 1,7 und 24 kW. In den Einzel- und Großraumbüros wurden vor allem Truhengeräte (mit oder ohne Verkleidung) unterhalb der Fenster eingesetzt. In kleinen Besprechungsräumen sind wiederum elegante Euro-Raster-Kassetten der „FXZQ“-Serie mit weißen Blenden zu finden. In den großen Räumen wie der Lounge oder den Showrooms sowie in den meisten Laboren sind die leistungsstarken und gleichzeitig sehr flachen Round-Flow-Kassetten-Modelle „FXFQ-B“ (mit Leistungen zwischen 2 und 11 kW) im Einsatz. Außerdem werden einige Sonderbereiche mit versteckten Kanalgeräten der „FXSQ-A“-Serie (max. externe Pressung bis 150Pa) klimatisiert.

Für die Serverkühlung wurden bewusst autarke Sky-Air-Außengeräte mit Wandgeräten ausgewählt. Diese ermöglichen nicht nur eine Ganzjahreskühlung, sondern sind auch in der Lage, eine stabile Kühlfunktion bei stark schwankenden bzw. sehr geringen inneren Lasten zu gewährleisten – ein wichtiger Vorteil, da auch bei der Planung der Technikräume im DCEIC bereits gewisse Leistungsreserven für die späteren Ausbaustufen berücksichtigt wurden und die Räume noch nicht komplett mit EDV-Komponenten bestückt sind.

 

Materialaufwand reduziert

Alle Außengeräte, sowohl für die VRV-Klimatisierung als auch für die Lüftung, wurden in mehreren Gruppen auf zwei Dachflächen (im jeweiligen Gebäudeflügel Süd und Nord) aufgestellt. Die Montage auf den Daikin Gestellen mit Kondensat-Wannen ermöglicht dem Fachbetrieb zukünftig eine einfache und sichere Wartung der Systeme. Die bauseitigen Sichtschutzwände haben nicht nur architektonische Gründe, sondern sorgen auch für Schallreduktion und Witterungsschutz für die Maschinen, was direkt zur Steigerung ihrer Betriebssicherheit und Effizienz beiträgt. Die ist ein wichtiger Aspekt, der aber in der Planung häufig nicht bedacht wird.

Die meisten RLT-Anlagen für die Büro- und Laborbereiche fanden Platz in den großzügig bemessenen Technikzentralen auf den schon genannten Dächern der beiden Gebäudeteile. Auch hier haben die Architekten und Planer dafür gesorgt, dass ausreichend Flächen und Schächte vorhanden waren und so die Installationsarbeiten problemlos durchgeführt werden konnten. Die räumliche Nähe der RLT-Geräte zu den Kälte-/Wärmeerzeugern reduziert ganz nebenbei den Materialaufwand für Verrohrung, die Kältemittelfüllmengen und die Druckverluste in Wasser führenden Leitungen.

Phoenix West

Die jüngste Geschichte des Ruhrgebiets wird heutzutage häufig nur mit einem Wort beschrieben: „Strukturwandel“. Was bedeutet das aber im Detail für die betroffenen Städte, die tausende Arbeitsplätze verloren haben? Die zahlreichen Zechen, Kokereien und Stahlwerke sind „im Pott“ fast komplett verschwunden und nur die spektakulärsten dieser Objekte erinnern noch – nun als „Denkmäler der Industriekultur“ – an die goldenen, wenngleich staubigen und rauchigen Jahre des Wirtschaftswunders. Dort wo früher malocht wurde, sind heute häufig Parkanlagen, Freizeitflächen oder neue Technologieparks zu finden. Einer davon ist das ehemalige Phoenix West Stahlwerk in Dortmund. Das Werk schloss schon 1998. Bis heute erhalten geblieben sind aber unter anderem die beiden Hochöfen, der Wasserturm, der große Gasometer und die Phoenix-Halle, die als Veranstaltungsort dient. Anfang 2000 fiel die Entscheidung, auf der ca. 115 Hektar großen Phoenix-West-Fläche einen Technologie-Park zu gründen, um namhafte Unternehmen in Dortmund anzusiedeln.

Eines der Ziele der gewerblichen Herrichtung des Areals war, die denkmalgeschützten Gebäude, Hallen und Anlagen des ehemaligen Hochofenwerks einer neuen, werthaltigen Nutzung zuzuführen, sie als Landmarken in das Gesamtbild zu integrieren und dadurch das Standortprofil in der überregionalen Vermarktung zu stärken. Nicht zuletzt mit der Akquisition des Hochofens durch World of Walas, die rund 200 Millionen Euro in die Schaffung eines Weltinnovationszentrums mit allein 2.000 Arbeitsplätzen investieren, wird diese Strategie erfolgreich vollendet.

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