Aufzüge der Zukunft: Nicht nur nach oben und unten, sondern auch seitwärts
Wenn es um den „MULTI“ geht, wird bei ThyssenKrupp Elevator mit Superlativen nicht gespart. Da ist die Rede vom „Ende der Monopolstellung des konventionellen Aufzugs“, von „der größten Revolution“ oder dem „Heiligen Gral der Aufzugsindustrie“.
Die Monopolstellung des konventionellen Aufzugs geht nach Angaben von ThyssenKrupp Elevator (www.thyssenkrupp-elevator.de) Ende – 160 Jahre nach seiner Erfindung. Das Unternehmen setzt erstmals Linearmotoren an Aufzugskabinen ein und überträgt Nahverkehrskonzepte mit Haupt- und Zubringerstrecken auf den Personentransport innerhalb von Gebäuden.
Weniger Strom, kürzere Wartezeiten, mehr Personen
Die MULTI-Aufzugstechnologie erhöht, wie es heißt, Beförderungskapazitäten und Effizienz bei gleichzeitiger Senkung des Platzbedarfs. Zusätzlich gehörten Spitzenlasten beim Stromverbrauch durch anfahrende Aufzüge der Vergangenheit an. Durch mehrere Kabinen im gleichen Schacht, die sich vertikal und erstmals auch horizontal bewegen, seien unterschiedliche Höhen, Formen und Nutzungskonzepte von Gebäuden möglich. Der erste MULTI-Prototyp wird ab 2016 getestet.
Das in Essen vorgestellte -Aufzugssystem ist die neueste Innovation von ThyssenKrupp. MULTI, so der Name, sei eine völlig neue und effiziente Beförderungslösung für Gebäude mittlerer und großer Höhe. Der lang gehegte Traum von mehreren, unabhängig voneinander fahrenden Kabinen im gleichen Aufzugsschacht werde durch den Antrieb per Linearmotor nun Realität. Der Transrapid liefert das nötige Know-how zu dieser Technologie. Das seillose Mehrkabinenaufzugssystem wird nach den Worten von des Vorstandsvorsitzenden Andreas Schierenbeck „die Fortbewegung von Menschen innerhalb von Gebäuden verändern“.
Paternoster-Prinzip
Ähnlich wie im Paternoster können mehrere selbstfahrende Aufzugskabinen pro Schacht in einem Umlaufsystem betrieben werden. Dadurch erhöht sich nach Angaben von ThyssenKrupp Elevator die Beförderungskapazität in einem Schacht um bis zu 50 % und der Platzbedarf des Aufzugs in einem Gebäude kann um die gleiche Größe reduziert werden.
MULTI erhält ein sicheres, mehrstufiges Bremssystem und eine berührungslose Energieübertragung (IPT) vom Schacht auf die Kabine. Das System benötigt somit kleinere Schächte als herkömmliche Aufzüge und kann im Vergleich die Nutz- und Wohnfläche eines Gebäudes um bis zu 25 % erhöhen. Die Erhöhung der Gesamteffizienz schlägt sich laut Schierenbeck „auch in einem geringeren Bedarf an Fahrtreppen und zusätzlichen Aufzugsschächten nieder“. Dadurch ließen sich beträchtliche Kosteneinsparungen und erhöhte Mieteinnahmen durch die größere Nutzfläche erzielen.
Für Gebäude ab 300 m besonders geeignet
MULTI eigne sich besonders für Gebäudehöhen ab 300 m. Aber auch unterhalb dieser Höhe spiele das System seine Vorteile aus: „Die Gebäudekonstruktion wird nicht länger durch die Höhe oder die vertikale Anordnung der Aufzugsschächte eingeschränkt“. Für Architekten und Gebäudeentwickler ergeben sich so bislang ungeahnte Möglichkeiten.
Bei der Innovation kommt das Steuersystem und die Sicherheitsmerkmale des TWIN-Systems von ThyssenKrupp zur Anwendung. Das System wird jedoch darüber hinaus um neue Elemente ergänzt: Bei der Entwicklung von Kabine und Türen kommen neue Materialien in Leichtbauweise zum Einsatz. Das führt zu einer Senkung des Gewichts um 50 % im Vergleich zu Standardaufzügen. Der neue Linearantrieb ermöglicht dazu die horizontale und vertikale Bewegung des Aufzugs.
„Wir haben in den letzten Jahrzehnten eine enorme Weiterentwicklung von Gebäuden erlebt“, sagte Schierenbeck. Größere Gebäude erforderten immer höhere Transportkapazitäten. „Hier sind wir als Aufzugsindustrie gefordert.“ Mit dem MULTI bringe man den konventionellen Aufzug in eine neue Dimension: Die vertikalen und horizontalen Bewegungen mit mehreren Kabinen pro Schacht seien „ein Wendepunkt in der Geschichte der Aufzugssysteme.“
Fahrgeschwindigkeit von bis zu 5 m pro Sekunde
MULTI bewegt sich in einem Umlaufsystem mit einer Geschwindigkeit von bis zu 5 m pro Sekunde. Dadurch erhalten Passagiere alle 15 bis 30 Sekunden Zugang zu einer Aufzugskabine. Für Schierenbeck ist dieser kontinuierliche Passagierfluss einer der großen Vorteile des Systems: „Pro Jahr warten Büroangestellte in New York City zusammen 16,6 Jahre auf einen Aufzug, weitere 5,9 Jahre verbringen sie in den Kabinen.“ Diese Zahlen zeigten, dass die Erhöhung der Verfügbarkeit von Aufzügen immens wichtig sei.
„Um dieses bahnbrechende Produkt auf dem Markt zu bringen, bietet unser neuer Testturm in Rottweil perfekte Bedingungen für die Erprobung und Zertifizierung in der Praxis“, so Schierenbeck. Der Turm werde bis Ende 2016 fertiggestellt sein.
Der Trend geht nach oben
Die Urbanisierung ist ein stetig wachsender Trend: Die Bevölkerungswanderung vom Land in die Stadt wird die baulichen und infrastrukturellen Anforderungen neu definieren. Bis 2025 müssen schätzungsweise zusätzliche 85 % der vorhandenen Stadtfläche neu gebaut werden, heißt es in einem Bericht des McKinsey Global Institute von 2012. Das bedeutet ein Neubauvolumen von städtischer Fläche in Höhe von schätzungsweise 58 Billionen €.
Aufgrund der begrenzt zur Verfügung stehenden Flächen in urbanen Gebieten, sind Gebäude mittlerer und großer Höhen die effizienteste Bauoption. Das bedeutet einen enormen Bedarf an Mobilitätslösungen wie Aufzüge. Bis 2016 wird für den weltweiten Markt an Aufzugsanlagen (einschließlich Aufzügen, Fahrtreppen und Fahrsteigen) sowie Dienstleistungen ein Anstieg von über 5 % jährlich auf 52 Mrd. € vorausgesagt.