Kommentar

Die Imtech-Insolvenz

Ein Nachruf auf Imtech von Jürgen Lauber

Der Nachruf auf das Gebäudetechnik-Unternehmen Imtech (22.000 Mitarbeiter) erschien bereits am 20.Juli 2015 als Leitartikel in der Wochenzeitung Die Zeit. Das Geschäftsmodell des Unternehmens wurde dabei als kriminell bezeichnet. 

Es war eine öffentliche Misstrauenserklärung – für Banken das Signal zum Exit. Die öffentlichen Auftragnehmer blockierten Zahlungen. Für ein Bauunternehmen mit hohem, stark schwankendem Fremdkapitalbedarf und gleichzeitig branchenüblich geringer Profitabilität bedeutete der Zeit-Nachruf die unweigerliche Insolvenz. Die Imtech-Aktien haben innerhalb eines Monats 95% an Wert verloren.

 

Wer in der Wirtschaft jahrelang seine Geschäfte unehrlich führt, wird mit  Insolvenz abgestraft. Und Imtech war unehrlich – das Geschäftsmodell aber nicht kriminell. Es ist leider gängige Praxis beim Bauen.

Schön wäre es, wenn auch die öffentlichen Auftraggeber beim Bauen ein Insolvenz-Risiko hätten. Diese sind es nämlich, die Baukultur in Deutschland bestimmen.

Beim Bauen der öffentlichen Hand wurde  vor allem bei großen Projekten die Unehrlichkeit auf Bauherrenseite so groß, dass die Bundesregierung im April 2013 dazu eine große Reformkommission eingesetzt hat.Dabei ist das Problem ganz einfach und schon lange bekannt. Die Unehrlichkeit beim öffentlichen Bauen ist haushaltrechtlich sowie strafrechtlich völlig risiko- und folgenlos (www.BauPolitik.de). So lange das so ist, wird es von regierenden Politikern auch ausgenutzt werden.

Zum Bauen braucht der öffentliche Bauherr nur noch Partner auf der Auftragnehmer-Seite, die den ganzen Schwindel stillschweigend mitmachen. Die Auftragnehmer werden quasi von Unehrlichkeit infiziert. Je mehr Projekte ein Unternehmen mit der öffentlichen Hand macht und je größer diese Projekte sind, desto gravierender ist die ‚Infektion‘. Große Unternehmen trifft es dabei härter als kleine: Das Sterben großer Planungsfirmen ist ein seit Jahren bekanntes Phänomen. 

Es wäre einfach, den ‚Infektionsherd‘ der Unehrlichkeit zu beseitigen, die die Bauwirtschaft epidemisch befällt.

 

Dazu müssten alle regierenden Politiker auf die Möglichkeit verzichten, Bauprojekte nach eigenem Gusto zu manipulieren. Bis heute können sie mit unverbindlichem Bauplan (Bausoll) undunrealistisch tief geschätzten Kosten bauen lassen.  Nach Spatenstich sind den Geldmitteln und damit auch den Veränderungen am Bauplan keine wirksamen Grenzen mehr gesetzt. Dieses staatlich sanktionierte Unwesen beim Bauen verführt eben auch Verantwortliche bei Auftragnehmern, wie Imtech, dazu, sich hemmungslos bedienen zu wollen. Im Bundestag sagte am 4. Mai 2014 der fachliche Leiter des Bundesamtes für Bauwesen dazu: „Es ist natürlich so, dass wir als öffentliche Auftraggeber uns einen Markt gezüchtet haben; entschuldigen Sie den krassen Begriff, aber es ist so. Einen Markt gezüchtet haben, der letztendlich auf Nachtragsmanagement abzielt.“ (Videoquelle: www.Bundestag-bau.info)

 

Wer große öffentliche Bauprojekte übernimmt, geht große Risiken ein. Hohe Margen bei Nachträgen sind eine gerechtfertigte Belohnung für das eingegangene Risiko. Leider werden am Ende nur die Auftragnehmer, die medial erwischt wurden, auch öffentlich‚ geschmäht. Bei den politischen Anstiftern der Unehrlichkeit dagegen wird, mit dem Argument der Inkompetenz und Überarbeitung Gnade walten lassen.

Helfen Sie mit, dass in Zukunft auch die öffentlichen Auftraggeber journalistisch bloßgestellt werden. Sie sollten sich zumindest schämen.

Nur darüber werden die schon lange als notwendig erkannten Änderungen umgesetzt werden können. Erst dann wird durch mehr Redlichkeit auch mehr Qualität und Effizienz beim Bauen in Deutschland erreicht werden.

 

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