Augmented Reality: Mehr sehen und verstehen
Im Forschungsprojekt FMstar wird mit modernster Technologie eine
innovative Vernetzung von virtueller und realer Welt ermöglicht. Durch Augmented Reality und mobile Geräte wie Tablets, Smartphones oder Datenbrillen wird die betrachtete Umgebung mit FM-Daten angereichert. Diese Visualisierung erlaubt es, auf Basis intuitiv verständlicher Informationen, wie 3D-Modellen, Anleitungen und technischen Daten, kontextbasiert die richtigen Entscheidungen in komplexen FM-Prozessen zu treffen.
Neuland im FM
Augmented Reality (AR) wurde im CAFM-Trendreport 2013 als eine der Zukunftstechnologien im FM identifiziert. Allerdings rangiert AR unter den erkennbaren Trends noch ziemlich am Ende, was u.a. darauf zurück zu führen ist, dass die Technologie und ihre Einsatzmöglichkeiten unter Facility Managern weitgehend unbekannt sind. Im Rahmen des Forschungsprojekts FMstar (Facility Management mit Hilfe semantischer Technologien und Augmented Reality) wird dieser innovative Ansatz, der reale und virtuelle Welt vernetzt, nun auch für komplexe FM-Prozesse aus dem Bereich der Abnahme und Instandhaltung eingeführt. Der Zweck einer AR-Anwendung ist es, die reale Welt mit alphanumerischen, grafischen und multimedialen Informationen anzureichern und diese gezielt zur Unterstützung von Prozessen und Entscheidungen zu nutzen.
Mobile Endgeräte im FM
Neben Telefonen werden inzwischen weitere Geräte im FM genutzt. So werden Termine in Tablet-PCs, PDAs und Smartphones verwaltet, Wartungsaufgaben mit Laptops unterstützt und Sicherheitsrundgänge mit RFID- bzw. Barcode-Readern protokolliert. Die Besonderheiten der jeweiligen Geräte liegen in ihrer Handlichkeit, Darstellungsfähigkeit und Bedienbarkeit. So kann ein Smartphone mit einer Hand gehalten werden, während seine Darstellungsfähigkeit durch die Displaygröße beschränkt und seine Bedienung trotz Touchscreen oder kleiner Tastatur weniger komfortabel ist als die eines Laptops. Datenbrillen werden im FM bislang nicht eingesetzt. Da sie auf dem Kopf getragen werden, sind sie sehr handlich. Die Darstellungsfähigkeit der transparenten Displays ist recht gut, während die Bedienbarkeit durch die Erkennung von Sprachbefehlen und Gesten oder den Einsatz zusätzlicher Eingabegeräte eingeschränkt ist.
In einer Befragung unter 15 CAFM-Anbietern, die hunderte von Kunden repräsentieren, zeigte sich, dass die Kunden von 13 CAFM-Anbietern Smartphones verwenden, während die Kunden von 12 CAFM-Anbietern Tablet-PCs und Laptops einsetzen. Ca. 75 % der Kunden setzt PDAs ein, während knapp 50% Spezialgeräte wie z.B. RFID-Reader nutzt. Dabei gaben 14 CAFM-Anbieter an, dass ihre Kunden mobile Endgeräte im Bereich Instandhaltung einsetzen (Grafik 1).
Obwohl die überwiegende Mehrheit der CAFM-Anbieter die Akzeptanz ihrer mobilen Softwarelösung beim Kunden mit sehr gut bis gut einschätzt, haben 2/3 der Kunden noch Bedenken im
Bereich Datensicherheit bzw. -schutz.
Abnahme- und Instandhaltungsmanagement
Das Instandhaltungsmanagement (IHM) eignet sich besonders gut für einen AR-Einsatz. Im IHM werden nicht nur sehr viele Daten gesammelt, sondern diese müssen auch in Abhängigkeit von der auszuführenden Tätigkeit kontextbasiert zur Verfügung gestellt werden. Aufgrund des steigenden Informationsbedarfs steigt auch die Nachfrage nach Endgeräten zur ortsunabhängigen, übersichtlichen Bereitstellung benötigter Informationen.
Das Anwachsen der Menge, Komplexität und Heterogenität von Informationen erschwert die gezielte Auswertung für den Menschen. Dies führt dazu, dass wichtige Entscheidungen im IHM basierend auf der Grundlage von sehr wenigen oder gar unvollständigen Informationen getroffen werden. Neben der Aufbereitung, Zusammenführung und kontextbasierten Filterung aller Informationen ist die Visualisierungsfähigkeit der verwendeten Werkzeuge bzgl. komplexer Informationen eine weitere Schwachstelle.
Heutige Defizite
Mangelnde Anwendungsfreundlichkeit von IT-Systemen in der Instandhaltung ist ein Grund für fehlende Akzeptanz. Der Zugang zu digitalen Informationen ist oftmals umständlich. Befragungen
von IHM-Experten ergaben, dass die Verwendung digitaler Assistenzsysteme oft als schwierig empfunden wird. Das Auffinden des richtigen Datensatzes kostet Zeit. Mitunter wird auch ein falscher Datensatzes selektiert oder die Suche wird abgebrochen. Derzeit wird diesem Problem durch den Einsatz von Barcodes oder RFID-Transpondern, die für digitale Endgeräte auslesbar sind, begegnet. Die Befragten bestätigten diese Informationsdefizite. Grafik 2 zeigt das Durchschnittsergebnis bei
einer Bewertung mit Schulnoten, aufgeteilt in Defizite im Abnahme- und Instandhaltungsmanagement.
Anwendungsszenarien
für AR im FM
Bei der Abnahme von Tief- und Hochbauleistungen oder technischen Anlagen wird auf dem AR-Gerät die fertiggestellte Leistung mit dem 3D-Modell der geplanten Leistung überlagert angezeigt, sodass der Anwender sofort Abweichungen erkennen kann.
Neue Techniker, Eigentümer oder Betreiber, die mit einer Anlage nicht oder kaum vertraut sind, benötigen zum Einstieg grundlegende Informationen zur Anlage. Das Abrufen von Objektdaten ermöglicht die Anzeige sämtlicher Planungs- und technischer Daten sowie
der Instandhaltungshistorie.
Im Havariefall wird das mobile Endgerät vor die Anlage gehalten, um Objektdaten anzuzeigen. Dabei können Komponenten ausgewählt werden, damit z.B. ein schnelles Auffinden der richtigen Sicherung im Sicherungskasten oder des zugehörigen Absperrventils ermöglicht wird.
Die Vermittlung von Wissen zu technischer Gebäudeausrüstung wird oft theoretisch durchgeführt. Hingegen können Auszubildende und Studenten mithilfe der AR eine bessere Visualisierung der Anlagen und gezielte Informationen zu ihren Funktionsprinzipien erhalten. Auch ganze Instandhaltungsworkflows können grafisch durch Animationen dargestellt werden.
Das AR-Gerät wird am Einsatzort aktiviert und protokolliert den Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme. Im nächsten Schritt leitet es den Techniker mittels Indoor-Navigation auf kürzestem Weg zum betreffenden Objekt. Am Objekt hebt es unter Verwendung einer Filterung von Komponenten nur das betreffende Objekt hervor und zeigt zugehörige Notizen bzw. Hinweise an. Gleichzeitig nimmt die Workflow-Steuerung eine kontextbasierte Filterung der Objektdaten vor, sodass nur benötigte Informationen aus dem verknüpften Datensatz angezeigt werden. Ebenfalls wird eine Checkliste zur Sicherstellung der Durchführung aller notwendigen Arbeitsschritte in der richtigen Reihenfolge bereitgestellt.
FMstar
Ziel des Projektes ist es FM-Szenarien aus den Bereichen Abnahme und Instandhaltung in einem prototypischen AR-System zu integrieren (www.fmstar.de). Grafik 3 zeigt die Struktur des Systems.
Ausgangspunkt bilden verschiedene textuelle und grafische Datenquellen. Die grafischen Modelldaten werden in einer 3D-Datenbank abgelegt (z.B. als XML-/IFC-Strukturen), während die FM-Sach- und -Prozessdaten in einer semantischen Datenbank abgebildet und vernetzt werden. Hierfür bedarf es einer kontextbasierten Informationsmodellierung und -bereitstellung, die verschiedene Kontextfaktoren, wie Position des mobilen Endgerätes, physikalische Umgebung, Nutzerqualifikation, auszuführende FM-Aktivitäten oder benötigte Dokumente umfasst. In Abhängigkeit von der jeweils auszuführenden Tätigkeit kann FMstar nun die notwendige Assistenz durch ausgewählte Navigationen, Arbeitsanweisungen und Dokumente bieten.
Die AR-Software unterstützt bei auftretenden Problemen und ermöglicht die Durchführung von Arbeiten in kurzer Zeit bei hoher Prozesssicherheit. Gleichzeitig protokolliert sie den Zeitaufwand sowie die durchgeführten Arbeitsschritte. So können automatisch die Wartungshistorie des Objekts ergänzt, die Checkliste inkl. Anwesenheitsnachweis erzeugt und eine leistungsgemäße Abrechnung unter Angabe von Tätigkeit, Zeit- und Materialverbrauch erzeugt werden.