Einwurf…
Sie sollen Menschen und Gebäude gleichermaßen vor Schäden bewahren und doch können sie schaden – zumindest wirtschaftlich. Muss eine Verbesserung der Technik her? Das meinen zumindest die drei Autoren dieses Einwurfs…
Brandmeldeanlagen (BMA) sind Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung, die besondere, für den Brandfall angepasste Aufgaben wahrnehmen (anlagentechnischer Brandschutz). Solche Anlagen werden in Gebäuden eingebaut, um baurechtlichen Forderungen nachzukommen oder gegebenenfalls für einen speziellen Abweichungstatbestand eine Kompensation zu erreichen. Häufig finden sich BMA in Sonderbauten wieder.
Sie dienen nach [1] den Zwecken:
n Frühzeitige Brandentdeckung (24/7)
n Schnelle Alarmierung der Nutzer im Gebäude
n Ansteuerung der Brandfallmatrix
n Schnelle und gesicherte Alarmweiterleitung zur Feuerwehr
n Lokalisieren und Anzeigen des
Ereignisortes.
Die frühzeitige Branderkennung als Teil der Entdeckungszeit korreliert mit zwei Aspekten, welche sich einerseits auf die Detektion eines Brandes (Branderkennung) in einem sehr frühen Stadium, nach erreichen festgelegter Grenzwerte, beziehen. Andererseits auf die
Brandentdeckung, sofern sich keine Personen im unmittelbaren Ereignisbereich aufhalten und somit einen Brand melden könnten. Die gesicherte und schnelle Alarmweiterleitung als Teil der Meldezeit bezieht sich auf einen möglichst kleinen Zeitabschnitt, in dem der Alarm vom Melder zur alarmauslösenden Stelle (in der Regel die Leitstelle der Feuerwehr) übermittelt wird. Dieser sollte geringer sein, als bei der Übermittlung durch eine meldende Person. Beide Zwecke der BMA zusammen zielen darauf ab, die Eingreifzeit der Feuerwehr auf ein mögliches schädliches Ereignis so klein wie möglich zu halten. Die Darstellung der Zeitabschnitte eines Brandereignisses findet sich in [2] wieder. Der weitere Zweck der Warnung im Gebäude verfolgt den Zweck, dass Nutzer frühzeitig über ein Brandereignis informiert werden. So können diese das Gebäude vor Eintreffen der Feuerwehr verlassen. Die Feuerwehr muss somit im Ereignisfall keine Aufgaben der Räumung wahrnehmen, sondern kann in den betroffenen Gebäudebereichen direkt mit Maßnahmen der Menschenrettung und Brandbekämpfung beginnen.
Neben diesen positiven Aspekten, die durch BMA hervorgerufen werden, verursachen solche Anlagen auch Schäden. Diese Schäden sind jedoch keine Primärschäden, die durch das direkte Vorhandensein der Anlage entstehen. Es sind Sekundärschäden, die sich indirekt aus dem eigentlichen Nutzen der Anlage ableiten und im Wesentlichen finanzieller Art sind. Die Schäden begründen sich dadurch, dass Sie nicht vorhanden wären, wenn keine BMA im Gebäude verbaut wäre. Im Weiteren werden verschiedene Fälle betrachtet, in denen durch BMA Schäden verursacht werden. Diese Schäden sind wirtschaftlicher Natur oder indirekt mit Schäden wirtschaftlicher Natur in kausalem Zusammenhang.
Schadensfälle
Fall 1: Wirtschaftlicher Schaden durch Fehlauslösung
Wissenschaftliche Auswertungen [3] von belastbaren Daten haben gezeigt, dass 87,63% der Auslösungen von Brandmeldeanlagen Falschalarmierungen sind. Als Falschalarmierung ist dabei eine Brandmeldung einer BMA ohne real vorhandenes Brandereignis definiert. Zur Verifizierung dieser Ergebnisse wird aktuell eine weitere Untersuchung zur Falschalarmierungsrate vorbereitet. Erste Aussagen von Experten bestätigen jedoch einen Wert von über 80%. Nun verursacht die Falschalarmierung per se noch keinen Schaden. Mit Auslösung der BMA ist noch nicht bekannt, ob es sich um ein reales Ereignis oder einen Falschalarm handelt. Die Alarmierung jedoch wird direkt von der BMA an die alarmauslösende Stelle (i.d.R. Leitstelle der Feuerwehr) geleitet und erzeugt dort eine Verarbeitung und Alarmierung der Feuerwehr. Diese muss die Alarmmeldung ernst nehmen, da keine weiteren oder anderen bestätigten Aussagen zu diesem Zeitpunkt oder gar einer Falschalarmierung vorliegen...
Folglich rückt die Feuerwehr aus und fährt die Einsatzstelle an. Stellt sich nun in der oben genannten Häufigkeit heraus, dass es sich um einen Falschalarm handelt, so sind Kosten für das Tätigwerden der Feuerwehr entstanden. Diese Kosten stellen bei genauerem Hinsehen einen Schaden dar, weil es Kosten sind, die nicht zwingend hätten entstehen müssen, insbesondere dann nicht, wenn es nicht zu einer Falschalarmierung gekommen wäre.
In vielen Kommunen sind diese Einsätze daher als kostenpflichtig deklariert und werden dem Betreiber des Gebäudes durch die Kommune als Träger der Feuerwehr in Rechnung gestellt. Es ist ein wirtschaftlicher Schaden entstanden.
Fall 2: Volkswirtschaftlicher Schaden durch Ressourcenvorhaltung (bedingt durch Fall 1)
Verfolgt man Fall 1 nun weiter und betrachtet die Seite der Feuerwehr so fällt ein weiterer Punkt auf. Zwar können die Kosten für das Tätigwerden der Feuerwehr beim Falschalarm in Rechnung gestellt werden und bleiben dann nicht bei der Kommune behaftet, jedoch steht für die Zeit der Abwesenheit der Feuerwehr von Ihrem eigentlichen Standort keine ersatzweise Ressource zur Verfügung. Mit anderen Worten, die Feuerwehr befindet sich zwar in ihrem Einsatzgebiet, jedoch ist sie mit einer als real einzustufenden Meldung gebunden. Während dieser Zeit, kann sie keine anderweitige Einsatzverpflichtung wahrnehmen, was zu einer Bedarfsunterdeckung für sich parallel ereignende Einsätze führen würde. Folglich wird in derBedarfsplanung für solche Fälle eine planerisch zu bemessende Größe eingesetzt, die Paralleleinsätze abdecken kann. Die Ausgestaltung dieser Ressource für parallele Ereignisse soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Was sich jedoch zeigt ist, dass in einer gewissen Form weitere Einsatzmittel im Sinne von Personal, Fahrzeugen und Gerät vorgehalten werden müssen, was mit Kosten verbunden ist. Würde man nun den Rückschluss über die Anzahl der Falschalarme von BMA, bezogen auf die Gesamteinsätze der Feuerwehr, ziehen so käme eine Zeitgröße heraus, für die weitere Einsatzmittel vorzuhalten sind. Über das Produkt von Zeit und Kosten je Zeit für diese Einsatzmittel entsteht ein Geldbetrag welcher sich theoretisch exakt beziffern lässt. Dieser Betrag stellt einen wirtschaftlichen Schaden dar, der schon dadurch entsteht, dass auch für den Fall einer Falschalarmierung von Brandmeldeanlagen zusätzliche Ressourcen bereitgehalten werden müssen.
BMA haben wie anfangs beschrieben auch den Zweck, der Ansteuerung von Einrichtungen für den Brandfall (sog. Brandfallsteuerung). So werden z.B. Aufzüge außer Betrieb gesetzt oder Rauchabzüge geöffnet, um bauordnungsrechtliche Schutzziele zu erreichen. Die Brandfallsteuerung soll weiterhin die Arbeit der Feuerwehr unterstützen. An diesem Punkt kommt es jedoch zu Auffälligkeiten. Häufig wird die Feuerwehr bei Erreichen der Einsatzstelle nicht darüber in Kenntnis gesetzt, welche Aktionen die Brandfallsteuerung ausgeführt hat. So gibt es im Regelfall keine Anzeige, ganz abgesehen davon, dass solche Anzeigen einer Vereinheitlichung unterliegen würden. Die Feuerwehr kann also am Ort des Geschehens keine Rückschlüsse darauf ziehen, was die Brandfallsteuerung veranlasst hat. So kann eine Brandfallsteuerung z.B. nicht nur im direkt betroffenen Bereich Aktionen auslösen, sondern
auch in entfernteren Gebäudeteilen. Kommt es hier beispielsweise zur Abschaltung haustechnischer Anlagen besitzt die Feuerwehr keine Kenntnis darüber. Stellt sich z.B. ein nächtliches BMA-Ereignis als Falschalarm heraus und wird eine solche haustechnische Anlage abgeschaltet, ist im Regelfall nicht zwingend sichergestellt, dass diese nach zurückstellen der BMA durch die Feuerwehr und verlassen der Einsatzstelle wieder in Betrieb geht. Sind mit dieser haustechnischen Anlage relevante Systeme verknüpft und kommt es somit zu einem Ausfall dieser, kann daraus im Einzelfall ein Schaden entstehen. Diese Schäden sind prinzipiell vermeidbar. Wüsste die Feuerwehr von der Ansteuerung solcher Anlagen, könnte sie zumindest weitere Maßnahmen veranlassen, dass ein Objektverantwortlicher die Einsatzstelle anläuft und eine Kontrolle durchführt.
Ist eine solche BMA-Auslösung durch ein reales Brandereignis zu Stande gekommen, so kann ein weiterer Effekt daraus resultieren. Die Feuerwehr kann in der Beurteilung der Lage und den daraus abgeleiteten Einsatzmaßnahmen keine Informationen einbeziehen, was genau die Brandfallsteuerung im Einsatzfall erwirkt. Prinzipiell sind solche Brandfallsteuerungen zwar so auszulegen, dass sich mindestens neutrale oder positive Effekte auf das Tätigwerden der Feuerwehr einstellen. Im konkreten Einzelfall ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich Wechselwirkungen zwischen den Maßnahmen der Feuerwehr und einer nicht optimal ausgelegten Brandfallsteuerung ergeben. Würden der Feuerwehr auch hier die Informationen aus der Ansteuerung von brandschutztechnischen Einrichtungen zur Verfügung stehen, könnten diese in die Beurteilung der Lage mit einfließen und Schäden wären zu vermeiden.
Durch die in Fall 1 genannte Häufigkeit von Falschalarmierungen durch BMA kommt es zu einer signifikanten Einsatztätigkeit der Feuerwehr bezogen auf die Gesamteinsatzzahl. So sind Alarmierungen durch BMA keine Einzelfälle, sondern ein relativ häufiger Einsatzgrund, je nach örtlicher Ausprägung. So können innerhalb eines Einsatzgebietes mehrere hundert
Objekte mit BMA-Ausstattung liegen. Erfahrungsgemäß stellen Tage an denen mehrere dieser Brandmeldeanlagen auslösen keine Seltenheit dar. Innerhalb einer 24h-Einsatzschicht eines Feuerwehrmannes können so im Maximalen durchaus fünf bis zehn Alarmierungen von BMA vorkommen. Die Verteilung über die Einsatzschichten schwankt jedoch stark. Kommt es nun zu einer solch signifikanten Einsatztätigkeit durch BMA, wobei häufig mit Falschalarmierungen zu rechnen ist, entstehen dadurch psychologische Effekte. Zu diesen Effekten ist keine wissenschaftliche Untersuchung bekannt, jedoch sind sie erfahrungsgemäß und nach Experteneinschätzung vorhanden. Diese Effekte beziehen sich im Wesentlichen auf eine Art von „Abstumpfung“ gegenüber BMA-Einsätzen. Nach der Verrichtung vieler Einsatzschichten und Dienstjahre, erlebt ein Feuerwehrmann viele BMA-Einsätze, mit der oben genannten Häufigkeit von Falschalarmen. Mit der Zeit kann sich eine mentale Einstellung manifestieren, die den Feuerwehrmann glauben lässt dass es sich bei BMA-Einsätzen um Fehlalarme handelt. Was insofern nicht falsch ist, weil er Rückschlüsse aus seiner Erfahrung zieht, die das Bild der Häufigkeit von Falschalarmen bestätigen. Statistisch gesehen kann er damit völlig richtig liegen, wenn z.B. über viele Einsatzjahre hinweg kein realer Brand bei einer BMA-Auslösung während seiner Anwesenheit im Dienst vorkam. Über die Zeit kann es so zu einem menschlichen Verhalten kommen, dass durch Abstumpfung und mangelnde Vorbereitung auf den Einsatz zu beschreiben ist. Darunter kann z.B. die ernsthafte Wahrnehmung einer BMA-Brandmeldung leiden und es kommt dazu, dass sich der Feuerwehrmann weder geistig noch in seiner Handlung z.B. beim Anlegen seiner Ausrüstung ausreichend vorbereitet. Dieses Verhalten scheint menschlich behaftet zu sein. Kommt es nun jedoch zu einem realen Brand bei einer Brandmeldung durch BMA, so ist der Feuerwehrmann mitunter, wie vorabgeschildert, unzureichend vorbereitet. Daraus resultierend kann es zu einem Zeitverzug kommen, der in der Zeitschiene des Einsatzes zur Brandbekämpfung wertvoll ist. Dieser zeitliche Ansatz lässtsich im Einsatz- und Brandverlauf kaum wieder kompensieren, was zu einer tendenziell höheren Brandausbreitung und daraus resultierenden Schäden führen kann.
Diese Darstellungen sollen keinen Vorwurf dem einzelnen Feuerwehrmann gegenüber sein, da es letztlich ein menschliches Verhalten ist. Soll jedoch im Gegenzug die Frage aufwerfen, was getan werden kann um die Anzahl der Falschalarme von BMA zu verringern, dass der Effekt des Abstumpfens und den daraus resultierenden Schäden durch Brandausbreitung verringert wird.
In Analogie zum vorab beschriebenen Fall 4, kommt es auch bei Nutzern von Gebäuden zu psychologischen Effekten durch Falschalarmierungen von BMA. Diese BMA veranlassen im Regelfall nämlich nicht nur die Alarmierung der Feuerwehr, sondern lösen im betroffenen Objekt auch einen internen Räumungsalarm aus. Grund dafür ist, dass die Feuerwehr bei Eintreffen sofort mit der Brandbekämpfung beginnen kann. Bei einer hohen Nutzerzahl wäre die Feuerwehr zudem überfordert eine Rettung oder Räumung der Menschen in hoher Anzahl durchzuführen. Unterliegen die Nutzer eines Gebäudes mit BMA jedoch nun einer hohen Anzahl von Falschalarmierungen, so ist auch hier erfahrungsgemäß ein psychologischer Effekt des Abstumpfens vorhanden, so wie er auch schon in Fall 4 beschrieben wurde, mit der Erwartungshaltung, dass das BMA-Ereignis keinen realen Brand bedingt. Auch hier unter der Annahme, dass ein reales Ereignis stattgefunden hat, können aus diesem Verhalten Schäden resultieren. Der Nutzer weiß nicht, dass es sich diesmal um ein reales Brandereignis handelt und verbleibt im Gebäude. Die Feuerwehr weiß nichts davon, geht jedoch auf Grund der internen Räumungsalarmierung davon aus, dass alle Nutzer das Gebäude verlassen haben.
Es wird zwar trotzdem eine Kontrolle durch die Feuerwehr durchgeführt. Bei ausgedehnten Gebäudekomplexen kann dies allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen und für den Einzelnen nicht ausreichend früh sein. Unter diesem Umstand ist nicht auszuschließen, dass Schäden für Leib und Leben von Nutzern in Gebäuden mit BMA entstehen.
Zusammenfassung
Es lässt sich feststellen, dass bei näherer Betrachtung von BMA nicht nur positive Effekte entstehen, sondern auch Schäden entstehen können. Dieser Artikel soll keinen Untergang der Brandmeldeanlagen begründen, sondern vielmehr die Erfordernis, für eine Verbesserung der Technik aufzeigen.
Dazu befasst sich der Autorenkreis seit einiger Zeit intensiv mit dem Thema Brandmeldeanlagen. Dazu werden grundlegende Überlegungen zur Optimierung von BMA forciert. Es wird auf weitere Veröffentlichungen verwiesen.
Literatur
[1] Deutsches Institut für Normung, DIN 14 675:2012-04, Brandmeldeanlagen – Aufbau und Betrieb, Beuth-Verlag, Berlin
[2] Döbbeling, Ernst-Peter; Brömme, Albrecht, Qualitätskriterien für die Bedarfsplanung
von Feuerwehren in Städten, Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren, 1998
[3] Festag, Sebastian; Schmitz, Dennis, Bestimmung der Falschalarmrate von
Brandmeldeanlagen, Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes e.V.,
Altenberge, 3/2014, S. 119-126