BUILDING IN PROGRESS: Integrale Prozesse am Bau

Er war die erste Veranstaltung, die alle Entscheider, Praktiker und Fachleute der Projektentwicklung, des Planens, Bauens und Betreibens zusammenbrachte, um über die Anforderungen an Gebäude über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu diskutieren: der Kongress BUILDING IN PROGRESS – Integrale Prozesse am Bau am 24. und 25. Juni 2014 in Würzburg.

Als Veranstaltungsort hatte der Bauverlag mit den Fachzeitschriften „DBZ – Deutsche BauZeitschrift“, „FACILITY MANAGEMENT“ und „tab – Das Fachmedium der TGA-Branche“ die historische Würzburger Residenz von Balthasar Neumann ausgewählt.

In kompetenten Fachvorträgen mit Best-Practice-Beispielen wurden an zwei Tagen die Möglichkeiten des integralen und prozessorientierten Planens, Bauens und Betreibens im Sinne von Ökonomie, Technik und Nachhaltigkeit aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Durch alle Vorträge zog sich, dass Integrale Planung für einen ganzheitlichen Ansatz steht. Die Erkenntnis ist nicht neu, doch die Referenten belegten eindrucksvoll die Vorteile: mit einer gemeinschaftlichen Definition des Planungsziels
verkürzt sich der Planungs- und Entwicklungsprozess, die Anzahl der Planänderungen verringert sich, die Kosten reduzieren sich deutlich und die Qualität in Planung und Ausführung nimmt zu.

Prof. Dr. Werner Sobek, Werner Sobek Engineering & Design und Leiter des Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK), Stuttgart stellte in seinem Vortrag die Wichtigkeit integraler Planung heraus. Er forderte ein radikales Umdenken im Baubereich und die Reduzierung des Ressourcen- und Energieverbrauchs sowie die Entwicklung einer recyclinggerechten Architektur: „Lassen Sie uns dickköpfig sein und gemeinsam darüber nachdenken, was wir mit dem, was wir tun, eigentlich tun“.

Günther Merz, Geschäftsführer des Fachverbandes Gebäude-Klima (FGK), Bietigheim-Bissingen, und des Bundesindustrieverbandes Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), Bonn, wies in seinem Vortrag auf die oft schwierigen politischen Rahmenbedingungen hin, die bei der Gebäudeenergieeffizienz und Wärmedämmung zum Dissens in der Technischen Gebäudeausrüstung führen.

Prof. Alexander Rudolphi, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), betonte: „Zukunftsfähige Konzepte können nur im klugen Zusammenspiel der beteiligten Experten entstehen“. Die mittlerweile 860 zertifizierten Gebäude der DGNB belegen eindrucksvoll die Argumente für die Umsetzung integraler Prozesse.

Planen, Bauen und Betreiben beinhaltet immer auch Prozesse, die schon in der Konzeptionsphase von unterschiedlichen Ansprüchen der Beteiligten geprägt sind, in der Regel mehr Probleme denn Lösungen aufzeigen und vor allem unter mangelnder Kommunikation leiden. Diese Barrieren sind nach Prof. Dr. Georg Wiesinger, Architekt, Projektentwickler und Facility Manager, nur zu lösen, indem systemübergreifende Einzeldisziplinen prozessoptimiert im Sinne der Zieldefinition integriert werden und mit einem Prozesscontrolling die nötige Prozessqualität sichergestellt werden kann.

Dr.-Ing. Gerd Maurer, Geschäftsführer ATP architekten+ingenieure, München, erläuterte in seinem Vortrag „Integrale Planung mit Building Information Modeling (BIM), wie ein digitales BIM-Gebäudemodell bei entsprechender Planungsorganisation die Abläufe und die kreative Zusammenarbeit der Disziplinen im Sinne einer integralen Planung unterstützen kann. Die Kommunikation aller Planungsbeteiligten muss dabei auf einem jederzeit konsistenten digitalen Gebäudemodell basieren.

Prof. Andreas Fuchs, Hochschule RheinMain, Wiesbaden, und Architekt Max Bögl, Firmengruppe Max Bögl, Neumarkt, stellten anhand eines Beispiels vor, wie seriell produzierte Bausysteme und Individuallösungen miteinander verbunden werden können. Mit parametrischer Planung, digitalen Produktionsschritten und neuartigen Bearbeitungsmethoden entstanden für die Fassade eines im Bau befindlichen Projekts hochwertige, textilbewehrte Betonfertigteile.

Die Möglichkeiten der Tageslichtlenkung unter Berücksichtigung integraler Planungsprozesse zeigten Andreas Danler vom Lichtplanungsbüro Christian Bartenbach, Innsbruck, und Patrick Copee, Leiter Vertrieb und Marketing Okalux, auf. Da intelligente Nutzung von Tageslicht in Innenräumen ein mächtiges Potential für Energieeffizienz und Nachhaltigkeit bereithält, bedarf es einer integralen Zusammenarbeit vieler Fachbereiche: vom Architekten über den Tageslicht- und den Haustechnikplaner bis hin zum Fassadenplaner.

„Innovation durch Kooperation“ hieß der Vortrag von Stephan Verkuijlen, Architekt und Partner Foster + Partner, London, und Christian Krüger, Velux, Hamburg. Sie präsentierten ein Entwicklungsprojekt, bei dem von der Idee bis zum fertigen Produkt auf enge Teamarbeit gesetzt wurde. Resultat ist das Velux Modulare Oberlicht-System (VMS), ein modulares System im Sinne eines Baukastens, das eine öffenbare oder fixierte Dachverglasung ermöglicht und alle Komponenten unsichtbar integriert.

Am zweiten Kongresstag plädierte Patrick Theis, Geschäftsführer bei Drees+Sommer, Stuttgart, für Transparenz in der Planung und die Integration in die „BIM-Welt“. Alfred Schelenz, Dipl.-Ing. Architekt, Head of Architecture Capricorn Development, Düsseldorf, formulierte seine Ansprüche und Anforderungen an das Entwickeln, Planen, Bauen, Vermieten und Betreiben von Gebäuden. Capricorn, der neue Eigner vom Nürburgring, will dort eine ressourcenschonende Quartiersgestaltung als Cluster für Zukunft und Forschung errichten.

„Raumklimatechnik als integraler Bestandteil eines Entwurfprozesses“ bildete das Thema von Prof. Dirk Müller, Leiter des Instituts für Gebäude- und Raumklimatechnik, RWTH Aachen, und Mitglied der Geschäftsführung der Trox GmbH. Prof. Müller stellte die Bedürfnisse des Menschen als Maßstab für die Planung der Raumklimatechnik in den Vordergrund. Zum Thema Integrale Prozesse gehört ein Bereich, der erst beginnt, wenn ein Projekt erstellt ist, der aber die Lebenszykluskosten erheblich beeinflusst: Facility Management. Und auch das muss auch von Anfang an in den Planungsprozess integriert werden, wie Bernd Hanke, Bereichsleiter Technisches Facility Management bei der Fraport AG, Frankfurt Airport, am Beispiel des Flughafens erläuterte. 
Prof. Dr. M. Norbert Fisch, TU Braunschweig, teilte sich mit Andreas Wiege, Dipl.-Ing. Architekt BDA, Vorstand HHS Planer + Architekten AG, Kassel, das Thema „Best Practice Beispiele – Erste EnergiePLUS Gebäude“. Nach positiven Erfahrungen mit Einfamilienhäusern sind jetzt die ersten Mehrfamilienhäuser im EnergiePlus-Standard im Bau. Im Rahmen des Kongresses wurden die architektonischen und technischen Herausforderungen und Lösungen bei der integralen Planung zweier Mehrfamilienhäuser in Frankfurt präsentiert und die Weiterentwicklung des EnergiePLUS-Standards für urbane Quartiere an einem Projekt aufgezeigt.

Den Abschluss des Vortragsteiles bildete – mit anschließender Besichtigung – das Energy Efficiency Center (EEC), Würzburg, das von Dr. Hans-Peter Ebert, Dipl.-Phys., Bereichsleiter Energieeffizienz im Energy Efficiency Center, Würzburg, vorgestellt wurde. Bei diesem Projekt gelingt durch die Kombination von Forschung, Entwicklung, Demonstration und Information bzw. Wissensvermittlung und die integrale Betrachtung eine einzigartige Verknüpfung von unterschiedlichen energieeffizienten Gebäudetechnologien und Innovationsketten.

Den krönenden Abschluss der Veranstaltung bildete die Verleihung des Balthasar-Neumann-Preises 2014, der erstmals für das Zusammenspiel von Architektur, Tragwerksplanung und Energiekonzept verliehen wurde.

Der nächste Kongress „BUILDING IN PROGRESS – Integrale Prozesse am Bau“ und die Verleihung des Balthasar-Neumann-Preises ist für 2016 geplant.

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