Aus der Praxis lernen
Mitte November 2011 kamen rund 200 Interessierte ins Hannover Congress Centrum, um sich über das Thema „Effizienz in Gebäuden“ zu informieren. Die vom Energie- und Umweltzentrum am Deister – e.u.[z.] und der enercity-Fonds proKlima organisierte Fachtagung informierte in teilweise parallel laufenden Vorträgen und Workshops über Ideen, Ansätze und Projektbeispiele zur effizienten Energieverwendung in Gebäuden.
Zum Auftakt referierten Peter Rathert, BMVBS, und Eberhard Hinz, iwu Darmstadt, in zwei Plenumsvorträgen zur nächsten EnEv-Novelle und dem Thema „Wirtschaftlichkeit“. Peter Rathert gab dazu einen Überblick über die in Arbeit befindliche Novellierung der EnEV, derzeit kurz EnEV 2012 genannt. Nach derzeitigem Stand ist mit keiner deutlichen Verschärfung zu rechnen, vielmehr sollen vorrangig die von der EPBD-geforderten Niedrigstenergiegebäude im Neubau und eine Qualitätssicherung bezüglich der Energieausweise etabliert werden. Um die angestrebten Ziele der Bundesregierung für die Energiewende im Gebäudebereich im geplanten Zeitraum zu erzielen, sei zumindest zeitweise eine Erhöhung der Sanierungsgeschwindigkeit um den Faktor vier bis fünf notwendig. Ein Sanierungsfahrplan, hier existiert bekannterweise das größte Einsparpotential, soll bis 2012 erstellt werden. Eine neue Herausforderung im Gebäudebereich stelle sich zudem durch den weiter wachsenden Strombedarf in Gebäuden, der vor allem durch die Telekommunikations- und Unterhaltungstechnik stetig steigt, dar. Hier soll verstärkt gegengelenkt werden.↓
Die Schwierigkeit bestehe nach wie vor bei allen Maßnahmen darin, dass das Gebot der Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden müsse und dieses viele Sanierungsmaßnahmen verhindere. Eine weitere Schwierigkeit bestehe darin, wie der von der EPBD vorgegebene Wert eines „Nearly Zero Energy“-Gebäudes konkret und im Konsens in einen physikalischen Wert übertragen werden könne. Mit einem Referentenentwurf der EnEV 2012 sei im 1. Quartal 2012 zu rechnen. Eine Vereinfachung sei bei der Komplexität der Planungsaufgaben nicht zu erwarten. „Aber“, so Peter Rathert, „vielleicht gelingt es ja, die Novellierung nicht noch schwieriger zu gestalten.“
Eberhard Hinz bemängelte in seinem Vortrag, wie ungenau die vorhandenen Zahlen bezüglich des Energieverbrauchs der Gebäude in Deutschland seien. Diese machen es schwierig, zu einer neutralen Auswertung zu gelangen. Vielmehr lade das vorhandene Zahlenmaterial gerade dazu ein, mit diesem Politik zu machen. Als Beispiel für die umstrittene Wirtschaftlichkeitsdiskussion, werden immer wieder gerne die Mieter herangezogen, die sich eine Wohnungsmiete derzeit gerade noch leisten können. Das Problem, dass Mieter nach einer Sanierung die Miete nicht mehr bezahlen können, sollte jedoch nicht als Argument dazu herangezogen werden eine Sanierungsmaßnahme gar nicht erst durchzuführen. Vielmehr sollte überlegt werden, wie eine Sanierung so erfolgen könne, dass die Mieter nicht verstärkt zur Kasse gebeten werden müssen.
An die beiden Vorträge schlossen sich jeweils intensive Diskussionen an, bei denen auch kritische Stimmen aus der Zuhörerschaft kamen. In diesen wurde wie auch in der anschließenden Mittagspause von einigen Teilnehmern der anscheinend fehlende Wille zur schnelleren Durchsetzung der Klimaziele bemängelt.
Die weiteren Vorträge, aufgeteilt in je zwei bis drei Parallelveranstaltungen, gingen verstärkt auf einzelne Maßnahmen und konkrete Beispiele ein. So zeigte Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolf an einem Beispiel (www.delta-q.de) auf, dass auch ein gut ausgeführtes Nahwärmenetz deutlich unwirtschaftlicher als die Wärmeerzeugung im jeweiligen Gebäude vor Ort sein kein. Die Übertragungsverluste seien bei einer wenig dichten Bebauung einfach zu hoch. So sieht er auch „Bioenergiedörfer“ aus energetischer Sicht durchaus kritisch. Verteilverluste sollten bei maximal 10 bis 15 kWh/m2a liegen.
In einem weiteren Vortrag erläuterte Prof. Wilfried Zapke, FH Hannover, wie eine Sporthallensanierung in Bremen erfolgreich durchgeführt wurde. Zum Erfolgsrezept zählte, dass frühzeitig alle Beteiligten an einem Tisch saßen und so gemeinsam zu einem sinnvollen Konzept kamen, bei dem verschiedene Passivhauskomponenten zum Einsatz kamen. Früh wurde mit Simulationen gearbeitet, um Probleme erst gar nicht entstehen zu lassen. Der dritte Erfolgsfaktor lag in der konsequenten Bauüberwachung, die als Qualitätssicherung unverzichtbar sei. Da derzeit 35.000 Sporthallen in Deutschland sanierungsbedürftig seien, bietet sich auch hier ein breites Betätigungsfeld.
Deutlich wurde bei allen Einzelbeiträgen, dass bei jedem Projekt die konkreten Einzelprobleme zu berücksichtigen sind, um aus einem Projekt ein Erfolgsprojekt werden zu lassen. Gerade hierin lag einer der Erfolgsfaktoren der 4. Effizienztagung, die es den Teilnehmern ermöglichte, aus der Praxis für die eigene Berufspraxis zu lernen.