Hier lauern die Haftungsfallen im Mindestlohngesetz

Auftraggeber haften für Subunternehmer

Seit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) besteht für Auftraggeber ein
erhebliches Haftungsrisiko, wenn die von ihm mit einem Dienst- oder Werkvertrag
beauftragten Subunter­nehmer die Lohnuntergrenze nicht einhalten.

Man könnte zu der Auffassung gelangen, der Gesetzgeber habe es mit den auftraggebenden Unternehmungen nicht besonders gut gemeint. Das Mindestlohngesetz hält für denjenigen, der sich Subunternehmer für seine Dienst- oder Werkleistungen bedient, eine Überraschung bereit. Unter der Überschrift „Haftung des Auftraggebers“ des § 13 MiLoG tickt eine Zeitbombe, verweist das Gesetz doch dort auf das Arbeitnehmerentsendegesetz. Dieses sieht vor, dass ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts (Nettoentgelt) an Arbeitnehmer wie ein Bürge haftet. Die Haftung ist auch noch selbstschuldnerisch, d.h. die Zwangsvollstreckung gegen den Nachunternehmer muss nicht einmal erfolglos versucht worden sein.

Wer ist betroffen?

Betroffen ist vor allem auch das Gewerbe um das Facility Management mit seiner naturgemäßen Affinität zum Fremdpersonaleinsatz. Feststeht, dass die Haftung bei der Beauftragung von Nachunternehmern aber auch bei der Beauftragung von Arbeitnehmerüberlassungsfirmen, d.h. Leiharbeitsfirmen, zum Tragen kommt. Die Haftung wird aber wohl nur dann eingreifen, wenn etwa der Generalunternehmer sich seinerseits gegenüber seinem Vertragspartner zur Erbringung von Werk- und Dienstleistungen verpflichtet hat und diese Pflicht nicht mit eigenen, sondern mit fremden Arbeitskräften erfüllt. Es werden hingegen jene von Haftung auszuschließen sein, die sich etwa nur der Zulieferer bedienen oder nur
einen Eigenbedarf befriedigen. Das im
Rei­nigungsgewerbe tätige Unternehmen
haftet demnach etwa nicht für die im
eigenen Betriebe beauftragten Elektro­hand­werker oder Maler.

Hohes Haftungsrisiko

Der Gesetzgeber meint es ernst. War ursprünglich noch im ersten Entwurf der Bundesregierung vorgesehen, dass dem Auftraggeber unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Enthaftung eingeräumt wird, etwa weil er keine Kenntnis von Verstößen des Subunternehmers hat, wurde diese Erwägung doch nicht umgesetzt. Auftraggeber
sollen aus eigenem Interesse keine „schwarzen Schafe“ beauftragen.

Doch mit dem Risiko der Bürgenhaftung ist es nicht getan. Wer etwa Aufträge an Auftragnehmer vergibt, obwohl er wusste oder fahrlässig nicht wusste, dass diese ihre Pflichten nach dem MiLoG nicht erfüllen, handelt ordnungswidrig. Die Höhe des Bußgeldes kann bis zu 500.000 € betragen. Neben einem etwaigen Straf­tatvorwurf wegen Beihilfe oder der Mittäterschaft droht gar der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Was tun?

Der Leser ahnt wohl schon, dass der Unternehmer dieser verschuldensunabhängigen Haftung nur schwerlich entgehen kann. Der bestmögliche Schutz liegt daher in der Vorbeugung und baut auf zwei Säulen auf, die der Prävention und jene der Vorbereitung des Regresses gegenüber dem Subunternehmer. Es ist keine Überraschung, dass zunächst besondere Aufmerksamkeit der Auswahl des Vertragspartners zu schenken ist. Dieses mit salomonischer Weisheit daherkommende Argument krankt aber an dem Umstand, dass in der Regel dem Auftrag­geber nur wenig Informationen über Liquidität oder sogar
frühere Verstöße des Nachunternehmers vorliegen. Schriftliche Zusicherungen durch den Auftragnehmer oder die Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers zur Überprüfung der korrekten Gehaltsabrechnung bieten auch keine abschließende Sicherheit. Unternehmen sollten daher zunächst eine Plausibilitätsprüfung durchführen, ob unter Zugrundelegung der Preise die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns wirtschaftlich überhaupt möglich ist.

Der Auftraggeber sollte ferner sein Augenmerk auf die Anpassung seiner vertraglichen Regelungen legen. Zwar ist ein vertraglicher Haftungsausschluss nicht möglich, da die Bürgenhaftung sogenanntes zwingendes Recht ist. Sinnvolle vorbeugende Maßnahmen in der Vertragsgestaltung sind jedoch etwa Be­stellungen von Sicherheitsleistungen wie Bankbürgschaft oder Sicherheitseinbehalt, Garantieabgaben hinsichtlich der Mindestlohnzahlung oder aber die vertragliche Einräumung von Prüf- und Kontrollrechten. Anzuraten ist unbedingt, die Einschaltung eines Sub-Subunternehmers unter den Zustimmungsvorbehalt des Auftraggebers zu stellen. Neben einer
vertraglichen Freistellungspflicht bieten sich als Abschreckungsmaßnahmen die Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts und/oder eine wirksame Vertragsstrafe an. Zur Sicherung eventueller Haftungsansprüche ist auch zu empfehlen, im Vertrag eine wirksame ausdrückliche Regelung einzufügen, dass bis zur Vorlage der entsprechenden Erklärungen der Hauptunternehmer berechtigt ist, von jeder Zahlung einen Einbehalt vorzunehmen. Diese Regelung hat vor allem eine psychologische Hinweis- und Warnfunktion, die den Auftragnehmer zur Einhaltung des Mindestlohnes anhält.

Unbedenklichkeits­bescheinigungen reichen nicht

Zum Leidwesen der Betroffenen besteht eine uneinheitliche Haftung des Auftraggebers nach dem Mindestlohngesetzt,
dem Sozialgesetzbuch IV und VII sowie dem Einkommenssteuergesetz. Anders als nach dem SGB IV ist im Baubereich eine Enthaftung nach MiLOG durch eine Präqualifizierungsbescheinigung kaum möglich. Damit liegt der Fall grundsätzlich anders als bei nicht abgeführten Sozialversicherungs –
und BG-Beiträgen. Erst Recht genügt eine Freistellungs­bescheinigung § 48b EStG nicht.

Fazit

Die Gesetzesneuerung hat eine branchenunabhängige Bürgenhaftung des Auftraggebers eingeführt und diesen vor erhebliche Risiken gestellt. Die aktuelle Entwicklung sollte jedenfalls Anlass genug sein, effektive Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen.

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