Diese Faktoren beeinflussen den Immobilienwert und eröffnen Facility Managern neue Geschäftsfelder

ESG Due Diligence für Immobilien

Laut einer Studie von JLL aus dem Oktober letzten Jahres löst mangelnde Energieeffizienz von Gebäuden am deutschen Immobilienmarkt erhebliche Preisabschläge aus – bei Wohnimmobilien sind dies bis zu knapp 30%. ­Dabei wirkt sich ein geringerer Ressourcenbedarf (Strom, Wasser, Wärme, Kühlung etc.) nicht nur auf die Umwelt aus, sondern schlägt sich auch in geringeren Bewirtschaftungskosten nieder. Und es gibt noch weitere ESG-Faktoren, die den Immobilienwert beeinflussen.

Das sind u. a. günstigere Finanzierungskonditionen, da Banken zunehmend ESG-Aspekte in ihren Kreditkonditionen berücksichtigen, oder zusätzliche CO2-Abgaben für Gebäude, die ihre Dekarbonisierungsziele nicht erreichen.

Der Gesamtgebäudebestand soll EU-weit bis 2050 klimaneutral sein, was vor dem Hintergrund, dass Gebäude heute rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verursachen, erheblichen Anpassungsdruck erzeugt.

Gleiches gilt für soziale Aspekte, da beispielsweise ein gesundes Raumklima im Büro Krankentage und -kosten reduziert und Wohnqualität, Nutzbarkeit von Grünflächen oder barrierefreier Objektzugang die Vermietbarkeit fördern.

Für Immobilienwerte folgt daraus, dass diese ohne fundierte Abschätzung der Kosten zur Herstellung einer auskömmlichen Immobilien-ESG-Performance nur unvollständig ermitteln lassen. Die Immobilienbewertung muss also ESG-Faktoren berücksichtigen. Dazu sind entsprechende ESG-Daten notwendig, die in finanzielle Daten übersetzt werden müssen. Mit Blick auf Energieeffizienz bis hin zur geforderten Klimaneutralität ergibt sich folgende Beispiel:

Ohne Investitionen in reduzierte Energieeffizienz bzw. Treibausgasintensität sinkt diese zwar im Zeitverlauf, sofern sich der Anteil erneuerbarer Energien and der Gesamtenergieversorgung wie geplant erhöht, aber nicht auf ein klimaneutrales Niveau.

Sobald die Energieintensität eines Gebäudes ihrem angestrebten Dekarbonisierungspfad (z.B. Carbon Risk Real Estate Monitor) übersteigt („Stranding“ Zeitpunkt), entstehen Zusatzkosten, z.B. durch CO2-Abgaben, und Wertminderungsrisiken bzw. zusätzlicher Abschreibungsbedarf.

Um den Wert des Gebäudes vor diesem Hintergrund im Jahr 2024 valide abzuschätzen, muss daher der energetische Sanierungsbedarf ermittelt werden, mit dem das Gebäude seine Zielenergieeffizienz im Zeitverlauf erreicht.

 

Sanierungsfahrplan für die ­Immobilienwertermittlung

Die Ermittlung des Sanierungsbedarfs erfordert einen objekt- bzw. portfoliospezifischen Sanierungsfahrplan, der auch zugängliche Fördermittel für gewählte Sanierungsmaßnahmen einrechnet. Der energetische Sanierungsstand sowie das Sanierungspotenzial lassen sich dabei im ersten Schritt anhand des Datums der Bauantragsstellung, das mit gesetzlichen Anforderungen, wie z.B. der Wärmeschutz- oder der Energieeinsparverordnung korreliert, und ggf. bereits erhaltener KfW-Förderungen einschätzen. Weitere Datenquellen, neben einer Objektbegehung, sind Bestandsunterlagen, wie Wärmeschutzberechnungen, Unterlagen zu vergangenen Maßnahmen (Fenster, Fassade, Heizung etc.), Grundrisse, verwendete Baustoffe oder Energieausweise.

Anhand von Erfahrungswerten lassen sich die Aufwands- und Energieeffizienzsteigerungseffekte möglicher Sanierungsmaßnahmen quantifizieren und priorisieren. Dabei ergeben sich z.T. erhebliche Unterschiede in der Wirtschaftlichkeit verschiedener Maßnahmen, wie das folgende Beispiel für ein Mehrfamilienhaus mit Gasbrennwertkessel veranschaulicht:

Mit einer solchen Betrachtung lassen sich diejenigen Maßnahmen identifizieren, mit denen sich bei geringsten Kosten die höchsten Effizienzeffekte bzw. gewissermaßen die größte “Returns on ESG Investment“ realisieren lassen. Dementsprechend ist der Sanierungsfahrplan ein elementarer Bestandteil der Immobilien Due Diligence und -bewertung.

 

ESG eröffnet Facility Managern neue Geschäftschancen

Die Bereitstellung von ESG-Daten für die Immobilienwertermittlung ist ein neues Geschäftspotenzial für Facility Manager. Dies gilt insbesondere für Objekte institutioneller Investoren, die regelmäßig bewertet werden, und für die Vorbereitung von Transaktionen.

Über ESG-Daten zur Wertermittlung hinaus, besteht weiteres Potenzial in der Bereitstellung objektspezifischer Daten zur Erfüllung von ESG-Berichtspflichten. Gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive sind Unternehmen, die mindestens zwei von drei Mindestgrößenkriterien erfüllen – 40 Mio. € Umsatz, 20 Mio. € Bilanzsumme, 250 Mitarbeitende – ab 2025 zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet. Die EU-Taxonomie gibt für die Wirtschaftsaktivität „Erwerb von und Eigentum an Immobilien“ eine Vielzahl auszuweisender Kennzahlen, wie Wasserverbräuche, Schadstoffemissionen oder Nachweise zu eingesetzten Gebäudeautomations- und -steuerungssystemen, vor.

Da ESG-Daten im herkömmlichen Immobilienmanagement nicht in solcher Tiefe erfasst werden, eröffnet die Bereitstellung von ESG-Daten neue Geschäftschancen. Facility Manager, ggf. in Kombination mit Energieberatern, dürften prädestiniert sein, ihr Kompetenzspektrum dahingehend auszubauen.

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