Der optimierte Betrieb ist digital!
Der Wunsch nach einer digitalisierten Instandhaltung oder der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien trifft in vielen Unternehmen noch immer auf unzureichende Basisdaten. Wie viele Gebäude in welchem energetischen Zustand sind, bleibt aufgrund fehlender oder nicht gepflegter Daten oft im Dunkeln. Abhilfe schafft die prozessübergreifende Zusammenarbeit aller Beteiligten am Betrieb!
Eine der größten Herausforderungen auf der einen Seite und einer der zukünftigen Problemlöser auf der anderen Seite ist die Digitalisierung. Besonders in den Instandhaltungsprozessen, in denen der Markt laut aktueller Befragungen das größte Potenzial der Digitalisierung sieht, werden sich Arbeitsweisen, Steuerungsmodelle und Vertragskonstrukte grundlegend ändern.
Die zeitabhängige, zu festen Zyklen durchgeführte Wartung wird sich zu einer bedarfsgerechten Leistungserbringung entwickeln. Durch Augmented Reality, Remote Assist und Remote Control kann der Fachkräftemangel durch die technologische Anleitung weniger qualifizierter Arbeitskräfte in Teilbereichen aufgefangen werden. Die Beschaffung von Ersatzteilen wird durch die vorausschauende Wartung planbarer, was Lieferengpässe reduziert. Doch auch die Vergabe- und Vergütungsmodelle sind an diese Veränderungen anzupassen.
Umsetzung der Dekarbonisierungsstrategie
Das zweite Top-Thema der Branche ist das Thema Nachhaltigkeit. Viele Unternehmen und Immobilienportfolien haben noch keine Transparenz hinsichtlich der relevanten Eingangsdaten. Dazu gehören z.B. die Struktur der Gebäudehülle, der Hauptverbraucher oder der Versorgungstechnik, die Verbräuche und die damit verbundene Einordnung in den Dekarbonisierungs- und Energiepfad zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele und die Ableitung der erforderlichen Maßnahmen inklusive belastbarer Aussagen zu den angestrebten Energieeinsparungen, zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen sowie der Wirtschaftlichkeitsberechnungen.
Startpunkt: Inhomogene Systemlandschaften
Wie erfolgreich und wie schnell sich ein Unternehmen diesen Herausforderungen stellen kann, hängt stark von der Ausgangssituation ab. Hier gibt es noch sehr viele Unternehmen, die ihre Prozesse auf Basis stark zerklüfteter, inhomogener IT-Systemlandschaften ablaufen lassen. Prozessübergreifende Synergieeffekte und Effizienzsteigerungspotenziale bleiben auf diese Weise auf der Strecke. Selbst die grundlegenden Basisdaten wie Anzahl und Fläche der Gebäude nach Nutzungsarten, wartungsrelevante und prüfpflichtige Anlagenlisten, Verbräuche oder der bauliche und energetische Zustand der Gebäude sind häufig nicht vorhanden oder nicht vollständig beziehungsweise nicht mehr aktuell.
Wie kann dieser Wandel realisiert werden?
Die Digitalisierung bietet uns mittlerweile fast unendliche Möglichkeiten, die nicht mehr nur die Prozessoptimierung bedienen, sondern auch kritische Engpässe aufgrund des Fachkräftemangels durch Ansätze wie Künstliche Intelligenz oder die voll- oder teilautomatisierte Anleitung weniger qualifizierter Mitarbeiter (Remote Assist) zukünftig und zwangsläufig lösen müssen.
Im eigenen Unternehmen und für die Produktentwicklungen für unsere Kunden haben wir ausgewählte Digitalisierungsansätze priorisiert und verprobt, mit denen sich schnelle und wirksame Erfolge hinsichtlich dieser Herausforderungen erzielen lassen.
Für eines der teuersten Gewerke kann durch Sensoren das Verhalten der Aufzüge gemonitort und analysiert werden. Auf Basis von Daten beispielsweise zum Fahr-, Positions- und Türverhalten können vorausschauend potenzielle Störungen erkannt und Ereignisse mit katalogbasierten Informationen zu Störungsart, -ursache und Maßnahmenempfehlung für die Abarbeitung erzeugt und kommuniziert werden.
Damit die Datenbestände während der Betriebsphase nicht auseinanderlaufen und immer wieder für anstehende FM-Dienstleistungsausschreibungen aufwendig erfasst werden müssen, können Common-Data-Environment (CDE)-Softwaresysteme aus dem Building Information Modeling (BIM) mit CAFM-Anbindung auch im Betrieb alle Beteiligten wie Planer und FM-Dienstleister verzahnen und laufend alle Änderungen in einer zentralen Plattform in Echtzeit mitführen.
BIM als rein projektspezifisches koordiniertes Planungsmodell wird durch den Plattformansatz in den Markt geöffnet und durch weitere Informationen angereichert. Neben der Verwendung der klassischen Bibliotheken und Produktdatenbanken wird die Verknüpfung mit weiteren Datenbanken und Plattformen zur Simulation, Lebenszyklusanalyse, Nachhaltigkeitsbewertung und zur Integration in digitale Marktplätze ganz neue Analysemöglichkeiten schaffen.
Bisherige zyklische Begehungen waren schwerpunktmäßig davon geprägt, den Instandhaltungsbedarf zu identifizieren, um die Maßnahmen und Kostenschätzungen für die jährliche Budget- oder Haushaltsplanung abzuleiten. Verbrauchsmessung und das Monitoring, wenn die entsprechenden digitalen Werkzeuge und Dashboards überhaupt schon implementiert wurden, dienten vor allem dazu, Ausreißer zu erkennen und dann gegenzusteuern. Der Bedarf einer eigenständigen Rolle und Kapazität für das Energiemanagement wurde bereits vor 10 bis 15 Jahren in den meisten Unternehmen erkannt und installiert. Doch jetzt gilt es, die Bewertung der rein monetären Auswirkungen der Maßnahmen, durch die Auswirkungen auf die CO2-Emissionen, den Energieverbrauch und die Energiekosten zu erweitern und zu monitoren.
Mit steigendem Automatisierungsgrad in den Gebäuden sind auch die Anforderungen gestiegen, die Anlagen bestmöglich einzuregulieren oder Fehleinstellungen aus der Vergangenheit zu identifizieren und verborgene Energiefresser aufzudecken. Mit dem technischen Monitoring können durch unterschiedliche Übertragungsprotokolle die Messdaten in eine TÜV Süd eigene Databox gesichert übernommen werden, um das Anlagenverhalten zu verfolgen und regelbasiert Ausreißer wie fehlerhafte Umschaltbedingungen bei Kälteanlagen oder Volllastzustände der Erhitzer zu erkennen und daraus Maßnahmen zur Optimierung der Einstellung abzuleiten. Das technische Monitoring führt zu Einsparungen bei Energie und CO2-Emissionen, reduziert die Betriebskosten und erhöht die Lebensdauer der Anlagenkomponenten. Zudem kann im Rahmen der Inbetriebnahme die Abnahmereife bewertet werden, indem das Erreichen der Sollwerte verfolgt und gesteuert wird.
Lösung durch den Ansatz des Connected oder Autonomous Buildings
Auch wenn die einzelnen genannten Ansätze für sich alleine gesehen bereits großes Optimierungspotenzial beinhalten, da sich diese auf die Gewerke und Prozesse konzentrieren, die kostenintensiv und technisch sowie regulatorisch anspruchsvoll sind, entfalten sie erst in einer Gesamtintegration das volle Potenzial. Aus diesem Grund wurden im Rahmen der Betriebsorganisation des TÜV Süd-Neubaus IBP15 in Singapur diese Ansätze sowie der externe FM-Dienstleister mit seinem CAFM-System auf einer Cloud-basierten Steuerungsplattform verzahnt. Auf diese Weise können workflowbasiert die jeweiligen Maßnahmen und Ereignisse des GLT-Systems, des Technischen-Monitoring-Systems, des Lift-Monitoring-Systems und des Helpdesks durch den Connected and Autonomous Building-Ansatz zur Abarbeitung an den Dienstleister weitergegeben werden, der auf Basis der Stammdaten aus dem BIM-Modell die Leistung erbringt. Die Abwicklung des Auftrags kann aufraggeberseitig in einem Dashboard verfolgt werden.
Herausforderungen für dieses zukünftige digitale Leitbild
Dieses zukünftige digitale Zielbild des optimierten Betriebs erfordert eine eindeutige Anforderungsdefinition und -vereinbarung bereits mit Beauftragung der Planungsleistungen und der einzelnen Softwarekategorien. Alle Systeme, die miteinander kommunizieren sollen, müssen den identischen „Wortschatz“ haben, um Daten austauschen und miteinander kommunizieren zu können.
Technische Anlagenstrukturen im BIM-Modell, im GLT-System, auf der IoT-Plattform und im CAFM-System müssen einen gemeinsamen Detaillierungsgrad hinsichtlich der Anlagen und Anlagenbauteile bedienen können und hinsichtlich ihrer Bezeichnungen und IDs zu mappen sein.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird die Vision des „Connected Buildings“ oder „Autonomous Buildings“ endlich Realität. Das bedeutet: Stammdaten können durch den integralen Ansatz der Zusammenarbeit auch in der Betriebsphase laufend aktuell gehalten werden, potenzielle Störungen werden mit Vorlaufzeit erkannt und vorausschauend vermieden, die Behaglichkeit und Produktivität der Nutzer wird gesteigert und die technischen Anlagen werden mit Blick auf die Nachhaltigkeitsziele und Betriebskosten wesentlich effizienter betrieben.