Wolff & Müller: Digital in die Zukunft
10.10.2016 – Als der Baumeister Gottlob Müller und der Ingenieur Karl Wolff im Jahr 1936 im Stuttgarter Osten ein Baugeschäft eröffneten, war die Welt noch analog. Mit schwäbischem Schaffensgeist, Bodenständigkeit und Zuverlässigkeit erwarben sich die Gründer schnell einen guten Ruf, sodass sie bis zum Ausbruch des Krieges schon 1500 Mitarbeiter beschäftigen konnten.
Bereits in dieser Zeit baute Wolff & Müller für heimische Industriegrößen wie Daimler-Benz und Bosch. Nach dem Krieg half das Unternehmen, die zerstörte Stadt Stuttgart und das Daimler-Werk wieder aufzubauen, und stemmte sein erstes Großprojekt: den Ausbau des Stuttgarter Hafens. In den nächsten Jahrzehnten prägten die Schwaben manche Entwicklung in der Baubranche mit, etwa den Wohnungsbau-Boom zu Zeiten des Wirtschaftswunders, das Bauen mit Fertigteilen in den 60ern, die zunehmende Sanierung alter Bausubstanz seit den 70er Jahren sowie das Bauen im Ausland im großen Stil in den 70ern und 80ern. In den 90ern beteiligte sich Wolff & Müller als eines der ersten Bauunternehmen an öffentlich-privaten Kooperationsmodellen (PPP), etwa beim Klinikum Stuttgart und dem Mineralbad Cannstatt. Ein Meilenstein in Sachen Baukompetenz war das Mercedes-Benz-Museum mit seinen doppelt gekrümmten Betonflächen im Jahr 2006. Nicht zuletzt dank solcher Pionierleistungen konnte sich das Familienunternehmen über Jahrzehnte hinweg in der hart umkämpften Branche behaupten.
Schwerpunkt nachhaltiges Bauen
80 Jahre später ist aus dem Baugeschäft eine Unternehmensgruppe mit rund 2000 Mitarbeitern, 28 Standorten im Bundesgebiet und einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro geworden. Wolff & Müller wird heute in dritter Generation von Dr. Albert Dürr geführt, dem Enkel des Firmengründers Gottlob Müller. Ihm zur Seite stehen Dr. Matthias Jacob als technischer und Udo Berner als kaufmännischer Geschäftsführer. Die Unternehmensgruppe ist in allen wichtigen Segmenten des Bauens aktiv: Hoch- und Industriebau, Ingenieurbau, Stahlbau, Bauwerkssanierung, Tief- und Straßenbau sowie Spezialtiefbau. Sie stellt zudem Bau- und Rohstoffe her und bietet Dienstleistungen rund um Gebäude an. Dass schwäbische Tugenden nach wie vor wichtig sind, zeigt das „Gottlob-Müller-Prinzip", mit dem das Unternehmen sein Engagement für nachhaltiges Bauen umschreibt. „Mein Großvater Gottlob Müller war ein ‚echter Schwob‘, der über die Baustellen lief und seine Mitarbeiter sehr ernsthaft darauf hinwies, wenn sie achtlos mit dem Material umgingen. Wir haben das Prinzip nach ihm benannt, um zu verdeutlichen, dass Verschwendung nicht nur der Umwelt schaden, sondern auch Geld kostet. Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bedingen einander“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Dr. Dürr. Bauherren profitieren davon, dass nachhaltig geplante Immobilien langfristig weniger Betriebskosten verursachen. Dass Wolff & Müller auch intern nach diesem Prinzip handelt, zeigt die Wahl unter die Top Drei der nachhaltigsten Unternehmen mittlerer Größe beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2014. Zum Beispiel wirtschaftet die Unternehmensgruppe CO2-neutral, betreibt ein Energiemanagementsystem, um den Diesel-, Strom- und Gasverbrauch systematisch zu senken, und engagiert sich stark gegen Schwarzarbeit.
Building Information Modeling
Als derzeit größte Herausforderung sieht Dr. Dürr die Digitalisierung der Baubranche: „Die Baubranche hat sich zu lange über den Preis definiert. Wer sich vom Wettbewerb abheben will, muss Bauherren Qualität und eine größtmögliche Termin- und Kostensicherheit bieten. Dabei spielen digitale Prozesse und Werkzeuge eine immer größere Rolle.“ Die digitale Revolution steht in der Bauwirtschaft noch am Anfang und wird derzeit von überzeugten Praktikern vorangetrieben, zu denen Wolff & Müller gehört. Das Unternehmen ist mehrfach ausgezeichneter Vorreiter bei der Anwendung von „Building Information Modeling“, kurz BIM. Bundesminister Alexander Dobrindt will diese Arbeitsmethode bis zum Jahr 2020 für große Infrastrukturprojekte verbindlich vorschreiben. Damit sollen Bauprojekte effizienter und im Zeit- und Kostenrahmen realisiert werden. BIM folgt dem Grundsatz „Erst virtuell, dann real bauen“. Der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes wird virtuell abgebildet, vom Entwerfen und Planen über den Bau und den Betrieb bis zum Abriss. Die Architekten, die verschiedenen Fachplaner und das Bauunternehmen erstellen gemeinsam ein Gebäudedatenmodell, das fünf Dimensionen enthält: die 3D-Geometrie, Zeit und Kosten. Das fertige Gebäude hat einen digitalen Zwilling, der auch für die späteren Betreiber hilfreich ist, etwa um Reinigungs- und Wartungskosten zu berechnen oder Umbauten zu planen. BIM ist nur einer von vielen Bausteinen der Digitalisierungsstrategie, die das Unternehmen für sich entwickelt hat: Bis zum Jahr 2020 will man alle Prozesse, bei denen dies sinnvoll ist, digitalisieren. Bereits heute werden etwa Drohnen zur Erfassung von Topographien eingesetzt, Baustellen per App gesteuert und mobile Endgeräte für das Dokumenten-Management genutzt. Die Digitalisierung ist für das Unternehmen zunehmend gelebte Realität.